RAMALLAH (inn) – Die Fatah-Partei von PLO-Chef Yasser Arafat will den Brigadegeneral Nasr Yousef zum Innenminister ernennen. Derzeit hat dieses Amt offiziell Premierminister Mahmoud Abbas inne, ausgeführt wird es allerdings von Mohammed Dahlan, dem Staatsminister für Innere Sicherheit, – den will Arafat offenbar „loswerden“, mutmaßten einige Mitglieder der Autonomiebehörde.
Mit 13 Stimmen, ohne Gegenstimme, beschloß das Zentralkomitee der Fatah am Samstagabend in Ramallah die Ernennung Yousefs zum Innenminister. Dieser wäre dann Dahlans Vorgesetzter und würde über die palästinensischen Sicherheitsdienste wachen. Allerdings müssen diesem Vorschlag noch der Palästinensische Legislativrat (PLC) und Abbas zustimmen.
Wie Zakariya al-Agha, Mitglied des Fatahkomitees, mitteilte, gebe es entgegen israelischen Medienberichten keine „politische Krise“ wegen Rangstreitigkeiten. Zudem hätte das Amt des Innenministers nichts mit dem des Ministers für Innere Sicherheit zu tun. Die absolute Trennung dieser beiden Posten sei vielmehr ein neuer Schritt, um die Sicherheitsangelegenheiten innerhalb der Autonomiegebiete zu klären.
Einige Mitglieder der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) sehen das allerdings anders: „Arafat will Dahlan loswerden“, sagte ein hochrangiger PA-Vertreter gegenüber der Tageszeitung „Jerusalem Post“. „Er glaubt, Dahlan handele zu unabhängig und benimmt sich, als wäre er der Oberbefehlshaber der palästinensischen Sicherheitsdienste“.
Als Verantwortlicher für die Innere Sicherheit hat Dahlan derzeit lediglich die Kontrolle über drei der rund ein Dutzend palästinensischen Sicherheitsinstitutionen. Über die restlichen Sicherheitsdienste wacht noch immer Arafat selbst. Diese weigern sich zudem, mit Dahlan zusammenzuarbeiten.
Mit Unterstützung von Abbas hatte Dahlan immer wieder die Kontrolle über alle Sicherheitsdienste gefordert. Um gegen die radikalen Organisationen Hamas und Jihad al-Islami vorzugehen, brauche er „alle Männer“, so Dahlan. Arafat weigerte sich bislang jedoch, die Kontrolle abzugeben.
Allerdings gebe es keinen „persönlichen Streit“ zwischen Arafat und Dahlan, sondern vielmehr zwischen Dahlan und der gesamten Palästinenserführung, so ein Mitglied der Fatah-Partei. „Dahlan hat wahrscheinlich vergessen, daß er für die Autonomiebehörde arbeitet und nicht für Washington“, so der Fatah-Vertreter gegenüber der „Jerusalem Post“.
Der palästinensische Informationsminister Nabil Amr räumte jedoch ein, daß Arafats Versuch, einen neuen Innenminister zu ernennen, der für alle palästinensischen Sicherheitsdienste verantwortlich ist, zu einer „kleinen Krise“ in der PA geführt habe. Er sei jedoch zuversichtlich, daß dieses Problem bald gelöst werde. Er wies zudem Spekulationen energisch zurück, nach denen Abbas und Dahlan aus Protest gegen die Ernennung Yousefs mit Rücktritt gedroht haben.
Abbas habe vielmehr angekündigt, er werde dem Vorschlag zustimmen, wenn Yousef tatsächlich die Kontrolle über alle Sicherheits- und Geheimdienste erhält. Wie Amr weiter mitteilte, werde Yousef das Amt wahrscheinlich ablehnen, falls Arafat weiterhin die Sicherheitsinstitutionen überwachen will.
Erst am Freitag hatte der ägyptische Gesandte Osama el-Baz bei einem Besuch in Ramallah Arafat aufgefordert, die Kontrolle über die Sicherheitsdienste loszulassen und Abbas und Dahlan beim Kampf gegen die Terrorgruppen zu unterstützen.
Nach den Gesprächen berief Arafat das Fatah-Zentralkomitee ein und schlug die Ernennung Yousefs zum Innenminister vor. Wie die „Jerusalem Post“ schreibt, würde es dem PLO-Chef offenbar leichter fallen, die Kontrolle über die Sicherheitsdienste an Yousef abzugeben als an Dahlan.
Yousef verbrachte die Jahre zwischen 1980 und 1994 mit Arafat im Libanon und in Tunesien im Exil. Nach seiner Rückkehr in die Autonomiegebiete war er Chef des Apparates für öffentliche Sicherheit im Gazastreifen und im Westjordanland.