TEHERAN (inn) – Die diktatorisch regierte Theokratie Iran gibt vor, eine Demokratie zu sein. Die Ergebnisse jeglicher Wahlen stehen zumindest im Groben von vornherein fest. Für ein Mindestmaß an Legitimation braucht es aber ein Mindestmaß an Wahlbeteiligung. Die Iraner wollen bei den regelmäßigen Theateraufführungen nicht mehr mitspielen.
Abwärtstrend
Der Abwärtstrend bei der Wahlbeteiligung hält seit vielen Jahren an. Bei den Parlamentswahlen 2016 gaben laut offiziellen Zahlen 61,6 Prozent der wahlberechtigten Iraner ihre Stimme ab. 2020 waren es noch 42,6 Prozent, in der Hauptstadt Teheran gar nur 25,4 Prozent.
Grundsätzlich linientreue Kandidaten können ihre Zulassung zur „Wahl“ beim Wächterrat kaufen. Berichten zufolge kostete ein Sitz im Parlament im Jahr 2020 umgerechnet 300.000 US-Dollar. Der Wählerwille ist unbedeutend. Beim Volk beliebte Kandidaten werden bereits vor der Wahl aussortiert.
Die „Gruppe zur Analyse und Messung der Einstellungen im Iran“ (Gamaan) befragte Anfang Februar 2024 online mehr als 58.000 Iraner nach ihrem voraussichtlichen Wahlverhalten. Nur 15 Prozent der Befragten gaben an, am 1. März an der Wahl teilnehmen zu wollen. 77 Prozent wollten die Wahl boykottieren. Die restlichen 8 Prozent waren noch unentschlossen.
Die US-amerikanische Denkfabrik „Middle East Institute“ erwartet nach einer Telefonumfrage etwa 34 Prozent Wahlbeteiligung. Unter den 18- bis 29-Jährigen fanden sich nur 19 Prozent Wahlwillige.
„Angst vor Wahlbeteiligung“
Irans Oberster geistlicher Führer, Ali Chamenei, sprach am Mittwoch vor einer Gruppe Erstwähler und „Märtyrerfamilien“. Die „lebhafte Beteiligung der iranischen Nation an den Wahlen“ sei ein „Ausdruck nationaler Macht“, sagte der bald 85-Jährige.
Die Feinde des Iran, allen voran die „USA, die meisten Europäer, die bösen Zionisten, Kapitalisten und große Unternehmen“ hätten „Angst vor der Wahlbeteiligung“ und der „Macht des iranischen Volkes“. Hingegen spricht eine deutliche Angst vor geringer Wahlbeteiligung aus den Worten des Ajatollahs: „Wenn der Feind eine Schwäche der Iraner im Bereich der nationalen Macht erkennt, wird dies die nationale Sicherheit aus verschiedenen Blickwinkeln gefährden.“
„Anreize“
Mit altbewährten Methoden versucht das Regime, Wählerstimmen zu gewinnen. Für wen, ist ja egal. Nur mitspielen sollen die Leute. Den Soldaten winken vier Tage Urlaub, wenn der obligatorische Stempel im Familienbuch ihnen die Teilnahme an der Wahl bestätigen. Ein Wahlboykott hingegen kann unangenehme Konsequenzen haben.
Unzählige Angestellte staatseigener Institutionen und Unternehmen melden den Oppositionsmedien wie „Manoto“ und „Iran International“ Kündigungsdrohungen für Nichtwähler. Das iranische Innenministerium verlautbarte, die etwa 59.000 Wahllokale mit 250.000 Sicherheitsbeamten „schützen“ zu wollen.
Aber der Erfolg staatlicher Bemühungen ist mäßig. In den vergangenen Tagen häuften sich in den iranischen Sozialen Medien Hunderttausende Beiträge unter Hashtags wie #Wahl_Zirkus. Mit Handykameras aufgenommene Videos zeigen leere Wahllokale gegenüber langen Schlangen an Imbissbuden.
Gaza im Wahlkampf
Chamenei sprach in seiner Rede zu den jungen Menschen auch über Gaza. Die Gaza-Frage haben „den Islam in die Welt eingeführt. .Der Islam sei ein Faktor, der Menschen „Macht und Widerstandskraft“ verleihe, um nicht einmal vor den „Bombardierungen und Katastrophen der Zionisten“ zu kapitulieren. Die Islamische Republik versucht seit ihrem Bestehen, sich als Vorkämpferin der islamischen Welt gegen den jüdischen Erzfeind zu präsentieren.
