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Das Unterwasser-Observatorium und der Marine-Park

Gespenstisch schwerelos gleitet der riesige Hai vorbei, kaum eine Armlänge entfernt. Zum Glück trennt uns die dicke Glasscheibe des riesigen Meerwasseraquariums. Der „Marine Park Eilat“ hat nicht nur ein Unterwasserobservatorium zu bieten, in dem man einige Meter in die farbig-exotische Welt des tropischen Roten Meeres eintauchen kann. Ausgedehnte Aquarien, die ständig mit frischem Meerwasser versorgt werden, zeigen die atemberaubende Vielfalt von Pflanzen und Tieren, die sich unter der Wasseroberfläche des azurblauen Golfs von Akaba und Eilat verbirgt.

„Papa, weißt Du, wir haben gesehen, wie ein Taucher zu den Haien gegangen ist.“ Mit großen Augen erzählt der fünfjährige Michael von dem Ausflug in den Marine Park. „Der hatte so etwas wie eine Gasmaske und hat durch einen Schlauch Luft gekriegt.“ – „Wir sind gar nicht auf ihrer Speisekarte“, erklärt Anke, die große Schwester, die gerade die sechste Klasse absolviert hat. „Sie machen nur etwas, wenn sie uns mit ihrem Futter verwechseln, oder wenn sie gereizt werden.“ Trotzdem bin ich ganz froh, dass wir beim Schnorcheln in Eilat bislang noch nie einem Hai begegnet sind. Ich habe keine Lust, auch nur irrtümlich gebissen zu werden, so wie das deutsche Mädchen vor einiger Zeit.

Begeistert erzählen die Kinder, wie Merav, eine junge Israelin, die im Unterwasserobservatorium arbeitet, ihnen alles erklärt hat. Da ist von Seepferdchen und Seekatzen, von Seeigeln, Meeresschildkröten, Tinten- und Steinfischen die Rede. Alle reden durcheinander und sind ganz entzückt von den Gefahren des Meeres. Michael weiß: „Ein ganz gefährlicher Seeigel kann sogar Menschen töten, weil er giftige Stacheln hat!“ – „Nein“, meint der 14-jährige Samuel, „das ist der Steinfisch, den man kaum sieht, wenn er auf dem Grund liegt, der gefährlichste Fisch im Golf von Eilat.“ „Deshalb darf man auch nur mit Schuhen ins Wasser gehen“, fügt Anke hinzu. Ob die Seekatzen auch maunzen, kann Michael nicht bestätigen. „Da war das Glas dazwischen.“

Die Grundbotschaft von Merav Meros, deren Vater Aharon Meros als einer der leitenden Wissenschaftler den „Marine Park Eilat“ aufgebaut hat, ist, dass die Mitarbeiter sich mit den Meerestieren angefreundet haben. Als ich am späten Nachmittag noch einmal ins Unterwasserobservatorium komme, um zu den Berichten meiner Kinder einige Fotos zu machen, schmust sie demonstrativ mit einer glitschigen Meeresschildkröte. Die Zucht dieser Tiere im Bereich des Marine Parks von Eilat leistet einen entscheidenden Beitrag zum Fortbestand dieser bedrohten Tierart.

Die Kinder sind vor allem von den Tintenfischen beeindruckt. „Die sind fast so intelligent wie Hunde. Sie müssen immer irgendwas machen. Deshalb bekommen sie ihr Futter auch in einer zugeschraubten Glasflasche, die dann mit den langen Armen voller Saugnäpfe geöffnet – oder auch auf die Wärter zurückgeworfen wird, wenn das Mittagessen nicht schmeckt. Spätestens nach sechs bis acht Monaten werden die Tintenfische wieder ins Meer entlassen, sonst sterben sie vor Langeweile.“ Die evolutionäre Nähe zwischen Tintenfischen und Kindern ist unübersehbar.

Interessant ist auch, wie die Meerestiere sich vermehren. Die Tintenfischmutter legt 24.000 Eier, von denen dann aber nur zwei Jungtiere schlüpfen. Merav stellt Frau Tintenfisch ihren jungen Zuhörern als „beste Mutter des Meeres“ vor, weil „sie ein halbes Jahr nicht schläft oder frisst, bis die beiden Jungen geschlüpft sind“. Das eine ersetzt die Mutter, die infolge der Anstrengungen der Kinderstube meist stirbt, das andere den Vater, der von der „besten Mutter des Meeres“ gleich nach der Paarung aufgefressen wird – wenn ihm nicht ausnahmsweise einmal die Flucht gelingt.

Maren ist von den Seepferdchen begeistert, die ganz romantisch Schwänzchen haltend durch das Wasser schweben. Bei den Seepferdchen legen die Weibchen ihre Eier in den Bauch des Männchens, das dann die Beschwerden der Schwangerschaft auszutragen hat. Offensichtlich haben die Seepferdchenweibchen den Traum so mancher Menschenmutter erfolgreich verwirklicht.

Samuel findet schon eher bemerkenswert, dass eine Fischart ausschließlich als Weibchen zur Welt kommt. Erst wenn diese Fischkinder ausgewachsen sind, verwandelt sich das stärkste und größte innerhalb von wenigen Tagen zum Mann. Konkret bedeutet das, dass bei diesen Tieren wirklich nur der Mann wird, der das auch verdient hat – allerdings muss er dann auch seine Farbe von gelb-orange zu rosa wechseln.

„Fische werden erst richtig interessant, wenn man was über sie weiß. Wenn man nicht weiß, wie sie sind und was sie machen, sind sie langweilig, schwimmen halt nur so rum.“ Während ich durch die ausgedehnte Anlage des Marine-Parks von Eilat schlendere, zu dem auch noch eine multimediale Erlebnisshow gehört, überlege ich mir, dass an der Bemerkung unseres Ältesten schon etwas dran ist. Wenn man weiß, welche Mittel die Bewohner dieses blutrünstigen Paradieses im täglichen Überlebenskampf einsetzen, wie sie sich vermehren und bei alledem doch jeder auf jeden angewiesen ist, erschließt sich eine ganz neue Welt, die aber schon aufgrund ihrer Farben- und Formenvielfalt einzigartig und faszinierend ist.

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