Für den Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, steht fest: Israels Ablehnung von Frieden und der fortgesetzte Siedlungsbau seien schuld an der Gewaltwelle. Dies hat der Fatah-Chef am Mittwochabend in einer Ansprache geäußert, die live im palästinensischen Fernsehen übertragen wurde.
In seiner Rede warf Abbas Israel vor, den 13-jährigen Palästinenser Ahmed Manasra „kaltblütig hingerichtet“ zu haben. Die Palästinenser „werden nicht einverstanden sein mit der Fortsetzung der Situation auf unserem Land, noch mit der Besatzungs- und Aggressionspolitik von Israel und seinen Siedlern, die unsere Leute, Wohnhäuser, Bäume, heiligen Stätten terrorisieren und unsere Jungen kaltblütig hinrichten, wie sie es mit dem Jungen Ahmed Manasra und anderen Kindern in Jerusalem und an anderen Orten getan haben. Wir werden unseren nationalen Kampf fortführen, der auf Selbstverteidigung gründet“.
Die Worte des PA-Präsidenten bezogen sich auf einen
Anschlag vom Montag im Jerusalemer Stadtteil Pisgat Se‘ev. Der 15-jährige Hassan Manasra und sein Cousin Ahmed hatten einen 13-jährigen Jungen und einen 24-jährigen Mann schwer verwundet. Hassan wurde erschossen, als er Polizisten mit einem Gewehr angriff. Ahmed hingegen erlitt schwere Verletzungen, als er zu fliehen versuchte und von einem Auto angefahren wurde. Er liegt in einem israelischen Krankenhaus, schreibt die Onlinezeitung „Times of Israel“.
Ferner betonte Abbas den alleinigen Anspruch der Muslime auf die Al-Aksa-Moschee und ihre Umgebung auf dem Tempelplatz: „Al-Aksa ist unser Recht als Palästinenser und als Muslime, und kein anderer hat dort ein Recht.“ Er werde keine Veränderung des Status quo auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee akzeptieren. Dasselbe gelte für Schritte, welche die Heiligkeit des Ortes als exklusiv muslimische heilige Stätte bedrohten.
Nationalen Kampf fortführen
Der PA-Präsident sagte aber auch, seine Hand sei immer noch für Frieden ausgestreckt. Die jüngste Welle des gewaltsamen Aufruhrs müsse ein Ende finden. Die Autonomiebehörde versuche stets, die Unruhen zu deeskalieren.
Gleichzeitig beschuldigte er einmal mehr Israel: „Friede, Sicherheit und Stabilität werden erst erreicht, wenn die Besatzung endet und ein unabhängiger Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt gegründet wird“, zitiert ihn die palästinensische Nachrichtenagentur „Ma‘an“. „Wir werden unseren politischen, nationalen und rechtlichen Kampf fortführen und nicht an Vereinbarungen gebunden bleiben, die Israel nicht respektiert.“ Bereits Ende September vor der UN-Generalversammlung hatte der palästinensische Präsident erklärt, die Abkommen mit Israel hätten ihre Gültigkeit verloren.
Überdies kündigte Abbas an, die PA werde Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verklagen. Anlass seien die Morde an der
Familie Dawabscha und an dem Jugendlichen
Muhammad Abu Chdeir. Der 16-Jährige war im Sommer 2014 entführt und bei lebendigem Leibe verbrannt worden. Die Familie Dawabscha wiederum wurde Ende Juli Opfer eines Brandanschlages. Die Eltern und der 18 Monate alte Sohn starben, dessen vierjähriger Bruder Ahmed wurde schwer verletzt.
Lapid: „Jämmerliche Vorstellung von Abbas“
In Israel stieß die Rede des PA-Vorsitzenden auf harsche Kritik. Aus dem Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu hieß es, Abbas verbreite „Lügen und Hetze“. „Der Junge, auf den er sich bezieht, ist am Leben und wird in der Hadassah-Klinik behandelt, nachdem er auf ein israelisches Kind eingestochen hat, das mit seinem Fahrrad fuhr. Da Israel den Status quo auf dem Tempelberg beibehält, macht Abbas in seinen Hetzworten einen zynischen Gebrauch von Religion und ruft damit weitere Terrorakte hervor.“ Später veröffentlichte das staatliche israelische Pressebüro
Bilder und Videos von dem 13-jährigen Palästinenser im Krankenhaus.
Der Vorsitzende der Partei „Jesch Atid“, Jair Lapid, teilte mit: „Statt die Lage zu beruhigen und die abscheulichen Terroristen zu verurteilen, die versuchen, unschuldige Israelis zu ermorden, hat sich Abbas dafür entschieden, eine jämmerliche Vorstellung zu geben, die einen Mangel an Führungsqualitäten und Feigheit auf der niedrigsten Stufe zeigt. Terroristen sollten wissen, dass Israel standhalten und Terror überall, jederzeit und mit großer Kraft bekämpfen wird.“ (eh)