JERUSALEM (inn) – Yad Vashem in Jerusalem ist mit zahlreichen Dokumenten, Zeugnissen und Büchern die weltweit umfassendste Shoa-Gedenkstätte. In diesen Tagen feiert sie ihr 50jähriges Bestehen.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten wurden am Dienstag offiziell eröffnet. Viele Shoa-Überlebende und „Gerechte unter den Völkern“ – Nichtjuden, die während des Dritten Reiches Juden geholfen hatten – nahmen an der Zeremonie teil. Israels Präsident Moshe Katzav unterstrich in seiner Ansprache die Bedeutung der Gedenkstätte als ein Bollwerk gegen diejenigen, die die Shoa leugnen oder ihre Ausmaße nicht korrekt angeben.
Premierminister Ariel Sharon sagte, Israel habe versprochen, die Last der Erinnerung an die Shoa zu tragen und andere darauf aufmerksam zu machen – also „niemals zu vergessen und niemals zuzulassen, daß die Welt vergißt“. Nach der Shoa sei den Juden nur noch eine einzige Hoffnung geblieben – sich den Menschen anzuschließen, die letztlich den Staat Israel gründeten und die Würde wiederherstellten, die von den Nazis zertrampelt und fast ausgelöscht worden war.
Der Vorsitzende des Yad Vashem-Rates, Szewach Weiss, erinnerte an die ermordeten Mitglieder seiner eigenen Familie und an Millionen von anderen Juden, die davon geträumt hatten, in das jüdische Heimatland zu gelangen, ohne daß dies verwirklicht werden konnte. Die Shoa bezeichnet Weiss als „Zusammenbruch aller menschlichen Werte“.
Während der Zeremonie wurden Bilder von jüdischen Erwachsenen und Kindern in allen möglichen Lebenssituationen auf riesige Leinwände projiziert. Sie sollten die Teilnehmer an eine verschwundene Welt und ihre einstigen Bewohner erinnern.
Am Mittwoch unterzeichneten Katzav und zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus verschiedenen Staaten im Beit HaNassi (Haus des Präsidenten) in Jerusalem eine Erklärung, in der sie sich dazu verpflichteten, das Gedenken an die Shoa zu bewahren. Sie enthält die Hoffnung, daß die Welt gegen jegliche Form von Rassismus und Antisemitismus kämpfen wird.
Die Idee zur Einrichtung der Gedenkstätte entstand noch während des Zweiten Weltkrieges, als erste Berichte von grausamen Morden und der Zerstörung fast aller jüdischen Gemeinden in Europa das damalige britische Mandatsgebiet Palästina erreichten. Einer der wichtigsten Verfechter des Vorhabens war Mordechai Shenhavi aus dem Kibbutz Mishmar HaEmek. Er fand den Namen für die Gedenkstätte im biblischen Buch Jesaja. Dort kündigt Gott an: „Ich will ihnen in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal und einen Namen (Yad Vashem) geben… einen ewigen Namen will ich ihnen geben, der nicht vergehen soll.“ (Jesaja Kapitel 56 Vers 5)
Im Jahr 1953 verabschiedete die Knesset das Yad Vashem-Gesetz. Das Museum bekam die Aufgabe, Informationen über alle Juden zu sammeln, die umgekommen waren oder gegen die Nazis gekämpft hatten. Zudem sollte es die Erinnerung an die zerstörten jüdischen Gemeinden bewahren. In Anerkennung der Taten der „Gerechten unter den Völkern“ wurde die „Allee der Gerechten“ gepflanzt. Dort erinnern mehr als 19.000 Bäume an mutige Menschen, die sich von der antisemitischen Ideologie der Nazis nicht anstecken ließen. Zu ihnen gehörten beispielsweise Oskar und Emilie Schindler oder die Niederländerin Corrie ten Boom.
Die Archive in Yad Vashem enthalten fast 60 Millionen Seiten mit Dokumenten in 40 Sprachen, 260.000 Fotos und 40.000 Zeugnisse, die schriftlich oder auf Video festgehalten sind. In der Bibliothek finden sich 88.000 Titel, die sich mit der Shoa beschäftigen.
Seit ihrer Gründung haben zahlreiche Politiker aus verschiedenen Staaten die Gedenkstätte besucht, darunter der ehemalige ägyptische Päsident Anwar el-Sadat. 1994 schrieb Ägyptens damaliger Außenminister Amir Moussa in das Gästebuch: „Der Besuch hat schlechte Erinnerungen an die in der Vergangenheit gegen Menschen verübten Grausamkeiten bis hin zur Ermordung geweckt, die auf abscheulichen rassischen Gefühlen basierten. Ich hoffe nur, daß die Zukunft nie mehr zulassen wird, daß dies wieder geschieht… irgendeiner Nation, irgendeinem Volk oder irgendwelchen Kindern.“