BRÜSSEL (inn) – Der Vorsitzende der EU-Kommission, Romano Prodi, hat die Vorbereitungen für ein im nächsten Monat geplantes Antisemitismus-Seminar mit jüdischen Organisationen abgesagt. Als Grund gab er einen Brief jüdischer Verbände an, in dem diese die EU-Kommission stark kritisiert hatten.
In dem am Montag veröffentlichten Brief an die „Financial Times“ hatten führende jüdische Verbände der Kommission vorgeworfen, durch ihr „Tun und Unterlassen“ den Antisemitismus in Europa zu fördern. Unter anderem wurde die Fragestellung einer kürzlich veröffentlichten Umfrage kritisiert, die zu dem Ergebnis geführt habe, dass die Mehrheit der EU-Bürger Israel als größte Bedrohung für den Weltfrieden sahen.
Zudem wurde kritisiert, dass die EU-Kommission eine Antisemitismus-Studie zurückhält. Die Untersuchung hatte ergeben, dass es einen „Trend zum moslemischen Antisemitismus gibt“.
Wegen dieser Vorfälle kriselt es seit einigen Monaten zwischen den jüdischen Verbänden und der EU-Kommission. Um die Stimmung zu entschärfen, sollte das Antisemitismus-Seminar stattfinden.
Prodi teilte nach Bekanntwerden des Briefes jedoch mit, dass die Kommission das Seminar absagen werde. Er sei „überrascht und geschockt“ über die Anschuldigungen.
Die Vertreter der jüdischen Verbände zeigten sich überrascht über die Reaktion aus Brüssel, da in dem Brief „nichts Neues“ gestanden habe.
Italiens Außenminister Franco Frattini bezeichnete die Reaktion Prodis als „kindisch“. Er schlug vor, das Seminar in Italien abzuhalten.