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Antisemitismus-Konferenz in Brüssel – „Das Monster ist unter uns“

BRÜSSEL (inn) – Die zunächst abgesagte EU-Konferenz zum Antisemitismus in Europa hat am Donnerstag doch in Brüssel stattgefunden. Mehrere jüdische Organisationen betonten die gestiegenen antisemitischen Vorfälle in Europa.

Elie Wiesel, amerikanischer Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger rumänischer Abstammung, warnte davor, die Gefahren für jüdische Bürger in Europa klein zu reden. „Ich gehöre zu einer Gruppe, die Antennen hat, und wir haben Signale aufgefangen, die uns sagen: Seid wachsam“, so Wiesel. Mittlerweile berichteten die Medien fast täglich von Übergriffen – auf Synagogen, Friedhöfe oder jüdische Bürger. Der Oberrabbiner von Frankreich hatte vor einigen Monaten empfohlen, keine Kippa mehr öffentlich zu tragen, da die Gefahr eines Angriffs zu groß sei. Eben dieser Rabbiner sagte in Brüssel, er habe vor kurzem auf einer Straße mitten in Paris erstmals wieder seit dem Zweiten Weltkrieg den Satz gehört: „Tod den Juden“.

In Frankreich und den Niederlanden sind Juden immer öfter Beschimpfungen ausgesetzt, jüdische Einrichtungen werden Ziel von Gewalt. Der niederländische EU-Kommissar Frits Bolkestein sprach von einem „neuen Antisemitismus“, der sich in Europa im Windschatten des Nahost-Konflikts ausbreite. Nach einem Brandanschlag auf ein jüdisches Gymnasium in einem Pariser Vorort verurteilte Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac im November entschieden antisemitische Übergriffe.

Eine jüdische Schule in Brüssel untersagte seinen Schülern vor kurzem, einen nahegelegenen U-Bahnhof zu benutzen, weil muslimische Jugendliche dort wiederholt jüdische Schüler bedroht hatten.

Wiesel: „Niemand soll uns sagen, wie seien paranoid. Wir sind nur realistisch.“ Es seien nicht allein die Taten, die den neuen Antisemitismus in Europa formten, sondern auch die Worte, sagte Wiesel und nannte als Beispiel: „Bush gleich Hitler, Scharon gleich Hitler“, diese Schlagzeilen lese er überall in Europa. „Wenn es heißt: Bush gleich Hitler – heißt das dann nicht auch: Hitler war nur Bush?“ Der Friedensnobelpreisträger sagte, Antisemitismus habe es zwar immer und überall gegeben. Als eine zusammenhängende Bewegung sei er jedoch eine „europäische Krankheit“.

Die 28 Redner auf dieser Konferenz, die von der EU-Kommission, dem Europäischen Jüdischen Kongress (EJC) und der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) veranstaltet wurde, waren sich größtenteils einig: die Angst der Juden in Europa ist zurückgekehrt. Der Präsident des EJC, Cobi Benatoff, sagte: „Das Monster ist unter uns. Ich sehe mit Schrecken, dass jüdische Bürger in Europa heute kein normales Leben führen können“ und forderte die Gründung eines Ausschusses aus Vertretern der EU-Kommussion und des EJC, der die Entwicklung des Antisemitismus in Europa überwachen soll.

Die Konferenz war zuvor abgesagt worden, nachdem eine Umfrage ergeben hatte, 59 Prozent der europäischen Bürger sähen in Israel eine Bedrohung des Weltfriedens und eine weitere Studie zum europäischen Antisemitismus von der EU-Kommission zurückgehalten worden war.

Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte: „Es ist gut, dass die EU-Kommission diese Veranstaltung ausrichtet. Und es ist erschütternd, dass eine solche Veranstaltung im neuen Europa notwendig ist“. Er warnte vor Antisemitismus, der sich hinter vorgeblich gerechtfertigter Kritik an Israel verberge. Die israelische Regierung dürfe kritisiert werden wie jede andere auch. Aber das Existenzrecht Israels dürfe nicht in Frage gestellt werden. EU-Kommissionschef Romano Prodi kommentierte das Problem mit den Worten: „Der Zivilisationsgrad einer Gesellschaft lässt sich daran ablesen, wie sie ihre Minderheiten behandelt“.

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