Nonne in Eisenringen

In einem byzantinischen Kloster entdecken Archäologen ein weibliches Skelett in Eisenketten. Dieser Fund bringt neue Erkenntnisse über asketische Formen im frühen Christentum.
Von Israelnetz

JERUSALEM (inn) – Bei Ausgrabungen nahe Jerusalem haben Forscher der Israelischen Altertumsbehörde das Skelett einer Frau gefunden, um deren Arme, Beine und Hals schwere Eisenringe gelegt waren. Verbunden waren sie mit Eisenplatten auf dem Bauch.

Das Grab der Frau befand sich in einem byzantinischen Kloster aus dem 4. bis 7. Jahrhundert nach Christus, direkt unter dem Altar. Wahrscheinlich beherbergte das Kloster Pilger auf dem Weg nach Jerusalem. Sein Alter konnte anhand von Münzen und anderen Artefakten bestimmt werden.

Die Forscher gehen davon aus, dass es sich bei der Frau um eine Nonne handelt. Die schweren Ringe und Eisenplatten trug sie demnach freiwillig – zur Selbstkasteiung. Dieses Phänomen ist für byzantinische Mönche durch historische Quellen und archäologische Funde belegt. Die Entdeckung der Israelischen Altertumsbehörde ist nun der erste physische Beweis dafür, dass auch Nonnen diese extreme Form der Askese praktizierten.

Foto: Israelische Altertumsbehörde, Facebook
Ausgrabungsleiter Subair Adawi bei der Freilegung der Nonne

Neben dem Grab der Nonne befanden sich noch zwei weitere Gräber mit Skeletten von Männern, Frauen und Kindern. Dass die Nonne ein Einzelgrab erhielt, sei eine Ehre, die nur besonderen Personen zuteilwurde, schrieb die Israelische Altertumsbehörde in einer Mitteilung vom vergangenen Montag.

Spirituelle Höhenflüge

Das Phänomen der Selbstkasteiung oder auch -geißelung umfasste nicht nur das Tragen von Eisenringen. Dazu gehörten auch Schlafentzug, das Einsperren in engen Räumen oder gar Käfigen, um jede Bewegung zu unterbinden, und lange Fastenperioden. Manche Mönche warfen sich sogar ins Feuer oder vor Raubtiere. Die Peinigung des eigenen Körpers sollte der Erhebung der Seele dienen. (maw)

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5 Antworten

  1. Das ist ein toller Bericht. Von Selbstkasteiung hab ich schon viel gelesen. Hildegard von Bingen hat das unter anderem in ihrem Kloster abgeschafft. Was man alles so gemacht hat!🥴 Verrückt. Dabei braucht man sich doch nur an die Bibel halten. Eigentlich ganz einfach. Ganz ohne Schmerzen. Aber wahnsinnig interessant. Vielen Dank für diesen Bericht liebes Team von Israelnetz!👍👍

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    1. Das ist religiöser Eifer, oder besser gesagt: Großer Ehrgeiz! Kein Mensch hängt sich „freiwillig“ Eisenplatten um, es sei denn, der zu erwartende Lohn ist groß genug.

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  2. Guter Bericht! Ein Blick in die Weltgeschichte, als der Mensch noch ein ganz anderes Selbstverständnis hatte. Heute sind die meisten an Selbstverwirklichung/ Privatautonomie interessiert, zu dieser Zeit war ganz sicher der religiöse Weg maßgeblich.
    Wenn ich Artikel über frühgeschichtliche, religiöse Lebenspraktiken lese, schwingt immer ein Gefühl von innerer Abgrenzung mit. So als würde man für sich selbst definieren, bis wohin etwas aus eigener Sicht noch spirituell akzeptabel sein könnte und wo aus heutiger Sicht der Wahnsinn anfängt. Bei diesem Grab ist es bei mir eine Mischung. Selbstkasteiung, besonders Fasten, ist als Verzicht auf Lebensgenuss sicher spirituell fördernd. Diese Eisen und Eisenplatten stellen m. E. alles wieder auf eine archaische, nicht spirituelle Stufe. Es ist wahrscheinlich der einfachen Vorstellung geschuldet, dass das, was man im Diesseits freiwillig preisgibt, man im Jenseits doppelt wieder an Lohn bekommt.

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    1. Bestimmte Formen der Askese können (zeitlich begrenzt) dem geistlichen Leben dienlich sein, weil man zum einen eine Sättigung des inneren Menschen viel stärker von Gott erwartet.

      Zum anderen ist man, wenn man zB Fasten als geistliche Übung oder begleitend zum Gebet praktiziert, viel offener für Gottes Geist und was der einem zu sagen hat. Das Absenkende und „Betäubende“ was man mit Genuss erreichen kann, ist dann nicht mehr als Puffer dazwischen.
      Vor wichtigen Ereignissen oder als Ausdruck der Buße zu fasten ist schon eine Tradition.
      Wer jedoch meint, Fasten sei Pflicht und man könne auf diese Art für Gott etwas leisten und fühlt sich sogar noch richtig „gut“ und setzt auf Leistung statt auf Gnade, liegt nach meinem Verständnis verkehrt.
      Das was diese Nonne getan hat, ist in meinen Augen eine ziemlich krasse und unnötige und auch gefährliche Form, christlichen Glauben zu „leben“.
      Ich hoffe, sie hat dennoch Gottes Gnade erfahren dürfen, nach ihrem Tod.

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  3. Es heißt, daß eines der Motti bei OPUS DEI lautet ,,Schmerz reinigt und adelt “
    Also,ich weiß nicht……………SHALOM ALEJCHEM

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