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Warum eine deutsche Stadt jüdisches Geld erfand

Zu biblischen Zeiten zahlten die Menschen in Israel mit „Schekeln“. Doch ab dem Mittelalter tauchten auch in Europa Schekel auf – die es gar nicht geben dürfte. Die Spur führt in die sächsische Stadt Görlitz.
Von Valentin Schmid

In der Archäologie spielen Münzen eine wichtige Rolle. Sie geben Aufschluss über die Wirtschaft, Religion und Kultur einer Gesellschaft. Was aber, wenn jemand auf gefälschtes oder gar erfundenes Geld stößt? Das Israel-Museum hat solche Exemplare des Schekels zusammengetragen.

Dahinter steckt auch eine ernste Geschichte. „Auf einer tieferen Ebene befasst sich die Ausstellung mit Wahrheit, Lüge und Fälschungen, dem Streben nach Wissen und der Gier nach Antiquitäten“, sagt der Kurator Janiv Schauer.

Ein Pilger braucht Souvenirs

Der älteste erhaltene, aber eben falsche Schekel wurde 1584 in Silber gegossen. Benannt ist er nach Mordechai Meisel, dem damaligen Vorsteher der jüdischen Gemeinde von Prag. Verwendet wurde er wohl als Erinnerungsstück an die jüdische Heimat – aber das ist ebenso unklar wie die genaue Herkunft.

Wahrscheinlich kam die Idee im 15. Jahrhundert mit Georg Emmerich nach Europa. Nach einer Pilgerreise ins Heilige Land soll der Görlitzer Bürgermeister einen Nachbau des Grabes Jesu in seiner Stadt veranlasst haben. Und damit alle Besucher einen bleibenden Eindruck von der religiösen Reise behielten, wurden neben der Anlage sogenannte „Israel-Schekel“ als Souvenir verkauft.

Echt oder nicht?

Rasch verbreiteten sich die Münzen in den Geldbörsen und Köpfen der Menschen. Meistens waren sich die Besitzer der „Unechtheit“ der Schekel bewusst – und doch tauchten sie später auch in christlicher Kunst oder theologischen Werken auf.

Dazu muss man wissen, dass die Münzen mit den dreißig Silberstücken identifiziert wurden, die Judas für den Verrat an Jesus erhielt (Matthäus 26,15). Noch in den USA des 19. Jahrhunderts wurden die Münzen als angebliche Kopien des Jerusalemer Tempelgelds verbreitet. Der Besitz sollte den Glauben an die historische Zuverlässigkeit der Bibel zum Ausdruck bringen.

Biblische Hintergründe

Das Problem besteht darin, dass wohl weder Jesus noch Judas solche Münzen kannten. Die Bezeichnung „Schekel“ taucht zwar schon früh in der Bibel auf, meint aber nur eine Maßeinheit. Als etwa Abraham in Hebron eine Parzelle für die Beerdigung seiner Frau Sarah erwarb, wog er zur Bezahlung Silberstücke ab. Genau heißt es in 1. Mose 23,16: „vierhundert Schekel Silber, wie es beim Händler gängig ist“.

Die ältesten Münzen, die tatsächlich den Namen Schekel tragen, stammen aus den Jahren des ersten Jüdischen Krieges gegen das Römische Reich, 66–70 nach Christus. Und das ist kein Zufall.

Münzen als Propaganda

Münzen waren in der Antike nicht nur ein effizientes Mittel zur Informationsverbreitung – sondern auch ein Ausdruck politischer Souveränität. Das kam den Juden gerade recht, als sie sich gegen Rom auflehnten.

Bei seiner Gründung im Jahr 1948 beschloss schließlich der Staat Israel, Motive antiker jüdischer Münzen für die Gestaltung der modernen Währung zu verwenden. So ließ sich die Kontinuität zwischen der politischen Unabhängigkeit der Juden in Vergangenheit und Gegenwart zum Ausdruck zu bringen. Bleibt zu hoffen, dass unter den antiken Vorbildern nur Originale waren.

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