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Grundsatzdiskussionen bei Anhörung zum Angemessenheits-Gesetz

Das Oberste Gericht befasst sich in voller Besetzung mit Petitionen zum Angemessenheits-Gesetz. In der Debatte geht es auch um die Unabhängigkeitserklärung.
Von Israelnetz

JERUSALEM (inn) – Zum ersten Mal in der 75-jährigen Geschichte des Staates Israel haben am Dienstag alle 15 Richter des Obersten Gerichtes an einer Verhandlung teilgenommen. Darin ging es um die Rechtmäßigkeit des Angemessenheits-Gesetzes, das zur umstrittenen Justizreform gehört. Demnach kann das Gericht nicht mehr Regierungsentscheidungen wegen mangelnder Angemessenheit kassieren. Die Sitzung zog sich über fast 13 Stunden hin.

Die eigentliche Debatte indes drehte sich um grundlegendere Themen, wie die Onlinezeitung „Times of Israel“ beobachtet hat. Unter anderem ging es um die Frage, ob das Gericht Grundgesetze aufheben darf – denn das Angemessenheits-Gesetz ist ein Zusatz zum Grundgesetz über die Justiz. Dem stimmte die Mehrheit der Richter zu. Doch auch liberalere Richter schienen demnach daran zu zweifeln, dass das Angemessenheits-Gesetz Israel so sehr schadet, dass eine Aufhebung in dem Fall möglich wäre.

Rolle der Unabhängigkeitserklärung

Eine Diskussion gab es sogar über die Unabhängigkeitserklärung vom Mai 1948. Der Anwalt für die Regierung, Ilan Rombach, stellte in Frage, dass 37 nicht demokratisch gewählte Personen mit der Unterzeichnung unwissentlich eine Verfassung geschaffen hätten, die für alle Generationen bindend sei. „Es ist undenkbar.“

Rombach bezog sich auf eine Äußerung von Gerichtspräsidentin Esther Hajut aus dem Jahr 2021. Sie hatte zum Nationalstaatsgesetz geschrieben, der Oberste Gerichtshof könne ein Gesetz aufheben, wenn es den jüdischen oder den demokratischen Charakter Israels untergrabe. Das begründete sie mit der Unabhängigkeitserklärung, die auch eine Verfassung vorgesehen habe. Stattdessen seien die Grundgesetze zu verschiedenen Themen verabschiedet worden.

Auf die Rückfrage, woher die Grundgesetze kämen, nannte der Anwalt den Harari-Kompromiss von 1950. Darin beschloss die Knesset, anstatt einer Verfassung, zu der es bislang keine Einigung gegeben, einzelne Grundgesetze zu verabschieden. Richter Alex Stein erwiderte, der Staat sei nicht durch diesen Beschluss gegründet worden, sondern durch die Unabhängigkeitserklärung.

Noam Sohlberg gehörte zu den Richtern, die Skepsis gegenüber der Befugnis äußerten, Grundgesetze aufzuheben. Er zitierte den ehemaligen Gerichtspräsidenten Aharon Barak. Dieser hatte in den 1990er Jahren zwar erklärt, die Grundgesetze hätten Verfassungscharakter. Doch zugleich habe er betont, das Gericht könne Grundgesetze erst dann als nicht verfassungsmäßig kassieren, wenn es eine Verfassung gebe.

Richter Isaak Amit wiederum äußerte sich besorgt über die Demokratie in Israel: „Eine Demokratie stirbt in einer Reihe kleiner Schritte.“

Rothman: „Oligarchisches Regime“

Der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Simcha Rothman (Religiöser Zionismus), zeigte sein Misstrauen gegenüber dem Obersten Gericht. Es sei eine „privilegierte Elite“ und ein „oligarchisches Regime“. Er wies jegliches Recht zurück, Grundgesetze aufzuheben: „In einer Demokratie sind die Menschen souverän.“

Auf die Frage, ob das Gericht auch dann nicht intervenieren dürfte, wenn die Knesset etwa Wahlen nur noch alle zehn Jahre zuließe oder Araber von den Wahlen ausschlösse, antwortete Rothman: Wenn eine Regierung Fehler mache, könne sie vom Volk an der Wahlurne ersetzt werden.

Die Entscheidung nach der Anhörung der Petitionen gegen das Angemessenheits-Gesetz kann sich über mehrere Monate hinziehen. Hajut geht im Oktober in Ruhestand. Danach kann sie drei Monate lang an laufenden Verfahren mitarbeiten. Damit muss das Gericht spätestens im Januar über die Rechtmäßigkeit des Angemessenheits-Gesetzes entscheiden. (eh)

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5 Antworten

  1. „Auf die Frage, ob das Gericht auch dann nicht intervenieren dürfte, wenn die Knesset etwa Wahlen nur noch alle zehn Jahre zuließe oder Araber von den Wahlen ausschlösse, antwortete Rothman: Wenn eine Regierung Fehler mache, könne sie vom Volk an der Wahlurne ersetzt werden.“

    Dann Wahlen am besten nur noch alle hundert Jahre zulassen. Die Enkel können dann ja anders wählen, wenn es zu Fehlern kommen sollte.

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    1. Israel hat eine Demokratie, die funktioniert. Gewählt wird alle vier Jahre. Und wenn nötig noch dazwischen.

      Aber Paul, reden wir mal über die PA: Im wievielten Jahre seiner vierjährigen Amtszeit befindet sich Herr Abbas? Im 23. Seit 2009 hat er keine Legitimation mehr das Land zu regieren.

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      1. Was hat denn die PA mit der Justizreform zu tun?
        Die Antwort Rothmans ist polemisch und zeigt seine nicht vorhandene Weitsicht auf.
        Wie soll man mit solch verbohrten Männern jemals eine kluge Entscheidung herbeiführen können.
        Israel ist auf einem antidemokratischen Weg.
        Demokratie heißt nicht mehrheitshöriges dümmliches Politikverständnis.
        Israel hat aufgrund von Uneinigkeit bis heute keine Verfassung auf welche sich die Judikative, eine Säule jeder Demokratie, stützen könnte. Somit sind die einzelnen Grundgesetze der gesetzmäßige Rahmen.

        Auch in Österreich gibt es eine politische Partei, deren Schreihals an der Spitze vor einigen Jahren in seiner, zum Glück sehr kurzen, Funktion als Innenminister forderte, das Oberste Gericht müsse der Politik gehorchen… .

        Mir graut vor solchen Gehirnen.

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  2. „Im 23. Seit 2009 hat er keine Legitimation mehr das Land zu regieren.“

    Aber liebe Christin, welches Land meinen Sie denn?

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    1. Welches regiert denn Herr Abbas? Deutschland, Israel oder vielleicht doch die Autonomiegebiete, was manche als Palästina bezeichnen?

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