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„Arabischer Frühling bietet Israel Chancen“

BERLIN (inn) - Der arabische Frühling könnte Israel helfen, die Beziehungen zur arabischen Welt zu verbessern. Das hat der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, am Donnerstag erklärt. In Berlin diskutierte er mit der Chefredakteurin der Fachzeitung "Internationale Politik", Sylke Tempel, und der ehemaligen Knesset-Abgeordneten Colette Avital über die deutsch-israelischen Beziehungen und künftige Wege in einen israelisch-palästinensischen Frieden.

Eigentlich hatte der Vorstand der "Heinrich-Böll-Stiftung", Ralf Fücks, versprochen dass es an diesem Abend "nicht um Tagespolitik" gehen sollte. Am Ende – es war wohl zu erwarten – diskutierten die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion der Stiftung zum Thema "Fremde Freunde? Die israelische und deutsche Sicht auf Staat, Nation, Gewalt. Ein Vergleich." dann doch über den Iran, Syrien und die Möglichkeiten einer Zwei-Staaten-Lösung. So erklärte Shimon Stein, von einer Revolution in Ägypten könne derzeit keine Rede sein, das alte Regime in Verkörperung des Militärrats sei nach wie vor an der Macht. Er erinnerte daran, dass Israel durchaus Interessen gehabt habe, Mubarak an der Regierung zu halten. Dieser sei ein Verbündeter gewesen und habe den Frieden Israels mit Ägypten gesichert. Deshalb sehe er Risiken, aber auch Chancen, in den aktuellen politischen Entwicklungen am Nil, aber auch in Syrien. "Sollte das Ende des Assad-Regimes kommen, bricht eine Allianz Syrien-Iran-Hisbollah weg", erklärte Stein. Für Israel könne das eine enorme Entlastung sein.

Sylke Tempel sagte, Israel habe den arabischen Frühling wesentlich skeptischer wahrgenommen als Deutschland. Derzeit erkenne sie in der Region eine Verschärfung der Lage – "ein Speeddateing und Speedhateing", wie sie es nannte. Colette Avital von der sozialdemokratischen Arbeitspartei (Avoda) erklärte, sie sei sich bis  heute unsicher, in welchem Rahmen in der arabischen Welt eine Demokratisierung passieren werde. In Ägypten und Tunesien hätten die islamischen Parteien der Bevölkerung die Revolution "gestohlen", wie sich jetzt zeige: "Die Demokratie, auf die wir gehofft haben, braucht noch lange Zeit, bis sie blühen wird." Avitals wohl größte Sorge gilt einer "Islamisierung der Palästinenser". Eine Zwei-Staaten-Lösung werde in weite Ferne rücken, sollte das geschehen.

Avital erklärte auch, sie vermisse ein europäisches Engagement im israelisch-palästinensischen Friedensprozess. Stein sagte gar, in den deutsch-israelischen Beziehungen finde gar kein Dialog statt. "Ich höre nur Monologe", sagte er. Eine Strategie für den Frieden vermisse er auf beiden Seiten. Tempel stellte fest, den Deutschen fehle es im Bezug auf Israel an einem "Sinn für Differenzierung". Israel sei möglicherweise schon immer als etwas wahrgenommen worden, "was anders ist". In Deutschland gebe es etwa zahlreiche Experten zum Thema arabische Welt. "Finden Sie mir mal einen Israelflüsterer in Deutschland – gibt es nicht", sagte sie. Sie sehe ein "Auseinanderwachsen" zwischen der deutschen Politik, die den Schutz des Staates Israel als Staatsraison akzeptiere, und dem "Kommentariat", das die israelische Politik wesentlich kritischer sehe. Ausgerechnet in der aktuellen Angst vor einer Aufrüstung des Iran wollte Stein dann doch noch eine Chance für eine Annäherung zwischen Deutschland und Israel sehen: Eine gemeinsame Bedrohung verbinde schließlich.

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