JERUSALEM (inn) – Der Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hisbolla rückt immer näher. Am Mittwochmorgen startete die israelische Delegation mit einem Flugzeug der israelischen Luftwaffe von Tel Aviv nach Deutschland – auf einem Militärflughafen sollen am Donnerstag der im Oktober 2000 entführte Geschäftsmann Elhanan Tennenbaum und die Leichen der drei von der Hisbolla entführten Soldaten Adi Avitan, Benny Avraham und Omar Sawajed übergeben werden.
Israelische Sicherheitsexperten bezeichneten den heute in seine entscheidende Phase gehenden Gefangenenaustausch als „logistisch äußerst kompliziert“. So sollen am Donnerstag zeitgleich ein deutsches Flugzeug vom Ben Gurion Flughafen und aus Beirut zu dem vereinbarten Stützpunkt nach Deutschland starten. Die erste Maschine bringt rund 30 libanesische Gefangene zu dem deutschen Militärflughafen, die an die Hisbolla übergeben werden sollen. In der zweiten Maschine, die von Beirut aus startet, sollen Elhanan Tannenbaum und die drei für tot erklärten israelischen Soldaten zum Übergabeort gebracht werden.
Zur israelischen Delegation, die die Authentizität der israelischen Gefangenen überprüfen soll, gehören neben ranghohen israelischen Militärs auch der Leiter des Forensischen Instituts in Tel Aviv, Jehuda Hiss, und der Oberrabbiner der israelischen Armee, Rabbi Jisrael Weiss, der der Delegation vorsteht.
Sobald die Maschine aus Beirut am Donnerstag in Deutschland gelandet ist, sollen durch Fingerabdrücke, DNA-Tests, Zahnuntersuchungen und Röntgenaufnahmen die Identitäten der israelischen Soldaten überprüft werden. Erst, nachdem diese geklärt sind, werden die rund 30 gefangenen Libanesen der Hisbolla übergeben. Zudem sollen rund 400 in Israel inhaftierte Palästinenser und Terroristen freigelassen werden, darunter auch der Deutsche Steven Smyrek. Dieser war zum Islam konvertiert und hatte ein Selbstmordattentat in Israel geplant.
Ebenfalls am Mittwochmorgen bereiten Mitarbeiter des Roten Kreuzes und der deutsche Vermittler Ernst Uhrlau den Gefangenenaustausch in Israel und dem Libanon vor. Uhrlau, der die Verhandlungen zwischen Israel und der Hisbolla in den vergangenen Monaten koordiniert hatte, überprüft am Mittwoch in einem israelischen Gefängnis die 30 Libanesen, die im Rahmen des Austausches am Donnerstag nach Deutschland gebracht werden sollen. Gleichzeitig besuchen weitere Mitarbeiter den in einem Gefängnis der Hisbollah inhaftierten israelischen Geschäftsmann Tennenbaum und bereiten ihn auf den Austausch vor. Zudem sollen den Mitarbeitern die Leichen der drei israelischen Soldaten gezeigt werden.
Über den Gesundheitszustand Tennenbaums war in der Vergangenheit immer wieder spekuliert worden. Die Hisbolla („Partei Allahs“) hatte den Israeli Anfang Oktober 2000 in den Libanon verschleppt. Acht Tage vor der Entführung Tennenbaums waren zudem die drei Soldaten Adi Avitan, Benny Avraham und Omar Sawajed von der Hisbolla in den Libanon entführt und vermutlich ermordet worden.
Auch wenn sich die Ungewissheit der Schicksale von Tennenbaum und den Soldaten Avitan, Avraham und Souad am morgigen Donnerstag legen könnte, so trauert Israel noch immer um den vermissten israelischen Navigator Ron Arad. Dieser war am 16. Oktober 1986 mit seinem Phantom-Kampfflieger (F4) bei Sidon abgestürzt und in Gefangenschaft der islamistischen Hisbolla geraten. Bis heute gibt es keine Informationen über dessen Schicksal. Doch die Übergabe Arads aus den Händen der Islamisten steht für die israelische Regierung noch immer auf dem Programm. „Für die Freilassung Arads sind wir bereit, jeden Preis zu zahlen“, sagte Israels Staatspräsident Mosche Katzav.