NEW YORK (inn) – Das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) muss sich mit dem Vorwurf des Machtmissbrauchs befassen. Ein Bericht der UNRWA-Abteilung für Ethik wirft leitenden Angestellten vor, „berechtigte abweichende Meinungen“ unterdrückt zu haben, um die eigenen Ziele durchzubringen. Zu den weiteren Vorwürfen zählen Fehlverhalten, Vetternwirtschaft und Vergeltung.
Die Nachrichtenseite des katarischen Senders „Al-Dschasira“ berichtete am Montag auf Basis von durchgesickerten Informationen von dem vertraulichen Dokument. Namentlich werden darin vier Personen genannt: UNRWA-Chef Pierre Krähenbühl, dessen frühere Stellvertreterin Sandra Mitchell, der früheren Personalchef Hakam Shahwan und Krähenbühls Beraterin Maria Mohammedi. Das Verhalten dieses „inneren Kreises“ gefährde den Ruf der Vereinten Nationen, urteilt der Bericht.
Sinkende Arbeitsmoral
Die vier Personen hätten seit dem Jahr 2015 immer mehr Macht an sich gerissen. Dabei habe die „Clique“ um Krähenbühl die Finanzkrise der UNRWA ausgenutzt. Dies habe zu einem „Verfall im Management“ geführt, der insbesondere ab dem Jahr 2018 hervorgetreten sei. Regeln seien missachtet und „exzessive Reisen“ Krähenbühls zur Regel geworden.
Die Zustände hätten sich auch auf die Belegschaft ausgewirkt. Es sei zu einem „Aderlass“ tragender Mitarbeiter gekommen. Die Arbeitskultur habe gelitten durch Misstrauen, Geheimnistuerei und Einschüchterung.
Laut „Al-Dschasira“ befasst sich die im UN-Sekretariat angesiedelte Abteilung für Interne Überprüfung mit den Vorwürfen. In einer Stellungnahme sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephane Dujarric, dass eine Stellungnahme des Sekretariats erst nach Abschluss der Untersuchungen zu erwarten sei.
USA: UNRWA-Modell defekt
Der amerikanische Gesandte für Internationale Verhandlungen, Jason Greenblatt, zeigte sich angesichts der Vorwürfe „sehr besorgt“. Das UNRWA-Modell sei defekt, nicht aufrecht zu erhalten und fuße auf einer ständig erweiterten Zahl von Leistungsempfängern, schrieb er auf Twitter. „Palästinenser in Flüchtlingslagern haben etwas Besseres verdient.“
Auch die frühere amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley äußerte sich auf Twitter: „Das ist genau der Grund, warum wir aufgehört haben, (die UNRWA) finanziell zu unterstützen.“ Die USA hatten die Gelder für die UNRWA Anfang 2018 zunächst gekürzt und wenige Monate später komplett eingestellt.
Unterdessen hat die Schweiz angekündigt, als Konsequenz aus dem Bericht die Zahlungen an die UNRWA einzustellen. Das Außenministerium informierte die Organisation am Montag darüber, heißt es in einem Bericht des Senders SRF. Die Zahlungen für das laufende Jahr, umgerechnet 18 Millionen Euro, seien allerdings bereits erfolgt. Das Schweizer Außenministerium stehe zudem in Kontakt mit weiteren Geberländern, um nach Abschluss der Untersuchungen über ergänzende Maßnahmen zu entscheiden.
Von: df