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Der Untergang von Weltreichen und der Aufstieg des Reiches Israel

Die Reiche des Alten Orients erlebten ab dem 12. vorchristlichen Jahrhundert einen Untergang. In diese Zeit fällt aber auch die Gründung des Reiches Israel. Der Archäologe Eric H. Cline fragt, wie resilient die bronzezeitlichen Reiche waren, die auch in der Bibel erwähnt werden.
Von Jörn Schumacher

In seinem Vorgänger-Buch „1177 v. Chr.“ zeigte der amerikanische Altertumswissenschaftler Eric H. Cline die Ursachen für den Zusammenbruch im Ostmittelmeerraum am Ende der Bronzezeit vor über 3.000 Jahren auf. Sein Buch aus dem Jahr 2015 wurde ein internationaler Bestseller und sogar für einen Pulitzerpreis vorgeschlagen. Er beschreibt darin anschaulich das Leben der Menschen in den damaligen „G8“: Mykener, Minoer, Hethiter, Zyprer, Kanaaniter, Ägypter, Assyrer und Babylonier. Völker, die einem Bibel-Leser bekannt vorkommen könnten.

Es gab nicht die eine Ursache für den großen Untergang, es war vielmehr ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, wie Cline zeigt. Klimawandel, Dürre, Hungersnöte, Erdbeben, Invasionen und Seuchen. Ein „globalisiertes Netzwerk“ von mehreren Völkern zerbrach daraufhin, und damit eine Gesellschaft, die auf diese Wechselbeziehungen angewiesen war. Im titelgebenden Jahr 1177 vor Christus standen die ersten großen Zivilisationen unserer Menschheit vor dem Untergang. Marodierende Seevölker bedrohten Ägypten unter König Ramses III. Und „wie Dominosteine“ fielen die ehemals großen Reiche jener Zeit.

In seinem neuen Buch „Nach 1177 v. Chr.“ zeigt Cline, dass sich Kanaan zum größten Teil unter ägyptischer Herrschaft befand und die Ägypter wiederum mit Auftauchen der „Seevölker“ ab dem 12. Jahrhundert vor Christus nach und nach die Kontrolle über die Levante verloren. Es war die Zeit, ab der ein neues Volk in der Region auftauchte: die Israeliten. Auch wenn dies explizit kein Buch ausschließlich zu biblischer Archäologe ist, so lernt der Leser doch viel über diese Epoche des Wandels.

Es scheint fast so, als seien aus dem Schatten der vormals mächtigen Großreiche wie der Hethiter, Ägypter, Assyrer und Babylonier „eisenzeitliche Mikrostaaten von den Aramäerkönigreichen bis hin zu Israel und Juda“ hervorgetreten, schreibt Cline. Er ist Professor für Klassische Altertumswissenschaft und Anthropologie an der George-Washington-Universität in Washington, D.C. Er leitet das Archäologische Institut. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die Archäologie der Levante, biblische Archäologie, Militärgeschichte und die internationalen Beziehungen des Mittelmeerraums in der Bronzezeit.

Klimawandel in der Levante sorgte für dramatische Umbrüche

Entweder eine Gesellschaft zeigte sich resilient genug und bewältigte die Herausforderungen und passte sich an, oder sie ging unter, schreibt Cline. Der Historiker bindet im zweiten Teil seines Buches die aktuellen und bevorstehenden Krisen unserer modernen Gesellschaft mit ein, sein Schwerpunkt liegt dabei auf den IPCC-Klimaberichten.

In der Bronzezeit verringerte sich die Wassermenge des Nils. Denn der Niederschlag im Äthiopischen Hochland nahm ab. Die Folge waren im 12. Jahrhundert vor Christus Dürren, Nahrungsmittelknappheit und politische Machtkämpfe. Die Israeliten übernahmen den Großteil des ehemaligen altägyptischen Reiches in Kanaan, erklärt Cline, „nach Auseinandersetzungen mit den Philistern seit der Zeit des Israelitenkönigs Saul, aber auch noch unter David und dessen Sohn Salomo“.

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Die Israeliten seien zu dieser Zeit „einmalig“ gewesen mit ihrem Monotheismus. Die Zahl der Siedlungen „explodierte“ dort im frühen 11. Jahrhundert, schreibt der Historiker. „Das politisch-militärische Vakuum, das der Rückzug der Ägypter hinterließ, und die Zerstörung der verschiedenen kanaanäischen Städte müssen bedeutet haben, dass die Israeliten nun Gebiete erreichen konnten, die sie aus eigener Kraft nie hätten besetzen können.“ Wenn man einmal die „wundersam wirkende Hand Gottes“ aus dem Spiel lasse, müsse man sich fragen, wie sonst die Israeliten die „eindrucksvollen kanaanitischen Städte“ hätten einnehmen können. „Unter normalen Umständen konnten sie das wohl nicht, jedenfalls nicht aus eigener Kraft.“

Vielleicht schon 1150 vor Christus, auf jeden Fall nicht später als etwa 1100, schien die Feuchtigkeit in der südlichen Levante einen Sprung nach oben gemacht zu haben, sagt Cline. Dies habe intensiveren Oliven- und Getreideanbau ermöglicht. „Die günstigeren Umstände hielten sich in dieser Region eventuell bis etwa 950 vor Christus, was ungefähr der Zeitspanne des ersten Auftretens der Israeliten entspricht.“ Die Forschungsdebatte halte noch an, aber weitere neue Studien stützten die These, dass gerade dieses Gebiet zu den wenigen Regionen zählte, in denen die Bevölkerung zu Beginn der Eisenzeit zunahm, statt zu sinken.

