Nach den Anschlägen vom 7. Oktober war in der westlichen ein besonders starker Anstieg beim Antisemitismus zu verzeichnen. Doch bereits in den ersten neun Monaten des Jahres 2023, vor Kriegsbeginn, kam es in den meisten Ländern mit großen jüdischen Minderheiten zu einem relativen Anstieg der Zahl der Vorfälle, nämlich in den Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien, Australien, Italien, Brasilien und Mexiko. Dies zeigt der Jahresbericht der Universität Tel Aviv und der Anti-Defamation League (ADL).
Die ADL verzeichnete 7.523 Vorfälle für das Jahr 2023 im Vergleich zu 3.697 im Jahr 2022. Die Zahl der Körperverletzungen stieg von 111 im Jahr 2022 auf 161 im Jahr 2023 und die der Vandalismusdelikte von 1.288 auf 2.106.
In den USA deuten ADL-Daten auf einen Anstieg von 1.000 Vorfällen noch zwischen Oktober und Dezember 2022 auf 3.976 im Vergleichszeitraum hin. Die Zahl erhöhte sich von 2.697 Vorfällen zwischen Januar und September 2022 auf 3.547 im gleichen Zeitraum im Jahr 2023.
Im Detail: Dem Bericht zufolge registrierte die Polizeibehörde von New York, der Stadt mit der größten jüdischen Bevölkerung der Welt, im vergangenen Jahr 325 antijüdische Hassverbrechen im Vergleich zu 261 im Jahr 2022. Die Polizeibehörde von Los Angeles verzeichnete 165 im Vergleich zu 86. Das Chicago Police Department (CPD) wiederum vermerkte 50 im Vergleich zu 39.
Ausrottung des Antisemitismus in arabischen Gesellschaften als Priorität
Der 150-seitige Bericht enthält ausführliche Aufsätze zu verschiedenen Ländern sowie eine Studie zu den Profilen der Verbreiter antisemitischer Inhalte auf X (ehemals Twitter). Die Aufsätze untersuchen unter anderem die Ausbreitung antisemitischer Diskurse in der arabischen Welt, der Türkei und im Iran nach dem 7. Oktober. Der Bericht plädiert dafür, bei allen künftigen diplomatischen Verhandlungen dem Thema Ausrottung des Antisemitismus aus arabischen Gesellschaften höchste Priorität einzuräumen.
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In Deutschland stieg die Zahl antisemitischer Vorfälle von 2.639 (2022) auf 3.614 (2023). In den Niederlanden gab es 2022 noch 69 Vorfälle, im Folgejahr schon 154. Für Italien wurden 241 Vorfälle 2022 berichtet, 2023 waren es schon 454. In Österreich stieg die Zahl von 719 auf 1.147.
In Frankreich erhöhte sich die Zahl von 436 auf 1.676 (die Zahl der Körperverletzungen stieg von 43 auf 85). In Großbritannien gab es einen Zuwachs von 1.662 auf 4.103. Dabei wurden 136 Körperverletzungen im Jahr 2022 registriert, 2023 waren es 266.
In Argentinien wuchs die Zahl antisemitischer Vorfälle im selben Zeitraum von 427 auf 598; in Brasilien von 432 auf 1.774; in Mexiko von 21 auf 78. Für Südafrika melden die Organisationen 68 beziehungsweise 207 Zwischenfälle.
Was Russland angeht, betont der Bericht, dass es derzeit kaum verlässliche Zahlen aus dem Land gebe. Ein ausführlicher Aufsatz im Bericht behandelt die antisemitische Rhetorik des russischen Diktators Wladimir Putin und der Mitglieder seines Regimes. „Anfang 2023 warnte der Oberrabbiner von Moskau im Exil, Pinchas Goldschmidt, dass Juden Russland verlassen sollten, bevor sie zum Sündenbock gemacht werden“, heißt es darin. „Leider hat 2023 die Worte dieses weisen und mutigen religiösen Führers nicht widerlegt.“
Nicht das Jahr 1938, doch die Zahlen sind alarmierend
Die dramatischen Anstiege im Vergleich zu 2022 folgten weitgehend auf den 7. Oktober. Dennoch betont der Bericht, dass die meisten Länder mit großen jüdischen Minderheiten auch in den ersten neun Monaten des Jahres 2023, vor Kriegsbeginn, relative Anstiege verzeichneten.
