"Dschubran hat nicht gezögert, die offizielle Zeremonie zur Amtsübergabe zu verhöhnen – ein Schlag in das Gesicht Israels", empörte sich der Knesset-Abgeordnete David Rotem von der rechtsgerichteten Partei "Israel Beiteinu". Als einziger der anwesenden Richter stand Dschubran schweigend da, als seine Kollegen die israelische Hymne anstimmten. Sie war der Abschluss einer Zeremonie zur Amtseinführung des neuen Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, Ascher Grunis.
Die Weigerung Dschubrans löste eine Diskussion über die Anforderungen für das Richteramt aus. So schlug der Knesset-Abgeordnete Michael Ben-Ari von der rechtsgerichteten Partei "Nationale Union" vor, ein Gesetz zu verabschieden, das den Militär- oder Zivildienst für das Amt des Richters zwingend vorschreibt.
Andere Politiker waren direkter und forderten den Rücktritt Dschubrans. So sagte Außenminister Avigdor Lieberman ("Israel Beiteinu") am Mittwoch, Dschubran solle seine "geteilte Persönlichkeit" überdenken und "seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen". Man könne nicht Richter am Obersten Gerichtshof sein und zugleich die Staatshymne meiden.
Das Lied "Hatikva" ("Die Hoffnung") ist seit 2004 die offizielle Hymne des Staates Israel. Sie war bereits ab 1897 die Hymne der zionistischen Bewegung, mit der Staatsgründung Israels 1948 galt sie als inoffizielle Hymne des Landes. Sie drückt die Sehnsucht der Juden nach dem Land Israel aus.
Erster oberster Richter mit arabischen Wurzeln
Dschubran ist seit 2003 Richter am Obersten Gerichtshof in Israel. Er ist der erste Araber, der dauerhaft zu diesem Amt berufen wurde. Der Jurist wurde 1947 in der Deutschen Kolonie in Haifa geboren und wuchs in einer christlich-arabischen Familie auf. Sein Studium an der Hebräischen Universität zu Jerusalem schloss er 1968 ab. Anschließend arbeitete er als Anwalt und bekleidete ab 1982 verschiedene Richterämter.
Aufgrund der heftigen Proteste wandte sich ein Kollege Dschubrans am Obersten Gerichtshof, Eliakim Rubinstein, mit einem Brief an die vorstehenden Richter des Landes, in dem er Dschubran unterstützte: "Wir können nicht verlangen, dass arabische Bürger die Worte unserer Hymne singen, in denen sie sich nicht wiederfinden", zitiert ihn "Yediot Aharonot". Grundsätzlich seien alle Bürger eingeladen, mitzusingen, doch liege die Entscheidung letztlich bei jedem persönlich.
Die Empörung um die Person Dschubrans war auch Anlass, den Status der Demokratie in Israel zu kritisieren: "Von allen Reden bei der Zeremonie zur Amtseinführung des neuen Präsidenten des Obersten Gerichtshofes war es das Schweigen Dschubrans, das uns eine wichtige Lektion erteilte: dass die israelische Demokratie hauchdünn und zerbrechlich ist. Alles, was es braucht, sie zu zerstören, ist ein Richter, der sich weigert, in den Chor mit einzustimmen", meinte der Journalist Gidon Levy von der Tageszeitung "Ha´aretz".