Bereits vor drei Jahren protestierten die Israelis gegen die hohen Lebenshaltungskosten, doch geändert hat sich bislang offenbar wenig. Das Problem ist einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht des Taub-Zentrums für Sozialstudien zufolge nach wie vor akut. Viele Familien sind gezwungen, mehr auszugeben, als sie einnehmen. Bei nicht-orthodoxen Familien liege die Differenz im Schnitt bei umgerechnet 177 Euro pro Monat, bei Arabern bei 394 Euro und bei Ultra-Orthodoxen bei 658 Euro.
Den Zahlen zufolge kommen nur 20 Prozent der Haushalte ohne Verschuldung aus. Die Macher der Studie vermuten jedoch, dass viele Familien nichterklärte Einkommen haben oder Finanzhilfen von Verwandten erhalten, die Verschuldung also geringer ausfällt als offiziell angegeben. Das berichtet die Tageszeitung „Ha‘aretz“.
Der israelische Premier Benjamin Netanjahu hat eigentlich eine Kommission eingesetzt, die sich mit den hohen Lebenshaltungskosten befassen sollte. Im Juni legte sie Vorschläge für entsprechende Maßnahmen vor. Doch die Ergebnisse gingen im Zuge der Entführung der drei Jugendlichen und des Gaza-Konfliktes im Sommer unter. Das Thema Sicherheit dominierte die politische Agenda, erinnert die Tageszeitung „Yediot Aharonot“.
Für die Opposition ist der Bericht Anlass, Netanjahu anzugreifen. Dessen Wirtschaftspolitik habe das Leben der meisten Israelis zu einem „täglichen Überlebenskampf“ gemacht, sagte Oppositionsführer Jitzhak Herzog von der Arbeitspartei. Einzig der Abgang Netanjahus könne die Lage verbessern. Denn das führte zu einer „neuen Prioritätenliste, die Israel von dem sozialökonomischen Dreck befreit, in dem das Land derzeit feststeckt“.