Uriya Shavit, Leiter des „Zentrums für die Erforschung des zeitgenössischen europäischen Judentums“, sagt zu den Ergebnissen: „Wir schreiben nicht das Jahr 1938, noch nicht einmal 1933. Doch wenn die aktuellen Trends anhalten, wird der Vorhang fallen und die Möglichkeiten, ein jüdisches Leben im Westen zu führen, wird enden – einen Davidstern zu tragen, Synagogen und Gemeindezentren zu besuchen, Kinder auf jüdische Schulen zu schicken, einen jüdischen Club auf dem Campus zu besuchen oder Hebräisch zu sprechen.“
Shavit ergänzte: „Da Bombendrohungen gegen Synagogen an der Tagesordnung sind, ist die jüdische Existenz im Westen gezwungen, sich zu stärken. Je mehr sie dies tut, desto mehr wird das Gefühl von Sicherheit und Normalität untergraben.“
Der Wissenschaftler fügte hinzu: „Der Staat Israel ist in seinen Möglichkeiten, etwas für jüdische Gemeinden zu tun, begrenzt.“ Aber selbst das wenige, was möglich sei, werde nicht getan. „Israel hat keinen sinnvollen strategischen Plan zur Bekämpfung des Antisemitismus.“ Shavit ist überzeugt, dass die Verantwortung für die Bekämpfung des Antisemitismus dem Außenministerium übertragen werden sollte. Dessen Beamten seien die Belange der Juden in der Diaspora ohnehin bestens bekannt.
„Antisemitismus auf den Straßen weltweit angestiegen“
Jonathan Greenblatt, General- und Nationaldirektor von ADL, nannte die aktuellen Zahlen zum Antisemitismus weltweit „alarmierend“: „Nach dem schrecklichen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober folgte ein Tsunami des Hasses gegen jüdische Gemeinden weltweit. Auf den Straßen von London, New York, Paris, Santiago, Johannesburg und anderswo ist Antisemitismus weltweit auf ein beispielloses Ausmaß angestiegen.“
Der diesjährige Bericht sei alarmierend, auch in den USA, wo es im Jahr 2023 die höchste Zahl antisemitischer Vorfälle gab, die jemals dort von der ADL gemessen wurde. „Wir haben gemeinsam mit der Universität Tel Aviv diesen wichtigen Jahresbericht erstellt, der dazu dienen wird, Regierungen und die Zivilgesellschaft zu informieren und dabei zu helfen, gegen antisemitische Tendenzen vorzugehen.“
In einem Kommentar zum Bericht schrieb Greenblatt: „Antisemitismus ist nicht nur ein abstraktes Thema. Er ist eine reale Bedrohung für das jüdische Leben in Amerika und für Juden auf der ganzen Welt, und unsere Geschichte lehrt uns, dass wir uns nicht den Luxus leisten können, in Momenten wie diesen gleichgültig zu bleiben.“
7 Antworten
Antisemitismus in westlichen Ländern deutlich gestiegen. Nicht durch Zuwanderung, die nötig, sondern durch Unterwanderung. Ausrottung des Antisemitismus in arabischen Gesellschaften? Schön wäre es. Das Gegenteil ist der Fall.
Ich denke, die freie westliche Welt hat zu spät die Gefahr der Islamisierung erkannt. Zudem kommt, dass die Türkei seit Erdogan genau den entgegengesetzten Kurs fährt: Früher war die Türkei ein Israel-freundlicher Staat und sekulär. doch Erdogan, auch wg. der NATO, wird hofiert ohne Ende im Westen. Dass der Hamas-Krieg mehr Antisemitismus bringt, ist klar, wichtig sind nun die Bibel-Kämpfer/innen in den Medien, die dagegen ankämpfen. Gott wird der Vernunft zum Erfolg verhelfen, Israel wird siegen !
Wir müssen uns diesem Hass und Hetze gegen Israel und unsere jüdischen Mitbürger entgegenstellen. Denn Heute sind es die Juden und Morgen vielleicht wir “ Ungläubigen“.
