TEL AVIV (inn) – Israel gilt weltweit als eines der führenden Länder in den Bereichen Hightech und Innovation. Die Hightech-Industrie ist für annähernd 20 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und die Hälfte der Exportgüter verantwortlich. Sie gilt als treibende Kraft für das Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre.
Die Organisation „Startup Nation Central“ veröffentlichte am 12. September einen Bericht, der zeigt, dass die Branche in vielen Bereichen weiter gut performt. Dennoch verunsichert die momentane Lage Unternehmen und Investoren. Und das könnte nachhaltigen Schaden bedeuten. Für den Bericht wurden Investitionsdaten ausgewertet. Hinzu kam eine Umfrage, an der 230 Unternehmen und 49 Investoren teilgenommen haben.
Zentrales Problem: Der Hightech-Sektor ist stark abhängig von ausländischem Geld und Investoren. Durch die Innovationskraft des Landes wurden viele Unternehmen, darunter auch einige deutsche, angezogen und haben ihr Geld in Forschungsprojekte und Start-Ups gesteckt. Dies geschah besonders in den Bereichen Cybersicherheit, Industrie 4.0, Smart Mobility und digitale Gesundheit. Der Krieg hat nun viele Investoren abgeschreckt. Israels Kreditwürdigkeit wurde herabgestuft. 49 Prozent der Unternehmen in Israel gaben an, dass ihnen nach Beginn des Krieges geplante Investitionen gestrichen wurden.
Dazu kommen weitere negative Folgen des Krieges gegen die Hamas. Ein großes Thema sind Arbeitskräfte. Zeitweise wurden Mitarbeiter als Reservisten eingezogen. Andere mussten und müssen sich um die Kinder zuhause kümmern, während die Ehepartner an der Front kämpfen. Einige Firmen mussten ihren Standort verlegen oder ihre Arbeit zeitweise unterbrechen. Ein Drittel der Firmen überlegt, ins Ausland zu gehen, um diese Risiken in Zukunft zu umgehen.
Stabilität und verantwortungsvolle Politik nötig
Avi Hasson, CEO von „Startup Nation Central“, beschreibt es folgendermaßen: „Israels Technologie-Sektor zeigt, trotz der momentanen Herausforderungen, weiterhin Widerstandskraft und kann globale Investitionen für sich gewinnen. Aber zukünftiges Wachstum benötigt regionale Stabilität und verantwortungsvolle Politik der Regierung.“
Viele rechnen mit einem Rückgang von Investitionen im nächsten Jahr. Darunter würden vor allem die Start-ups leiden, die darauf angewiesen sind. Sie fordern dahingehend ein Eingreifen der Politik, aber Unternehmen und Investoren fehlt offenbar das Vertrauen in die Regierung. 80 Prozent glauben nicht daran, dass sie die nötigen Schritte einleiten wird.
Die Umfrageergebnisse zeigen aber auch Positive: Die Selbstwahrnehmung der Unternehmer und Investoren bezüglich der Widerstandskraft von Israels Hightech-Industrie ist weiterhin gut. Obgleich der Umstände rechnen mehr als die Hälfte von ihnen mit Wachstum. Etablierte Firmen, die weniger auf Investitionen angewiesen sind, haben dabei ein deutlich positiveres Bild als solche, die sich erst im Aufbau befinden. Besonders der Cybersicherheits-Sektor erfährt eine hohe weltweite Nachfrage.
Wirtschaftsexperten, wie Assaf Patir, Chef-Ökonom der Tel Aviver Denkfabrik „Rise“, gehen davon aus, dass sich Israels Wirtschaft nach Ende des Krieges wieder erholen wird. Die bestehende Ungewissheit dämpft jedoch Wachstum und Investitionen in Israels wichtigstem Wirtschaftssektor. (tko)
3 Antworten
Ich würde sagen, der Druck auf die Regierung ist immens. Einerseits bestimmen die Ausgaben für den Krieg das Land, andererseits muss die Wirtschaft wachsen. Ein großer Spagat. Und die ausländischen Investoren haben kein Vertrauen in die Kreditwürdigkeit. Nicht gut, aber auch nicht verwunderlich.
Auch ich hoffe, dass nach dem Krieg wieder schnell gute Ergebnisse erzielt werden können. Aber es ist leider momentan kein Ende abzusehen. Kaufen wir weiter israelische Produkte um zu helfen.
Wichtig ist, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Israel weitergeht, ich hoffe, dass neben SAP auch andere deutsche Unternehmen so denken und handeln.
Israel ist ein kleines Land. Der Krieg knabbert stark an der Ökonomie. Das kann langfristig zu echten Problemen führen. Wichtig daher zu versuchen auch außerhalb des militärischen Lösungen zu suchen.