Historische Bienenstöcke im „Land, in dem Milch und Honig fließen“

Biblische Berichte, etwa über den Kampf zwischen Saul und den Philistern in der Jesreel-Ebene unweit von Megiddo, könnten zwar nicht archäologisch bestätigt werden, doch „trotz vieler Diskussionen wirken sie plausibel“. Bis 1992 habe es nicht einmal außerbiblische Belege gegeben, dass König David je gelebt hat. Erst in jenem Jahr fanden Forscher in Tel Dan nördlich des Sees Genezareth einen Stein mit einer Inschrift, die auf Aramäisch und in phönizischen Buchstaben verfasst war und die Worte „Beit David“, „Haus Davids“, enthielt.

In Tel Rechov im nordisraelischen Jordantal fanden Archäologen 2007 ein Bienenhaus mit 30 Bienenstöcken, wahrscheinlich waren es insgesamt 180 in drei parallelen Reihen. Schätzungen zufolge konnte jeder Bienenstock jährlich bis zu 5 Kilogramm Honig abwerfen, dazu ein halbes Kilogramm Wachs oder mehr. Insgesamt seien wohl 1.000 Kilogramm Honig pro Jahr erwirtschaftet worden. Cline: „Das erklärt vielleicht zum Teil, wieso das alte Israel in der hebräischen Bibel oft als das ‚Land, in dem Milch und Honig fließen‘, bezeichnet wird.“ So viel Honig und Wachs waren viel mehr, als in der Stadt verbraucht werden konnte.

Das Buch verdeutlicht, dass es durchaus viele Übereinstimmungen gibt zwischen den biblischen und den außerbiblischen Berichten aus jener Zeit. Lehrreich ist es bei den altorientalischen Völkern wie den Phöniziern, die für die Einführung der Schrift, für ihren Seehandel und die Farbe Purpur bekannt sind. Sie selbst nannten sich sicher nicht Phönizier, schreibt Cline, der Begriff stamme von den Griechen.

Sie sahen sich wahrscheinlich als Kanaaniter, aber nicht als zusammenhängendes Volk, sondern als Angehörige von Stadtstaaten – wie etwa Tyros, Sidon, Beirut oder Byblos. Als König Salomo im 10. Jahrhundert seinen Tempel in Jerusalem bauen wollte, half ihm Hiram, der König von Tyros. Der sollte Zedern- und Zypressenholz sowie Handwerker schicken.

Die vielen Völker im Alten Orient können für Laien verwirrend sein. Clines Buch bringt hier etwas Licht ins Dunkel. Ihm geht es vor allem um die Frage: Welches Volk ging wie mit dem um sich greifenden Wandel um, wer war erfolgreich, wer ging unter? Mit Blick auf aktuelle Untergangsszenarien und die Klimakatastrophe fragt er: „Sind wir Mykener oder sind wir Phönizier? Sind wir heute verwundbarer und fragiler, als wir uns eingesehen möchten? Werden wir innovativ und einfallsreich sein?“

Eric H. Cline: „Nach 1177 v. Chr.“, Theiss in der Verlag Herder GmbH, 432 Seiten, 32 Euro, ISBN: 978-3-534-61002-0

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7 Antworten

  1. Werde ich lesen! Solche Auflistungen, Recherchen und nicht einfache Zusammenstellungen sind immer interessant da sie neue Denkanstösse geben. So ist mir auch irgendwann mal aufgegangen, dass das einzige Imperium oder Reich das nie „zusammenkrachte“ und „verschwand“ China ist.

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  2. Dieser Bericht gefällt mir sehr gut. Es bestätigt wieder einmal,Wissenschaft,Archäologie und Bibel kommen irgendwann auf einen Weg! Das ist einfach wunderbar!!!🇮🇱🎗🙏

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  3. Der Historiker untersucht die Krisen unserer modernen Gesellschaft, das ist okay. Aber was hat das mit dem Klimawandel zu tun? Nichts.

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    1. @Albert Nola
      Ich denke da ganz einfach mal naiv und kindlich. Erdbeben und Dürre gab’s ja schon immer auf der Welt. Aber den Rest hat doch irgendwie der Mensch selbst verursacht. Selbst Seuchen und Krankheiten. Die Bibel hat ja dazu auch ein paar „Eckpfeiler“. Sauberkeit und so. Damit fängt es doch an. Wenn auch nicht so wie heute. Und dann hat der Mensch immer gemeint,er braucht keinen „G’tt. Hat sich immer weiter von IHM entfernt. Was draus geworden ist sehen wir ja heute. Nur das erwählte Volk konnte sich durchsetzen,vielleicht weil es sich nicht von G’tt entfernt hat. Und deshalb ist es auch so erfolgreich bei allem. Forschung und vor allem im Krieg. So standhaft,trotz so vieler Feinde und Gegner. Ich denke einfach,wenn wir wieder mehr an Jesus glauben würden und uns mehr an die Gesetze halten würden,hätten wir nicht solche Probleme. Und deshalb glaube ich auch,Israel wird nicht untergehen. Es ist das Auserwählte Volk von G’tt. Klingt albern,oder? Aber ich sehe das so. Ganz einfach und naiv. Viele Grüße in die Toscana und an Ihre liebe und kluge Frau!!🙋‍♀️

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  4. Israel wird niemals untergehen. Das Land gehört Gott und ER hat sein Land treuhänderisch dem jüdischen Volk übergeben. Gelobt sei der Herr, der Allmächtige!

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  5. Der Amerikanische Archäologe Cline hat viel Wichtiges erforscht in der beschriebenen Zeit.
    Danke für den Bericht.
    Ich glaube an die Bibel und freue mich immer wieder, wenn die Arhäologie die biblischen Ereignisse zumindest darlegen. Das bringt Licht ins Dunkel, wobei die Islamisten u.a. das mit Sicherheit nicht begrüßen werden.

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