BERLIN (inn) – Das Amtsgericht Tiergarten hat den Berliner Gürtelschläger nach einem Angriff auf einen Kippa-Träger im Stadtteil Prenzlauer Berg zu einem vierwöchigen Arrest verurteilt. Die Strafe hat der 19-jährige Syrer in der Untersuchungshaft bereits abgesessen. Er wird jedoch ein Jahr lang unter Erziehungsaufsicht gestellt. Zudem muss er das Haus der Wannsee-Konferenz besuchen. In der heutigen Gedenkstätte hatten die Nazis 1942 die systematische Vernichtung der Juden abgesprochen.
Der Geschädigte, ein israelischer Araber aus einer christlichen Familie in Haifa, hatte den Fall vom 17. April mit seinem Handy gefilmt und die Bilder veröffentlicht. Dadurch erlangte die Tat große Aufmerksamkeit. In Berlin und anderen Städten kam es zu Bekundungen, bei denen die Teilnehmer aus Solidarität Kippot trugen.
In dem Video ist zu sehen, wie der Syrer mit dem Gürtel auf den Israeli einschlägt und dabei auf Arabisch „Jude“ ruft. Der Israeli hat dabei mehrere Verletzungen erlitten, unter anderem an der Lippe.
Aussage gegen Aussage
Nach eigenen Angaben trugen der Israeli, der in Berlin Tiermedizin studiert, und dessen Begleiter eine Kippa, weil sie einen jüdischen Freund besuchen wollten. Es habe sich nicht um ein Experiment gehandelt, um zu sehen, was passiert, wenn man mit einer Kippa durch Berlin läuft, betonten die beiden laut der Tageszeitung „Welt“ bei der Gerichtsverhandlung. Gegenüber der „Deutschen Welle“ sagte der Araber jedoch, dass es genau dies gewesen sei: Ein Straßenexperiment, um herauszufinden, wie sicher es auf deutschen Straßen ist.
Der Täter, der im Alter von 16 Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, hatte bereits am vergangenen Dienstag den Angriff zugegeben. Er habe unter Drogeneinfluss gestanden und sei müde gewesen. Während des Prozesses sagte er: „Ich habe einen Fehler gemacht und daraus gelernt.“ Er bestritt jedoch, aus Antisemitismus heraus gehandelt zu haben. Vielmehr hätten ihn die beiden Kippa-Träger zuvor beschimpft. Der Israeli und eine Zeugin bestritten dies jedoch.
Nahostkonflikt angerissen
Die Anwältin des Israelis sprach den Syrer auf zwei Aspekte an: Zum einen habe er die anti-israelische Miliz „Liwa al-Quds“ („Jerusalem-Brigade“) aus Syrien geliket. Zudem zeige seine Facebook-Seite „Märtyrer-Fotos“. Der Syrer erklärte dazu, ein Angehöriger sei im Kampf gestorben. „Der Punkt wurde nicht weiter vertieft“, berichtet die „Welt“.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte das Urteil. „Noch sind uns die Details der Urteilsbegründung nicht bekannt, doch ganz offenbar ist das Gericht den absurden Ausflüchten und Rechtfertigungen der Verteidigung nicht gefolgt“, hieß es in einer Mitteilung vom Montag. Der Zentralrat mahnte jedoch an, dass das Antisemitismus-Problem nicht allein durch Strafrecht in den Griff zu bekommen sei. Die Bemühungen in den Bereichen Bildung und Integration müssten verstärkt werden.
Von: df