Scheinbar erfolglos. Die Gamaan-Umfrage untersuchte auch die Meinungen zum Krieg zwischen Israel und der Hamas. 35 Prozent der Iraner sehen die Hauptverantwortung bei der Terrorgruppe. 20 Prozent halten Israel für den Schuldigen und 31 Prozent sehen beide Seiten in der Verantwortung. Hier scheint die Staatspropaganda versagt zu haben, die ausschließlich Israel an den Pranger stellt.
Potenzial
Der Frust, den die regelmäßigen Wahlspektakel bei der Bevölkerung verstärken, hat das Potenzial für erneute Unruhen. Die Menschen wollen kein neues Parlament, sondern ein Ende der Islamischen Republik als solcher. Auch das hat die Umfrage bestätigt.
Würde das gesamte System infrage gestellt, könnte die Wahlbeteiligung deutlich höher ausfallen. In einem freien Referendum über die Frage „Islamische Republik: Ja oder Nein?“ würden 75 Prozent der Umfrageteilnehmer mit „Nein“ antworten. Das verbleibende Viertel teilt sich in 16 Prozent Befürworter des Regimes und 9 Prozent Unentschlossene auf.
Unterstützende Worte
Mit ein bisschen Unterstützung von außen droht dem Mullahregime nicht nur eine historisch niedrige Wahlbeteiligung, sondern der längst überfällige Umsturz. Zum Wahltag twitterte die deutsche EU-Abgeordnete Hannah Neumann (Grüne): „Wenn die einzige Wahl ist, nicht zu wählen. – Aber eines nicht allzu fernen Tages werden die Menschen dieses wunderschönen Landes eine echte Wahl haben – ob dieses brutale Regime weiterhin bestehen soll oder nicht.“ (cs)
7 Antworten
Im Iran ist es ähnlich wie bei den Wahlen in Russland. Es ist nur wichtig, dass der Westen die Opposition unterstützt, Deutschland tut das Gegenteil, Deutschland hat nach wie vor hohe Wirtschaftsbeziehungen mit dem bösen Mullah-Regime. Möge es ein Ende der Finsternis geben im Iran und in der Welt. Die Frage ist nur, wann… ?
Wozu noch wählen gehen, wenn das Ergebnis von vorne herein feststeht und es keine wählbare Opposition gibt?
Es geht doch nur noch um die Wahlbeteiligung.
Ali Chamenei zu Teenagern: „Die Gaza-Frage hat den barbarischen Islam in die Welt eingeführt. Der Islam ist ein Faktor der Angst, der Menschen eine perverse Widerstandskraft verleihe, die Zionisten sind an allem schuld. Die Islamische Republik versucht seit ihrem Bestehen, mit Gewalt, Terror und Folter sich als Vorkämpferin der islamischen Welt gegen den jüdischen Erzfeind zu präsentieren“. Wir haben sinngemäß ins Deutsche übersetzt. Für eventuelle Fehler bitten wir den Leser um Entschuldigung.
Eine Bevölkerung, die in der Mehrzahl nicht denkt, nicht nachdenkt, blind Ideologien folgt (linksgrün) und wählt, ist noch viel gefährlicher. Siehe DD (Dödeldeutschland).
Da gibt es aber einige Feinde des Iran, die vor der Hamas lieber kapitulieren, als die Schlacht zu Ende zu führen. Wahrscheinlich wollen sie sich paar warme Steicheleinheiten unter des Sonne Theherans abholen, während sie dort am Pool den Triumpzug der Israelfeinde mitverfolgen.
Das spielt absolut keine Rolle, ob Wähler fehlen oder nicht. Dieser Zauber wird für den Westen abgezogen und die alternden, senilen Mullahs sind sich sicher, dass wir den Quatsch glauben. Wählen hat meist irgendwo etwas mit „demokratisch sein “ zu tun und im Islam ist der Begriff „Demokratie“ nicht existent! Ist auch nicht nötig, da die Ideologie immer recht hat!