LEIPZIG (inn) – Längst bedroht nicht nur der Klimawandel die Trinkwassersituation in wasserarmen Ländern. Auch menschliche Profitgier macht die Frischwasserversorgung für viele Menschen immer teurer. Die Situation im jordanischen Königreich haben nun erstmals Experten vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), gemeinsam mit internationalen Wissenschaftlern, untersucht.
Dabei bezogen sie nicht nur Umweltfaktoren, wie den Klimawandel, in ihre Untersuchung ein. Sie analysierten auch den Wassermarkt in Jordanien.
In Ländern wie Jordanien verteilen häufig LKW mit staatlicher Lizenz Frischwasser aus Grundwasserbrunnen an die Land- oder Stadtbevölkerung. Notwendig ist das, weil Wasser nur stundenweise aus Wasserhähnen verfügbar ist.
Eine nicht unerhebliche Menge dieser Transporte laufe in Jordanien jedoch ohne staatliche Lizenz, heißt es vom UFZ. „In Jordanien gleicht dieser Markt für Wasserlieferungen per Tankwagen das Defizit des öffentlichen Wasserleitungsnetzes aus“, erklärt der UFZ-Forscher Christian Klassert. Die Folge: 2015 übertraf die illegal gehandelte Wassermenge jene Menge, die über staatliche Lizenzen offiziell gehandelt werden durfte, um das 10,7-Fache. Eine Größenordnung, die „bislang völlig unterschätzt“ wurde.
Schwarzmarkt bedroht Grundwasservorräte
Mit Hilfe von Computer-Modellen haben die Wissenschaftler auch Prognosen für das Jahr 2050 erstellt. Demnach wird die Abhängigkeit von solchen LKW-Lieferungen um das 2,6-Fache steigen. Damit wären zur Mitte des Jahrhunderts 12 Prozent der jordanischen Bevölkerung von den Wassertanks abhängig.
Gleichzeitig, so warnen die Experten, würden ärmere Haushalte an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Denn laut der Prognose steigt der Preis pro Kubikmeter Wasser bis 2050 auf 4 US-Dollar. Aktuell liegt er bei 3 Dollar. Es sei deswegen Aufgabe des Staates, die Wasserversorgung zu verbessern und ärmere Haushalte zu subventionieren.
Neben der Preisentwicklung stelle der Schwarzmarkt auch eine Gefahr für die Grundwasservorräte dar. So hätten die Untersuchungen gezeigt, dass die Entnahme von Wasser aus illegalen Brunnen in manchen Gebieten dafür gesorgt habe, dass der Grundwasserspiegel bis zu 3,5 Meter pro Jahr abgesunken ist. Zu beobachten sei dies beispielsweise in der Hauptstadt Amman.
Reparatur anstatt Neubohrungen
Der sinkende Grundwasserspiegel mache immer tiefere Brunnen notwendig – mancherorts erreichen diese bereits eine Tiefe von 220 Metern. Aus diesem Grund geht die Regierung mittlerweile vermehrt gegen illegale Brunnen vor. Das stabilisiere zwar den Grundwasserspiegel, führe aber zu höheren Kosten für die Bevölkerung. Effizienter sei es jedoch aus Sicht der Leipziger Wissenschaftler, bestehende Wasserleitungen, aus denen aufgrund von Lecks viel Wasser verloren geht, zu reparieren. (mas)