JERUSALEM (inn) – Die Organisation „Animals Now“ (Tiere jetzt) beklagt ein übermäßiges Leiden von Milliarden Tieren in Israel. 25 Jahre nach Verabschiedung des Tierschutz-Gesetzes gebe es noch immer große Lücken zwischen den festgeschriebenen Regelungen und ihrer Umsetzung. Damit das Gesetz weitreichend zur Anwendung komme, müsse die Verantwortung für das Tierwohl vom Landwirtschaftsministerium auf das Umweltschutzministerium übertragen werden.
Da das Landwirtschaftsministerium auch die Landwirte fördern soll, die auf Profit ausgerichtet seien, liege hier ein Interessenkonflikt vor. „Animals Now“ wirft dem Ministerium vor, die Durchsetzung des Tierschutz-Gesetzes nicht nur zu verschleppen, sondern es aktiv zu ignorieren. Zudem verhindere es immer wieder Initiativen zur Verbesserung der Lebensqualität von Tieren.
„Animals Now“ weist in ihrem Bericht darauf hin, dass es in Israel besonders viele Tierliebhaber gibt. So werde in rund einem Viertel der Haushalte ein Haustier gehalten. Zudem gelte Israel weltweit als das Land mit den meisten Veganern und nach Indien mit den meisten Vegetariern. Tierrechtsaktivisten hätten erfolgreich einige Petitionen eingebracht, unter anderem gegen das Isolieren der Kälbchen von Milchkühen oder das Stopfen von Gänsen und Enten durch Zwangsernährung.
Doch es gebe noch viele Missstände bei der Tierhaltung, schreibt „Animals Now“. Die Organisation bringt als ein Beispiel die Haltung von Legehennen in engen, überfüllten Käfigen an. Diese sei mittlerweile in zahlreichen Ländern verboten, heißt es in dem Bericht.
Stopp von Lebendtiertransporten aus Übersee gefordert
Auch der Lebendtransport von Kühen, Schafen, Kälbern und Lämmern aus Übersee zum Schlachten nach Israel wird scharf kritisiert. Die Tiere werden unter schlimmsten Bedingungen transportiert. Teilweise stehen sie wochenlang in ihren eigenen Exkrementen zusammengepfercht, zwischen sich kranke oder verendete Tiere, und sind extremer Hitze ausgesetzt. Dabei haben sie keinen Zugang zu Wasser oder Futter. In der Bevölkerung gibt es immer wieder Proteste gegen diese Transporte aus Europa und Australien. Auch zahlreiche Rabbiner haben sich gegen eine solche Behandlung von Tieren ausgesprochen.
Ende 2018 hatte die Regierung ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Lebendtransport von Tieren zunächst reduzieren und nach drei Jahren komplett beenden sollte. Allerdings liegt dieses Gesetz, wie viele andere, aufgrund der gescheiterten Versuche der Regierungsbildung nach den Wahlen im April und September derzeit auf Eis. So seien laut „Animals Now“ auch im vergangenen Jahr fast 700.000 Tiere mit Schiffen nach Israel gebracht worden – so viele wie noch nie zuvor in einem Jahr.
Die Verantwortung des Landwirtschaftsministeriums für das Wohlergehen der Tiere wurde in den vergangenen Jahren in Israel immer wieder in Frage gestellt. Dies geschah unter anderem in Berichten des Staatlichen Rechnungsprüfers. Auch der frühere Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein hatte sich für eine Verlagerung der Verantwortung eingesetzt und gefordert, in der Sache das Tierschutzministerium einzuschalten. Seine Bemühungen blieben ohne Erfolg.
Umweltschutzministerium offen für Veränderung
Laut dem Bericht hat das Landwirtschaftsministerium seit Verabschiedung des Tierschutz-Gesetzes 1994 wiederholte Zusagen an den Obersten Gerichtshof und Entscheidungen der Regierung nicht umgesetzt. „In der Praxis bleiben Hunderte Millionen Tiere ohne Schutz“, heißt es in dem Dokument. „Animals Now“ beklagt, dass Berichte über Tiermissbrauch oftmals nicht weiterverfolgt würden und Anklagen gegen Täter selten seien. Mehrere Fälle von Tiermissbrauch in Schlachthöfen, auf die die Organisation die Medien aufmerksam gemacht hat, hätten zu keiner Verurteilung geführt.
„Animals Now“ empfiehlt daher dringend die Verlagerung der Verantwortung für den Tierschutz in das Umweltschutzministerium. Zudem fordert sie die Abschaffung des Transports lebender Schlachttiere nach Israel sowie ein Verbot der Käfighaltung für Legehennen.
Das Umweltschutzministerium hat auf den Bericht hin bereits mitgeteilt, es sei bereit, sich mit dem Thema Tierschutz zu befassen. Von Seiten des Landwirtschaftsministeriums liegt laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ bislang keine Reaktion vor.
Von: dn