War nicht anders zu erwarten. Aber man fragt sich doch immer wieder, welcher Nährboden schlummert, dass es so schnell wieder ansteigen kann. Aber wir sehen es ja in D wie die Gesellschaft verroht. Die Angriffe auf Politiker, Wahlkampfhelfer. Auf harmlose Passanten. Allein die letzte Tage wird man mit den Meldungen überhäuft.
Und dann kommen ja noch die, die meinen, dass alles was sie von sich geben nur Israelkritik ist. Bis hin zur Forderung der Auslöschung des Staates.
Heute wurde in Duisburg wenigstens einer Hetzorganisation die Plattform entzogen.
Na ja bevor wir nur auf den problematischen Islam schauen, es gibt auch europäische Neonazis – leider. Dieser Anstieg gibt eigentlich nur den Juden Recht, die sagen, wir brauchen bedingunslos den Staat ISRAEL zum Überleben und zwar für ALLE Juden! Ich finde sie haben Recht und deshab wünsche ich mir einen Paukenschlag zugunsten des kleinen jüdischen Volkes und einen langen Frieden nach diesem Paukenschlag. Dieser wird für das ganze Heilge Land eine Erlösung sein und auch für die Araber, die Frieden wollen. * SHALOM
Was wir vor allem brauchen: Einen starken Glauben an den lieben Gott. Auch friedliche Muslims zählen dazu, siehe Abraham-Verträge, und ein guter Islam-Unterricht könnte auch in Deutschland die Wende bringen. Könnte. Deutsche Politik glaubt NICHT an Gott, und in Berlin werden nun Polizei und Feuerwehr „weggespart“, es wird mehr Gewalt, mehr Antisemitismus geben. Ich hoffe, dass es Menschen an die Öffentlichkeit schaffen, die das Christentum bekehren zu einem pro-jüdischen Christentum. Jesus von Nazareth, der die Sadduzäer usw. heftig kriitisiert hat, hat eben das Jüdische Gesetz bestätigt, auch dass der Jüdische Glaube an Weg in das Neue Jerusalem sein wird, Lästerungen gegen den Sohn werden vergeben. Wenn alle Christen das Judentum bestätigen und wie Jakov am Jabbok für Israel kämpfen würden, dann wäre diese Welt eine andere, aber es sind nur wenige – USA, GB – die Israel-freundlich handeln. Menschen mit einem starken Glauben können zu Gott beten, für Ukraine und Israel, dann wird es auch eine bessere Welt geben. Mein eigener Glaube an meine Person ist wohl zu schwach, um die Welt zu verändern, aber es wird eine bessere Welt geben, ein pro-jüdisches Christentum und gemäßigte Muslims können dazu beitragen. Momentan ist Finsternis. Pfingsten sollte die Geburtsstunde einer neuen pro-jüdischen Kirche sein…! Die Wende wird kommen, wir müssen an Gott glauben, der mit der Bibel zwei Religionen geschaffen hat.
Israel hat einen schwierigen Stand, nicht nur weil sich die Länder einmischen in Ihre Angelegenheiten, nicht zuletzt Den Haag, sondern auch weil interne Leute wie Gantz nicht begreifen, dass es nicht darum geht, schlecht über die Verantwortungsträger zu reden, um selbst groß raus zu kommen, sondern dass es um das Leben und das Land selbst geht. Das das diesen Schwätzern aus aller Welt nicht wichtig ist, dürfte wohl wenig verwundern, wenn man sieht, wie sie nichts tun, wenn Menschen verhungern oder Länder überfallen werden und stigmatisiert seit Jahren. Warum schreitet man dort nicht zur Tat? Weil man feige ist. Israel schreitet zur Tat und möge es diese Taten zu Ende führen. Da kann Herr Gantz gerne seinen Hut nehmen, je früher, desto besser. Ohne solchen Klötze am Bein, wäre Isreael womöglich schon fertig mit der Beseitung des Übels aus der Mitte der Palästinenser. Danach kann man ihnen helfen, nicht wieder diesselben Fehler zu machen, sondern sich und ihren Kindern eine gute Zukunft aufzubauen. Das das das Interesse Israels war und ist, bleibt unumstößlich, egal was Den Haag darüber denkt.