RAMALLAH (inn) – Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, hat am Mittwoch ein Dekret über seine mögliche Nachfolge erlassen. Es beziehe sich auf den Fall, dass die Position vakant werden sollte, erklärte der 89-Jährige.
Dann würde der Vorsitzende des Palästinensischen Nationalrates (PNC), Rauhi Fattuh, das Amt kommissarisch bis zur Wahl eines neuen Präsidenten übernehmen. Beide Politiker gehören der Fatah-Partei an, deren stärkster innenpolitischer Rivale die Terrorgruppe Hamas ist.
In Artikel 1 der Erklärung heißt es laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA: „Falls der Posten des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) vakant werden sollte, während der Legislativrat (PLC) nicht handlungsfähig ist, soll der Vorsitzende des Palästinensischen Nationalrates vorübergehend die Funktionen des PA-Vorsitzes für einen Zeitraum von höchstens 90 Tagen übernehmen.“
Die Erklärung führt weiter aus: „In dieser Zeit sollen freie und direkte Wahlen abgehalten werden, um entsprechend dem Palästinensischen Wahlgesetz einen neuen Präsidenten zu wählen. Sollten in diesem Zeitraum durch höhere Gewalt keine Wahlen abgehalten werden, soll die Amtszeit per Entscheidung des Palästinensischen Nationalrates um denselben Zeitraum erweitert werden, aber nur einmal.“
Dekret schließt Hamas aus
Der PNC ist das Entscheidungsgremium der „Palästinensischen Befreiungsorganisation“ (PLO). Er hat mehr als 700 Mitglieder in den palästinensischen Gebieten und im Ausland. Die Hamas ist weder im Nationalrat noch in der PLO vertreten. Mit der Entscheidung habe Abbas die rivalisierende Gruppe von jeglicher Beteiligung an einem Übergang ausgeschlossen, merkt die Nachrichtenseite „Al-Arabia News“ an.
Fatah und Hamas haben in den vergangenen Jahren viele Male vergeblich versucht, ihre Spaltung zu überwinden. Zuletzt schlossen sie im Juli in China mit zwölf weiteren Palästinensergruppen ein Abkommen zur „nationalen Einheit“. Konkret ausgewirkt hat sich die Vereinbarung bislang nicht.
Seit fast 16 Jahren ohne Wahl im Amt
Abbas wurde am 9. Januar 2005 für vier Jahre ins Amt gewählt. Entgegen dem Wahlgesetz gab es jedoch nach vier Jahren keine neue Wahl, und auch später nicht.
Nach der bisherigen Gesetzgebung würde der Sprecher des Legislativrats, also des Parlaments, bei einem Machtvakuum den Vorsitz der PA übernehmen. Doch den Legislativrat, in dem die Hamas über eine Mehrheit verfügte, hat Abbas 2018 aufgelöst. Zwar hat er eine Regierung und auch einen Premierminister eingesetzt, aber der PA-Präsident regiert mit Dekreten.
Fattuh: Militärisches Training im Irak
Es ist das erste Mal in seiner bald 20-jährigen Amtszeit, dass Abbas über eine mögliche Nachfolge spricht. Fattuh war bereits nach dem Tod von Abbas‘ Vorgänger Jasser Arafat im November 2004 Interimspräsident.
Der PNC-Sprecher wurde 1950 in Rafah im südlichen Gazastreifen geboren. Nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 zog er nach Jordanien und schloss sich „Al-Asifa“ an, einem bewaffneten Flügel der Fatah. Zudem nahm er an einem militärischen Training im Irak teil.
Seit 1983 ist Fattuh Mitglied des PNC, dessen Sprecher er 2020 wurde. Im Jahr 2008 wurde der ehemalige Landwirtschaftsminister beim Versuch erwischt, 3.000 Mobiltelefone von Jordanien nach Israel zu schmuggeln. Dafür nutzte er einen von Israel ausgestellten VIP-Pass.
Im Januar 2023 hob der damalige israelische Verteidigungsminister Joav Gallant (Likud) die Einreiseerlaubnis nach Israel für Fattuh auf. Grund: Fattuh hatte mit zwei PA-Vertretern einen freigelassenen arabisch-israelischen Häftling besucht. Dieser hatte wegen der Ermordung eines israelischen Soldaten 40 Jahre im Gefängnis gesessen. (eh)
2 Antworten
89 Jähriger benennt Nachfolger. Lach! Wann waren letzte freie Wahlen im WJL?
Die letzten Wahlen waren 2005, ob sie frei waren…die einen sagen so, die anderen so 😁