Das Konstrukt „Deutsch-israelische Beziehungen“ mit Leben füllen – das wollen die Herausgeberinnen eines Buches mit dem Titel: „Ich sehe was, was Du nicht siehst“. Darin äußern sich Prominente aus Deutschland und Israel zu beiden Ländern. Hinter dem Buch steckt die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KiGA). Der Untertitel lautet: „Deutschland. Israel. Einblicke.“.
Die Herausgeberinnen Alexandra Nocke und Teresa Schäfer schreiben im Vorwort, aus Israel hätten sie für das Projekt vor allem Zusagen erhalten, aus Deutschland vor allem Absagen. Das passt aus ihrer Sicht zu den Reisen ins jeweilige andere Land: Während nur 7 Prozent der Deutschen Israel besucht haben, waren 40 Prozent der Israelis bereits in Deutschland.
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Trotz der Schwierigkeiten bei der Suche nach Interviewpartnern ist am Ende eine bunte Mischung von Autoren aus Kultur, Politik und Gesellschaft entstanden. Die Gespräche wurden über einen Zeitraum von mehreren Jahren geführt, weil unter anderem die Corona-Pandemie die Arbeit bremste. Ein Teil der Interviewpartner hat nach dem Terrormassaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 einen Nachtrag hinzugefügt, oder die Herausgeberinnen entnahmen einen solchen Text anderen Medien. In zwei Fällen wurde der ursprüngliche Beitrag auf Wunsch der Autoren ersetzt.
Deutsche und Israelis sollten zwei Fragen beantworten: „Woran denkst Du, wenn Du an Israel denkst? Woran denkst Du, wenn Du an Deutschland denkst?“ Diese Fragen finden sich auf der Titelseite. Der eigentliche Titel „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ steht hingegen nur auf dem Buchrücken. Die Interviews wurden auf Deutsch, Englisch und auch Hebräisch geführt. Übersetzt haben Teresa Schäfer und Jörg Häntzschel.
Private Erlebnisse und Politik
Zwei Interviewte sind vor Erscheinen des Buches verstorben: der Friedensaktivist Uri Avnery (1923–2018) und der stellvertretende Generalstaatsanwalt im Prozess gegen Adolf Eichmann, Gabriel Bach (1927–2022). In Bachs Fall hat seine Tochter Orli nach dem 7. Oktober einen Nachtrag „im Sinne ihres Vaters“ geliefert.
Das Buch setzt sich aus Momentaufnahmen zusammen. Manche Prominente sprechen vor allem über Politik, andere stellen private Eindrücke in den Mittelpunkt. Moderator Günther Jauch erzählt von seinen Begegnungen mit deutschstämmigen Juden in Tel Aviv, die ihn von „Wer wird Millionär?“ auf der Straße erkannten – das geschehe in Israel öfter als in anderen Ländern.
Der deutsche Sportmoderator Marcel Reif kommt ebenso zu Wort wie der israelische Mentalist Uri Geller. Rapper Ben Salomo und Pianist Igor Levit sowie der israelische Schriftsteller Tomer Gardi steuern Einblicke aus der Kulturszene bei. Weitere Interviewpartner sind der ehemalige ARD-Korrespondent in Tel Aviv, Richard C. Schneider, und der Investigativjournalist Günter Wallraff.
Aus der sowjetischen Haft nach Israel
Solidarität mit Israel spiegelt sich in den Beiträgen deutscher Politiker: Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Dorothee Bär (CSU), Kevin Kühnert (SPD), Petra Pau (Linke), Joe Chialo (CDU) und Katrin Göring-Eckart (Grüne).
Auch der frühere israelische Botschafter in Berlin, Shimon Stein, und der ehemalige israelische Minister Natan Scharanski, äußern sich in dem Buch. Letzterer beschreibt unter anderem seine Entlassung aus neunjähriger sowjetischer Haft – über Berlin kam er 1986 nach Israel.
Fotos, die die 35 Gesprächspartner ausgewählt haben, lockern das Buch auf. Allerdings gibt es Bilder auch im Vorwort, wo sie eher den Lesefluss stören und etwas willkürlich wirken. Zwischen den Seiten der Schlussbemerkungen finden sich Aufnahmen von Plakaten und Stickern aus Berlin, die pro- oder anti-israelische Slogans enthalten. Sie bringen eine weitere interessante Perspektive in die Thematik ein. Interessierte können das Buch kostenlos bei der KIgA bestellen.
Alexandra Nocke und Teresa Schäfer (Hg.): „Ich sehe was, was du nicht siehst. Deutschland. Israel. Einblicke.“, KIgA, 224 Seiten, 0 Euro, ISBN 978-3-947155-12-5
Eine Antwort
Deutsch-Israelische Momentaufnahmen sind klasse !
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Deutschland sich zu einem besseren Verhältnis zu Israel wandelt.