Auf einer Pressekonferenz am Dienstag nahm Humana-Direktor Albert Grosse Frie frühere Behauptungen zurück, nach eigenen Tests habe die Babymilch sehr wohl das lebenswichtige Vitamin B-1 enthalten. Außerdem sei die Milch nicht ausreichend getestet worden, bevor sie nach Israel geliefert wurde, so der Direktor.
Hintergrund für die im März durchgeführte Änderung des Rezeptes ist laut der Zeitung "Ha´aretz" eine Anordnung des israelischen Verkäufers Remedia. Früher gab es zwei unterschiedliche Versionen der Babymilch: eine für Babys im Alter bis sechs Monaten, und eine für Babys zwischen sechs und zwölf Monaten. Das neue Rezept vereine beide Produkte und enthalte insgesamt weniger Fett. Da die Remedia-Babymilch damals sehr viel an Vitamin B-1 enthielt und ein Überschuß gesundheitsschädlich ist, senkte man den Gehalt auf 385 Mikrogramm pro 100 Gramm. Dies hätte dem internationalen Standard entsprochen. Leider habe man diese Grenze bei Humana jedoch aus Versehen weit unterschritten. Stattdessen waren nur zwischen 29 und 37 Mikrogramm pro 100 Gramm des Vitamins im Produkt.
Dr. Dorit Nitzan-Klosky vom israelischen Gesundheitsministerium klagt an, Remedia habe sich ebenso schuldig gemacht, als es den Fettgehalt des Produktes änderte, ohne dies offiziell anzumelden. Anschuldigungen gegen das Ministerium selbst wies dessen Direktor, Boas Lev, hingegen gegenüber dem israelischen Rundfunk zurück: "Wir sprechen hier von einer Täuschung und einem Verbrechen. Selbst wenn unser System, welches das strengste in der Welt ist, über Millionen Polizisten und Millionen Inspektoren verfügte, hätte es das nicht aufdecken können", sagte er.
Remedia-Chef Mosche Miller formulierte indes seine Anteilnahme: "Ich habe keine Worte für die Größe meines Schmerzes und meiner Trauer für die betroffenen Familien." Ein Anwalt von Remedia sagte am Mittwoch, man wolle sich zwar nicht vor der Verantwortung drücken, aber die deutsche Firma Humana sei letztenendes an die Auflagen der EU-Gesetze gebunden, was die erforderliche Menge an Vitamin B-1 angehe.
Ein am Montagabend vom israelischen "Channel 10" im Fernsehen ausgestrahltes Telefongespräch hatte für zusätzlichen Wirbel gesorgt. Darin verdächtigt Remedia-Vertreter Gidi Landsberger gegenüber dem Gesundheitsministerium den Vitaminilieferanten der Israelfeindlichkeit. Wie n-tv-Korrespondent Ulrich Sahm berichtet, habe Humana der nach Herford gereisten Delegation gesagt, man habe den Zusatz von Vitamin B-1 nicht für nötig gehalten, da es ohnehin in den Sojabohnen enthalten sei. Eine entsprechende Weisung, das Vitamin herauszunehmen, ging an den Vitaminzulieferer. Der Name des Vitaminherstellers ist bislang unbekannt.
Experten weisen jedoch darauf hin, daß dieses Vitamin sich bei der Verarbeitung der Bohnen unter Hitze verflüchtigt und eine künstliche Beifügung des Vitamins daher unerläßlich ist. Ein Mangel an Vitamin B-1 für mehr als 18 Tage verursacht irreparable Schäden am Nervensystem. Aufgrund des Mangels an diesem Vitamin in israelischer Babynahrung sind mindestens 15 israelische Babys erkrankt, drei starben. Wahrscheinlich wurde die Milch 5.000 Kindern in den vergangenen sechs Monaten verabreicht.