FRANKFURT/MAIN (inn) – In diesen Tagen gehen viele Menschen In Deutschland „gegen rechts“ auf die Straße. Die Beauftragte der Europäischen Kommission für die Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens, Katharina von Schnurbein, hält das für richtig. „Aber da fehlen die Schilder gegen Antisemitismus, auch gegen den aus dem linken und muslimischen Spektrum und aus der Mitte“, sagte sie am Montag bei einer Veranstaltung in Frankfurt am Main.
„Wenn Europa die Juden im Stich lässt, hat es uns alle im Stich gelassen“, betonte die Referentin. Jede öffentliche Verwaltung, jeder Verein, jeder Sportclub, jede Universität, aber auch die Parteien bräuchten Handlungsmechanismen, um sofort auf Antisemitismus in ihren eigenen Reihen zu reagieren. „Der Kompass muss geschärft werden.“
Eine sehr gute Blaupause für einen Leitfaden für die jeweilige Situation sei die deutsche Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben (NASAS), sagte von Schnurbein. Sie wurde im November 2022 von der Bundesregierung beschlossen.
Als weitere Orientierung nannte sie die IHRA-Definition. Das rechtlich nicht bindende Dokument stelle das dar, was die große Mehrheit der europäischen Juden als antisemitisch sehe – auch in Bezug auf israelbezogenen Antisemitismus. Im Kulturbetrieb und anderswo müsse man viel mehr fordern, dass die Definition angewandt wird.
„Diesmal stehen die europäischen Staaten an der Seite der Juden“
Die Freudentänze in Berlin nach dem Terrormassaker der Hamas am 7. Oktober erinnerten „an die dunkelste Zeit in Deutschland“, ebenso wie die Attacken auf Studenten und auf eine Synagoge in Berlin. Doch „damals hat sich der Staat gegen seine Bürger gestellt, weil sie Juden waren“, merkte die Antisemitismusbeauftragte an. Heute stünden die europäischen Staaten und die EU an der Seite der Juden und anderer Gruppen, wenn diese gehasst würden.
Die große Frage ist aus von Schnurbeins Sicht: „Wie verhält sich die Zivilgesellschaft?“ Da sei Bildung entscheidend. Als positives Beispiel nannte sie Rumänien, das im September in der 10. Klasse für alle Schüler eine Stunde pro Woche über jüdisches Leben und Antisemitismus eingeführt habe: „Was jüdisches Leben war und ist“. Das bedeute, dass die nächste Generation hoffentlich mehr darüber wissen werde.
Israels Staatsgründung in Schulbücher aufnehmen
Gerade wachse eine Generation heran, „die Antisemitismus tief in sich hat“. Da sei Unkenntnis gepaart mit Hass. In keinem Land sei die Gründung des Staates Israel verpflichtend in den Schulbüchern.
Tätliche Angriffe auf jüdische Studenten würden als „politische Aktion“ abgetan, Freudentänze nach Terroraktionen von der Mehrheitsgesellschaft nicht verurteilt, nannte von Schnurbein Symptome dieser Unkenntnis. Die von Muslimen initiierten Freudentänze würden von denjenigen akzeptiert, „die 1968 den Gang durch die Institutionen angingen und deren Kinder nicht mehr wissen, was los ist“. Es sei eine gefährliche Mischung.
Die Antisemitismusbeauftragte hob die Ausbildung der Lehrer hervor. Nicht nur Geschichts- und Religionslehrer, auch Sportlehrer müssten antisemitische Vorfälle erkennen.
Doch auch der Antisemitismus online sei zu beachten. Von Schnurbein sprach vom „Eingangstor in unsere Wohnzimmer“. Sie verwies auf das im August verabschiedete EU-Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act), das die Plattformen zur Transparenz und zum Löschen von Hassinhalten auffordert.
Wegen Israelflagge: Anti-israelische Autokorsos in Brüssel
Von Schnurbein berichtete auch, wie sie den 7. Oktober in Brüssel erlebt hatte. Sie hatte schon am Morgen durch Nachrichten auf dem Handy davon erfahren. Noch am selben Tag sei die israelische Fahne ans Hauptgebäude der Europäischen Kommission projiziert worden. Das habe bereits zu Autokorsos mit pro-palästinensischen und anti-israelischen Slogans geführt. Am 8. Oktober seien die israelische und die EU-Fahne gehisst worden.
Die Antisemitismusbeauftragte erinnerte auch an den Israel-Besuch von EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen und der Ratsvorsitzenden Roberta Metsola wenige Tage später. Dabei hätten sie den zerstörten Kibbutz Kfar Asa aufgesucht.
Die ersten Reaktionen seien überdeckt worden „von dem Geräusch, was danach kam“. Doch sie seien gültig: Von der Leyen habe klargestellt, dass Israel das Recht und die Pflicht habe, sein Volk zu verteidigen. Sie habe allein die Hamas für das verantwortlich gemacht, was geschehe.
Zur Veranstaltung „60 Minuten mit Katharina von Schnurbein“ hatte die Frankfurter Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) ins Haus am Dom eingeladen.
