Korallenbleiche stellt Menschen weltweit vor große Herausforderungen. Bereits ein Drittel sei verloren gegangen, sagen Wissenschaftler. Sie gehen davon aus, dass in den kommenden 20 Jahren bis zu 90 Prozent dieser Unterwasserstrukturen verschwinden werden.
Neben dem weltbekannten Great Barrier Reef in Australien ist auch die Küste von Abu Dhabi stark vom Absterben der bunten Lebensformen betroffen. Nun will man dort dem Problem entgegentreten, unter anderem mit 3D-Druck-Verfahren. Letztendlich hängt auch der Tourismus von einem gesunden Korallensystem ab, die Region gilt als Anziehungspunkt für Taucher.
Abu Dhabi, das flächenmäßig größte der sieben Vereinigten Arabischen Emirate, verfügt über eine fast 500 Kilometer lange Küstenlinie am Arabischen Meer, die einen reichen Korallenlebensraum beherbergt. Eine starke Korallenbleiche in dieser Region geht vor allem auf das Jahr 2008 zurück, als aufgrund der zunehmenden Schifffahrt und der Erwärmung der Meere ein Absterben auftrat. Die Algen begannen, die Riffe abzutöten. Einen Höhepunkt erreichte die Korallenbleiche 2017, allein in diesem Jahr gingen 70 Prozent der Korallen verloren.
Steigende Wassertemperaturen führen dazu, dass die Korallen ihre ansässigen Algen, auch Zooxanthellen genannt, abstoßen. Diese Algen sind für die leuchtenden Farben der Korallen verantwortlich und ihr Ausstoß führt dazu, dass die Korallen ein strahlend weißes Aussehen annehmen, daher der Begriff „Bleichen“.
Obwohl dieser Prozess die Korallen stark belastet, führt er nicht sofort zu ihrem Tod. Sie können sich möglicherweise erholen, wenn sich die Wasserbedingungen verbessern oder durch gezielte Maßnahmen unterstützt werden. Ohne ihre symbiotischen Algen, die durch Photosynthese zur Nährstoffaufnahme der Korallen beitragen, werden die Korallen jedoch anfälliger für Krankheiten und können schließlich sterben.
3D-Druck von Terrakottafliesen
Im vergangenen Jahr begann die Umweltbehörde von Abu Dhabi mit dem lokalen Unternehmen ADQ und mit der in Hongkong ansässigen Firma Archireef zusammenzuarbeiten, um das Aufblühen neuer Korallenriffe zu fördern. Das Entwicklungsunternehmen URB hat angekündigt, bis 2040 eine Milliarde künstliche Korallen auf einer Fläche von 200 Quadratkilometern und 100 Millionen Mangrovenbäume auf einem 80 Kilometer langen Strandstreifen in Dubai züchten zu wollen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Associated Press (AP).
Das Projekt befindet sich noch in der Forschungs- und Entwicklungsphase. Die Verantwortlichen hoffen, eine 3D-Technologie zum Drucken von Materialien zu entwickeln, die Algen, ähnlich wie Korallen, beherbergen können.
Ein AP-Video zeigt, wie Taucher kleine Korallen auf dem Erdboden verteilen, damit sie dort Fuß fassen und wachsen können. Hamad al-Dschailani, ein Wissenschaftler von der Umweltbehörde des Emirats, erklärt gegenüber den Journalisten, zunächst würden die Korallen eingesammelt, damit sie in einer geschützten Umgebung wachsen könnten; wenn sie gewachsen seien, würden sie in geeigneten Orten im Wasser wieder ausgesetzt.
Archireef verwendet einen 3D-Drucker, um Terrakottafliesen herzustellen und sie dann auf dem Meeresboden zu installieren. Daran werden Korallenfragmente befestigt, die im besten Fall daran weiter wachsen. Laut Archireef hat diese Methode eine Erfolgsquote von 95 Prozent. Mayez Kabbara von Archireef erklärte, die Korallenpopulationen im Arabischen Meer glichen sehr denen vor der Küste Hongkongs. Daher sei die Lösung auch für diese Region sinnvoll.
Amr Anwar leitet eine Tauchschule in Abu Dhabi. Er sagte gegenüber AP, ein Ansatz sei es auch, die Menschen darüber aufzuklären, was sie selbst tun können, um Korallensterben zu verhindern. Dazu gehöre es, sie darin zu schulen, abgebrochene Korallenstücke wieder anzupflanzen. Danach könnten sie alle sechs Monate nach den Korallen tauchen und sich daran erfreuen, wenn sie woanders wieder neu aufblühen.
Thema bei Klimakonferenz
Das Problem der Korallenbleiche soll auch bei der 28. UN-Klimakonferenz Thema sein, die vom 30. November bis 12. Dezember 2023 in Dubai stattfindet. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind einer der größten Ölproduzenten der Welt und weisen weltweit einige der höchsten Treibhausgasemissionen pro Kopf auf. Das Land hat sich verpflichtet, bis 2050 Netto-CO2-Emissionen von Null zu erreichen, was bedeutet, dass alle Kohlendioxidemissionen entweder drastisch gesenkt oder auf irgendeine Weise ausgeglichen werden.
Die Vereinigten Arabischen Emirate stehen bei Umweltschützern auch in der Kritik wegen ihres massiven Baus von großen Gebäuden und künstlichen Inseln im Wasser. Der Bau des „Palm Jebel Ali“, einer großen künstlichen Insel in Form einer Palme, soll Naturschützern zufolge rund 8 Quadratkilometer Riff zerstört haben. Über 90 Millionen Kubikmeter Sedimente seien ausgebaggert worden, sagt John Henrik Stahl, Dekan des „College of Marine Sciences“ an der Chorfakkan-Universität im emiratischen Schardschah.
Maßgeschneiderte 3D-Drucke aus Israel
Auch Israelis wollen dem Problem des Korallensterbens mit moderner Technik begegnen. Bereits im Jahr 2022 stellte die Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv ein 3D-Druck-Verfahren vor, das explizit zur Erhaltung von Korallenriffen entwickelt wurde.
Zunächst werden dabei Fotos von den Riffen und ihrer Umgebung gemacht, die zu einem dreidimensionalen Modell verarbeitet werden. Dann sammeln die Forscher Daten über die Umwelt, die in einen Algorithmus eingespeist werden. Dieser ermöglicht es, ein interaktives 3D-Modell des Riffs zu erstellen. Dabei dienen auch genetische Informationen dazu, die Korallen-Organismen zu identifizieren.
Zuletzt erstellt dann ein 3D-Drucker ein Keramikriff aus natürlichen Materialien. Die spezielle Keramik ist im Wasser porös und somit ideal für den Aufbau und die Wiederherstellung einer neuen Korallenriffstruktur. Das berichtet das Magazin „Science Daily“. Israel hat ein eigenes Interesse am Schutz von Korallen: In unmittelbarer Nähe der südlichsten israelischen Stadt, Eilat, gibt es ein Korallenriff, das nicht nur ein wertvolles Ökosystem darstellt, sondern bei Touristen aus der ganzen Welt beliebt ist.
Auch eine Schweizer Non-Profit-Organisation namens „Rrreefs“ setzt sich für eine Wiederbelebung von Korallenriffen durch künstliche Riffbasen aus dem 3D-Drucker ein. Sie wurde 2020 von drei Frauen als eine Abspaltung der ETH Zürich gegründet.