GAZA / JERUSALEM (inn) – Die Hamas hat am Samstag zwei Geiseln gezwungen, die Freilassung dreier entführter Israelis vor Ort mitzuerleben. Guy Gilboa-Dalal und Evjatar David saßen während der Propagandashow in einem Fahrzeug der Terrorgruppe nahe der Bühne in Nuseirat.
Die Hamas veröffentlichte ein Video, in dem die beiden auf Hebräisch um Rettung flehen. Evjatar David sagt beim Anblick von Omer Wenkert, Omer Schem-Tov und Elia Cohen: „Bitte, rettet uns. Bitte, holt uns nach Hause.“ Guy Gilboa-Dalal fleht: „Bitte, ich möchte einfach nur nach Hause. Ich bitte darum, ich bitte darum.“ Sie kritisieren den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu (Likud) und fordern die Demonstranten auf, ihre Proteste in Israel fortzusetzen. Militärischer Druck sei keine Lösung.
Nach Einschätzung der israelischen Zeitung „Yediot Aharonot“ haben die Terroristen den Geiseln vorgeschrieben, was sie zu sagen haben. Der Vater Avischai David sagte zum ersten Lebenszeichen seines Sohnes seit einem Jahr: „Ich habe das Video mit gemischten Gefühlen gesehen. Sie flehen um ihr Leben – es ist herzzerreißend.“
Die beiden jungen Männer sind beste Freunde. Sie wurden am 7. Oktober 2023 zusammen vom Nova-Musikfestival entführt. Ihre Namen finden sich nicht auf der Liste derjenigen, die in der ersten Phase des Deals mit der Hamas freikommen sollen.
Erzwungene Küsse
Omer Schem-Tov indes wurde auf der Bühne gezwungen, zwei Terroristen auf die Stirn zu küssen. Die Hamas-nahe Website „Days of Palestine“ schreibt dazu: „In einem bemerkenswerten Moment küsste ein Gefangener, bevor er übergeben wurde, zwei Al-Qassam-Kämpfern die Köpfe. Er enthüllte, dass seine Vorfahren aus ihm unbekannten Gründen aus Marokko und der Türkei nach Palästina ausgewandert waren. Er folgerte: ‚Jeder sollte in sein Heimatland zurückkehren.‘“
Das Bild sei „ein starkes Symbol mit tiefen politischen, humanitären und medienrelevanten Bedeutungen“ geworden: „Jahrelang hat Israel in den Medien den palästinensischen Widerstand als grausam und unmenschlich gegenüber Gefangenen dargestellt. Doch dieses einzelne Bild hat jene Behauptungen umgekehrt. Es zeigt, wie der israelische Häftling spontane Dankbarkeit gegenüber seinen Wächtern ausdrückt.“ Israel reagierte entsetzt auf das Propagandavideo.
Doch die Freilassung bietet auch Gelegenheit für ein wenig Humor. Die Mutter von Omer Wenkert, Niva, erzählte: „Direkt nach unserer ersten Umarmung am Re’im-Stützpunkt, als das Weinen und die Aufregung sich beruhigt hatten, sagte Omer: ‚Warte, Mama, ich habe dir ein Geschenk aus dem Duty-Free-Laden mitgebracht.‘ Und er zog das Halva heraus, das er auf dem Weg von Gaza zum Stützpunkt erhalten hatte.“ Halva ist eine orientalische Süßigkeit.
Trauer um Schiri, Ariel und Kfir Bibas
In tiefer Trauer befindet sich derweil die Familie Bibas: Der Vater Jarden Bibas wurde am 1. Februar freigelassen. Am Donnerstag übergab die Hamas im Rahmen des Abkommens vier Särge an das Internationale Rote Kreuz. Drei Leichen wurden als der 84-jährige Oded Lifschiz und die Kinder Ariel und Kfir Bibas identifiziert. Der vierte Sarg enthielt eine Palästinenserin. Wer sie ist und wie sie zu Tode kam, ist nicht bekannt.
Nach israelischem Protest übergab die Hamas in der Nacht zu Samstag einen weiteren Leichnam, diesmal ohne „Zeremonie“. Als der Konvoi mit dem Sarg gegen 2 Uhr morgens von Gazastreifen zum rechtsmedizinischen Institut fuhr, zollten Israelis am Straßenrand Schiri Bibas Respekt. Wenige Stunden später teilte der Kibbuz Nir Os mit, dass es sich diesmal wirklich um die Geisel handelte.
Terroristen wollten Mord vertuschen
Nach Angaben der Rechtsmediziner wurde Schiri Bibas mit ihren Söhnen im November 2023 brutal ermordet. Armeesprecher Daniel Hagari hatte am Freitag mitgeteilt, der vierjährige Ariel und der zehn Monate alte Kfir seien „kaltblütig“ mit bloßen Händen getötet worden. Danach hätten Terroristen grauenhafte Taten an den Leichen begangen, um die Morde zu vertuschen. Die Hamas behauptete, die drei seien bei einem israelischen Luftschlag umgekommen.
Jarden Bibas hat zugestimmt, die Information über die Todesumstände seiner Familie publik zu machen. Er wollte, dass die Welt erfährt, wie grausam die Hamas ist.