11 Antworten
Katharina von Schnurbein ist eine wunderbare Frau mit Klasse und guten Ansichten: “ In diesen Tagen gehen viele Menschen In Deutschland „gegen rechts“ auf die Straße. Aber da fehlen die Schilder gegen Antisemitismus“. Ja, das wissen wir und diesbezüglich wird sich in Deutschland und in ganz Westeuropa nichts ändern.
Aber es muss sich in D und EU etwas ändern, sonst sind beide verloren an den antisemitischen Hass. Jede Stimme und jedes Zeugnis pro Israel und pro jüdische Mitbürger zählt. Je dunkler die Nacht, umso heller leuchtet auch das schwächste Licht! Lasst uns leuchten für Israel und für ein gutes Miteinander mit unseren jüdischen Geschwistern weltweit!
Gestern habe ich einen Kommentar gelesen beim Thema Rente. Da kam tatschlich ein Kommentar mit Fremdfinanzierungen mit Geldern aus der Rentenversicherung. Das ist wäre ja richtig, da ist bzw. wird manches finanziert, was nicht dazu gehört. Aber welche Idee hatte der User? Die Kontigentjuden aus Rußland hätte man nicht ins Land lassen dürfen, die Renten hätte man nicht bezahlen dürfen.
Inzwischen gibt es offenbar kein Thema mehr, an dem die Judenhasser nicht aus ihren Löchern kommen.
Wenigstens mal eine Frau die die Courage hat ihre Stimme zu erheben. Antisemitismus ist ja gerade in der Kunstszene, bei Promis und auf unseren Universitäten weit verbreitet. Wo Linke sich gemein machen mit muslimischen Zuwandereren und jegliche Diskussion schon im Vorfeld blockieren. Wo jüdische Studenten bedroht und sogar schon geschlagen wurden, wo auf unseren Strassen es vielerorts gefährlich geworden ist noch eine Kipa zu tragen.
Ob es eine Frage der Bildung ist? Oder eher ein tief verwurzelter Hass auf Israel, der jetzt seit dem 7.Oktober offen zu Tage tritt?
Da hätte ich mir bei den Demos gegen Rechts und der AfD auch mehr Schilder gewünscht gegen Antisemitismus.
Ich schließe mich der Meinung von AlbertNola an. Ich glaube aber, dass innerhalb Deutschlands die Situation unterschiedlich ist, allgemein wird zu wenig gegen Antisemitismus getan. Die Bibel spielt in Deutschland eine sehr geringe Rolle, dabei müssten ALLE Nicht-muslimischen Deutschland den Abraham-Bund, Sinai-Bund und David-Bund kennen und vor allem das Alte Testament. Die Ringparabel u.a. hat eine zu geringe Bedeutung, ich sage: „Jüdisch, Chistlich, Muslimisch!“ . Wenn sich muslimisch von der HAMAS ABGRENZT, und die HAMAS als eine Organisation des Terrors im Auftrag von Adolf Hitler, Hitler Mein Kampf, gesehen wird, dann wäre unsere Gesellschaft eine andere. Aber dies geschieht nicht, weder auf Demos noch in der unseligen Ampel. Oder ich muss die Kommentare von Frau Baerbock verpasst haben, in der die HAMAS deutlich kritisiert wurde. Die deutliche Kritik von Frau Baerbock an Israel ist jedenfalls nicht zu überhören.
@Martin Sechting
Gibt es einen Unterschied zwischen Hitlers MEIN KAMPF und dem KORAN? Nein. Unser Bischof sagt uns: das Alte Testament sollen nur Theologen, Bischöfe sowieso, lesen und erklären. Hat er Recht? Ja.
Besser wäre es, die Menschengingen gegen techts extrem auf die Straße, Rechts ist Konservativ – mehr nicht. Und es waren auf viele pro Palästina Demonstranten dabei, warum sollten die schilder gegen Antisemitismus dabei haben?
Wie wäre es mit Schildern: Free Palastine – from the Hamas? Haben Sie da je eines gesehen?
Klar, gegen die AfD demonstrieren: nichts dagegen. Ich bin aber dennoch nicht mit dabei. Die hiesigen Herrschenden gehen bei diesen Demos mit: da kommt der Verdacht auf , das hier eine ‚Volksgemeinschaft‘ im Interesse der Regierenden angesichts der Krisen im Lande gebildet werden soll. Gegen Krieg+Aufrüstung+der Verarmung im Lande und gegen Antisemitismus (siehe oben!) wird bei diesen Aufmärschen bekanntlich nicht demonstriert: das sagt doch viel.
Noch etwas: Ob ‚Bildung‘ etwas gegen Antisemitismus nützt, wie Frau Schnurbein behauptet, kann füglich bezweifelt werden. Mensch schaue z.B. nur auf die hiesigen Universitäten.
Frau v. Schnurbein sollte in EU-Kommission und EU-Parlament mit dem Kampf gegen Antisemitismus, Israel- und Judenhass beginnen, am besten bei ihren stellv. Chef Herrn Borrell anfangen, der sich immer mehr in seine antiisrael-Haltung steigert.
Das Israelranking 2023 der ECfI zeigt die negativen Zustimmungen im EU-Parlament zu Israel auf, auch von den deutschen Parteien, insbesondere grün-rot-rot stehen im letzten Drittel.