Die beiden Besucher aus den USA trugen Kuffijahs, die typischen Kopftücher für arabische Männer, um ihren Hals. Außerdem hefteten sie Embleme an ihre Kleidung, auf denen "Ein Jude, kein Zionist" zu lesen war, berichtet die englischsprachige Tageszeitung "Daily Star" aus Beirut. Bei ihrem Aufenthalt besuchten sie neben der Synagoge weitere jüdische Stätten, darunter den Ort, wo Sebulon, laut der Bibel Vater einer der zwölf Stämme Israels, begraben sein soll.
Sympathie für palästinensische Flüchtlinge
Das Gotteshaus war die Hauptsynagoge der Küstenstadt im Süden des Libanon, wo einst viele Juden lebten. Sie befindet sich in einem Gebiet, das noch immer als "Judenviertel" bezeichnet wird. An dem Gebäude sind Motive vom Davidsstern und hebräische Inschriften zu sehen. 1982 verließen während des Libanonkrieges die letzten Juden die Stadt. Im Libanon leben heute nur noch wenige Juden. Ihre Gottesdienste feiern sie in Privaträumen.
Im Gebäude der Synagoge wohnt derzeit eine palästinensische Familie, die während des Sechs-Tage-Krieges 1967 aus ihrem ursprünglichen Wohnort geflohen war. Die Rabbis verliehen bei dem Besuch ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Familie bald wieder nach Hause zurückehren könne. Sie fühlten sich selbst verletzt angesichts der "Verbrechen und Leiden, die die zionistische Bewegung und der Staat Israel den Palästinensern angetan hat", gibt "Daily Star" sie wieder.
Einer von ihnen, Yisroel Dovid Weiss aus Monsey im US-Bundesstaat New York, unterstrich während des Besuches seine Ansicht, die zionistische Bewegung sei der Auslöser für die Spannungen zwischen Islam und Judentum. In der Zeit vor dem Aufkommen des Zionismus hätten Anhänger beider Religionen in Frieden zusammengelebt, sagte Weiss. Im Übrigen gebe es keinen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Glaubensrichtungen.
Umstrittener Rabbi
Unter orthodoxen Juden ist Weiss umstritten. Er verteidigte 2006 den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Dieser sei kein Antisemit, sondern wisse vielmehr zwischen Zionisten und Juden zu unterscheiden. Die jüdische-orthodoxe Union (OU), der Dachverband orthodox-jüdischer Gemeinden in den USA, distanzierte sich daraufhin von Weiss.
Im gleichen Jahr sprach er auf einer Konferenz im Iran zum Holocaust vor und sagte, Israelis hätten den Holocaust genutzt, um Vorteile und Sympathien zu gewinnen. Andererseits bestand er darauf, dass es die Schoah tatsächlich gegeben habe. Ahmadinedschad hatte seit seinem Amtsantritt 2005 den Holocaust mehrfach geleugnet und die Konferenz einberufen, um das offizielle Geschichtsbild zu "überprüfen".
Gruppe mit antizionistischem Impetus
Weiss und sein Begleiter gehören der Gruppierung "Neturei Karta" an. Dabei handelt es sich um eine antizionistische Bewegung orthodoxer Juden. Ihrer Ansicht nach verbietet es die Torah, einen jüdischen Staat vor Ankunft des Messias zu gründen. Die Erlösung der Juden dürfe nur Gottes Werk sein, menschliches Zutun sei Gotteslästerung. Sie setzen sich außerdem für einen Palästinenserstaat ein und fordern finanzielle Entschädigungen für die Palästinenser.
Die Gruppe ist seit 1935 politisch aktiv. Der Name "Neturei Karta" bedeutet im Aramäischen "Wächter der Stadt". Er wurde 1938 zum ersten Mal verwendet und ist eine Anspielung auf den Talmud, wo es heißt, die wahren Wächter einer Stadt seien die Religionsgelehrten, nicht die Soldaten. Die Bewegung tritt außerdem unter dem englischen Namen "Jews United Against Zionism" ("Juden vereint gegen Zionismus") auf. Die Größe der Gruppe ist nicht genau bekannt. Die Online-Enzyklopädie "Jewish Virtual Library" spricht von rund 5.000 Mitgliedern.