Familie Bibas erklärte am Samstag: „Letzte Nacht wurde unsere Schiri nach Hause zurückgebracht. Wir erhielten die Nachricht, die wir befürchtet hatten. Trotz unserer Sorgen um ihr Schicksal hofften wir weiter, dass wir sie eines Tages umarmen könnten. Jetzt haben wir gebrochene Herzen und sind erschüttert.“
Freilassung palästinensischer Häftlinge ausgesetzt
Israel vertagte am Samstag die geplante Freilassung von 602 palästinensischen Sicherheitshäftlingen. Sie sollen erst freikommen, wenn die Hamas sich verpflichtet, bei der Übergabe von Geiseln ans Rote Kreuz keine Propagandashows mehr abzuhalten. Die Terrorgruppe kündigte daraufhin an, die Gespräche über die weiteren Phasen des Deals auszusetzen. Die erste Phase endet planmäßig am Donnerstag mit der Herausgabe von vier weiteren toten Geiseln.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington, Brian Hughes, erklärte am Sonntag, die USA unterstützen Israels Entscheidung. Die Verzögerung sei eine „angemessene Antwort“ auf die Misshandlung israelischer Häftlinge durch die Hamas sowie die Zur-Schau-Stellung der Särge von Ariel und Kfir.
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Am Samstagabend wurden die Bahnhöfe in Be’er Scheva und Tel Aviv im Gedenken an die vier ermordeten Geiseln orange angestrahlt. Dies erinnert an die Haarfarbe der beiden Jungen. Digitale Botschaften erinnerten an allen israelischen Bahnhöfen an die Mordopfer.
Beerdigung am Mittwoch
Schiri, Ariel und Kfir Bibas sollen Mittwoch mit einer privaten Zeremonie in Sohar bei Nir Os beerdigt werden. Dies gab die Familie am Montag bekannt. Sie werde aber die Route für die Prozession veröffentlichen, damit die Bevölkerung Abschied nehmen könne.
In Sozialen Medien schrieben die Angehörigen: „Die warme Umarmung, die Liebe und Stärke, die Ihr uns aus ganz Israel und der Welt habt zukommen lassen, stärken und begleiten uns während dieser Augenblicke der Krise. Uns ist bewusst, dass viele von Euch hier sein wollen, um Euren Respekt zu bekunden, Eure Liebe auszudrücken und Euch gemeinsam mit uns zu verabschieden.“ Sie wollten versuchen, dass Nachrufe live übertragen werden.
Fünfjähriger Spielkamerad vermisst Ariel
Für Rührung sorgte Jamit Avissal aus Nir Os am Samstag. Ihr fünfjähriger Sohn Joav war mit Ariel befreundet. Er habe Schwierigkeiten, zu verstehen, dass Ariel nicht zurückkomme, erzählte sie bei einem Treffen von Kibbuzmitgliedern: „Joav sagte, dass sie Ariel vielleicht so gern mochten, weil er so lustig ist, dass es den Terroristen schwerfiel, ihn gehen zu lassen. Ich musste Joav erklären, dass jemand, der stirbt, nicht ins Leben zurückkehrt.“
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Zuvor hatte Joav sie gebeten, einen Brief an Ariel zu schreiben. Den sollte die Kindergärtnerin ihm geben, wenn er zurückkomme: „Für Ariel von Joav. Ich möchte Dir Batman malen, und alle Helden, die fliegen, damit Du Lust hast, über Gaza zu fliegen und mit Pfeil und Bogen gegen die Bösen zu kämpfen. Und dann wirst Du zu uns nach Hadera kommen und bei uns im Kindergarten sein. Ich hoffe, dass Du Dir Süßigkeiten und einen Umhang kaufen wirst. Ich vermisse Dich.“ Ariel war ein Fan der Zeichentrickfigur Batman. (eh)
4 Antworten
Es ist brutal herzzerreißend. Das Unfassbare ist, dass gerade in der BRD nach der Shoa auf der Strasse, an Unis, pro Hamas – Bestien demonstriert wird. H’RR, halte Dein Volk. Shalom
Ja, das ist es, brutal herzzereissend. Die zwei Geiseln, die bei der Entlassung der Kameraden zuschauen mussten, die Familie Bibas, ein einziges Dilemma! Ich habe ein Video von Ariel gesehen, in dem er mit Batman-Umhang durch den Kibuzz flitzt. 😥
OT: Nethanjahu hat Merz zur Wahl gratuliert. Ob er es besser macht? Viele Wahlversprechen sind nicht so einfach umsetzbar.🙏 Zumindest sagte Merz, er würde Nethanjahu nicht ausliefern. Ob er das umsetzen kann? Ich bete für dein Land, Am Israel chai, und auch für unseres.
Fünfjähriger Spielkamerad vermisst Ariel. Wir vermissen ihn auch und wir hoffen, dass die Hamas-Mörder die gerechte Strafe bekommen, die Todesstrafe.
Gott spricht, wer mein Volk antastet , der tastet meinen Augapfel an. Das ist mein Trost.