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Nur einer überlebte

Am 24. Februar 1942 sinkt die „Struma“ 30 Kilometer vor der türkischen Küste. Fast 800 Menschen sterben auf der Flucht vor dem Nationalsozialismus – unnötig. Yad Vashem erinnert an sie mit einem virtuellen Museum.
Von Carmen Shamsianpur

ISTANBUL (inn) – An ein Wrackteil geklammert schwimmt David Stoliar im eiskalten Wasser. Nach mehr als 24 Stunden nähert sich die türkische Küstenwache am 25. Februar mit einem Ruderboot und nimmt den 19-Jährigen auf. Stoliar ist abgemagert, halb erfroren und lebensunwillig. Alle anderen Passagiere der „Struma“ sind ertrunken, unter ihnen auch seine Verlobte, Ilse Lothringer.

Namen und Gesichter

Der einzige Überlebende ist auch der einzige, der erzählen konnte. Aber Stoliar wollte vergessen und schwieg jahrzehntelang über das schreckliche Erlebnis, sogar gegenüber seiner späteren Ehefrau.

Die israelische Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem hat die spärlichen Informationen zu einem virtuellen Museum zusammengetragen. Die Opfer der Katastrophe bekommen Namen und Gesichter, soweit dies möglich ist.

Flüchtlinge auf dem Weg nach Palästina

Stoliar und Lothringer waren zwei von 791 jüdischen Flüchtlingen, die am 12. Dezember 1941 an Bord der „Struma“ das rumänische Constanta verließen. Sie alle befanden sich auf der Flucht vor dem Holocaust und hofften auf ein Leben in Eretz Israel. Der Plan war, den Passagieren bei einem Zwischenstopp in Istanbul britische Einreisegenehmigungen ins Mandatsgebiet Palästina zu beschaffen.

Die Angst vor dem um sich greifenden Nationalsozialismus trieb Männer, Frauen und Kinder auf das kaum noch seetüchtige Schiff. Die Nachfrage war so groß, dass der Preis für ein Ticket sich bis zur Abfahrt versiebenfachte. Viele verkauften ihre letzte Habe dafür. Wer noch Bargeld und Wertsachen bei sich hatte, bekam diese vor der Abfahrt vom rumänischen Zoll abgenommen. Sogar die kupfernen Kochkessel aus der Kantine wurden beschlagnahmt.

Der Vater von David Stoliar hatte noch Einkommen, da er Uniformen für die rumänische Armee anfertigte und somit in einem kriegswichtigen Beruf arbeitete. David jedoch hatte sein Studium abbrechen müssen und leistete nun Zwangsarbeit. Weil er Jude war. So kaufte der Vater dem Sohn einen Pass und ein Ticket für die „Struma“. Es schien der sicherste Ausweg zu sein.

Ohne Motor

Die Struma hatte der jüdische Augenarzt Baruch Kofino zu eben dem Zweck gekauft, Juden aus Europa zur Flucht zu verhelfen. Sie war eines von mehreren günstigen, aber alten und reparaturbedürftigen Schiffen – ein mehr als 60 Jahre alter Ladefrachter mit kaputtem Motor.

Der Motor hatte lange Zeit unter Wasser verbracht, in einem gesunkenen Schiff, bevor er in die „Struma“ eingebaut wurde. Er setzte schon kurz nach der Abfahrt aus. Ein Mechaniker aus Constanta nahm den Passagieren ihre Eheringe ab. 250 Eheringe waren das Einzige von Wert, was noch an Bord der „Struma“ verblieben war. Aber auch nach der Reparatur versagte der Motor immer wieder den Dienst. Die „Struma“ kam erst nach vier Tagen in türkischen Gewässern an. Die wenigen Vorräte waren zu dem Zeitpunkt bereits aufgebraucht.

Im Meer der Politik

Auch auf und unter dem Meer herrschte Krieg. Wieder fiel der Motor aus. Ein türkischer Schlepper musste die manövrierunfähige „Struma“ vorbei an deutschen Seeminen in den Hafen von Istanbul bringen. Aber keiner durfte dort von Bord gehen. Der Kapitän musste die gelbe Quarantäneflagge hissen. Die Jewish Agency setzte sich von Jerusalem aus bei den türkischen und britischen Behörden für die Flüchtlinge ein. Erfolglos. Nur neun Passagiere erhielten Ausnahmegenehmigungen, in Istanbul an Land zu gehen.

Die Briten wollten keine Visa ausstellen und die neutrale Türkei wollte niemanden verärgern: Die Briten nicht, indem sie die „Struma“ weiterfahren ließ, und die Deutschen nicht, indem sie die Flüchtlinge vorübergehend aufnahm. Die Verhandlungen dauerten zehn Wochen. Ein Versuch, wenigstens kleine Kinder ohne ihre Eltern zu retten, scheiterte. An Bord war die Ruhr ausgebrochen. Die hygienischen Zustände waren katastrophal. Die jüdische Gemeinde in Istanbul hatte Lebensmittel beschafft, die aber nicht ausreichten.

Alleingelassen

Der Kapitän der „Struma“ bekam ein Ultimatum, den Hafen von Istanbul bis zum 16. Februar zu verlassen – ein unmögliches Unterfangen für ein überladenes Schiff ohne Motor. Schließlich zogen türkische Schlepper auf Geheiß der britischen Regierung die „Struma“ am 23. Februar durch den Bosporus und ließen sie 30 Kilometer vor der türkischen Küste im Schwarzen Meer liegen, außerhalb des türkischen Hoheitsgebiets.

Die Lage an Bord war verzweifelt. Die Menschen benutzten Laken und Kleidungsstücke, um daraus Transparente zu machen. Sie wollten die Bewohnter der dicht besiedelten türkischen Küstenregion mit Hilferufen auf sich aufmerksam machen. Auch dies erfolglos. Ohne Antrieb, ohne Versorgung, ohne Kontakt zur Außenwelt trieb die „Struma“ auf dem Meer, nachdem die Schlepper zurückgefahren waren. Wer noch hoffte, hoffte auf ein Wunder.

Der Untergang

Während die deutschen Seeminen die russische Armee von Nachschublieferungen über das Meer abschneiden sollte, durchzogen russische U-Boote das Meer mit demselben Ziel für die deutsche Armee. Sie hatten deswegen den Befehl, auch zivile Schiffe anzugreifen.

Am Morgen des 24. Februar wurde die „Struma“ von einem sowjetischen Torpedo getroffen. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um eine Verwechslung. Das Schiff sank innerhalb kürzester Zeit.

Ilse Lothringer, die mit ihren Eltern unter Deck gewesen war, starb sofort. Die meisten Passagiere ertranken in dem eiskalten Wasser. David Stoliar begriff schnell, dass er der einzige Überlebende war.

Foto: Yad Vashem
Aus der Ausstellung von Yad Vashem: 11 Menschen dieser Hochzeitsgesellschaft starben beim Untergang der „Struma“, unter ihnen das Brautpaar und die Zwillingsmädchen Aurica und Ella-Lucia.

Gedenken

Die türkische Regierung gedachte der Katastrophe zum ersten Mal im Jahr 2015. Da war David Stoliar bereits seit einem Jahr tot. Er war nach seiner Rettung 48 Tage lang politischer Gefangener der Türkei gewesen. Nach seiner Freilassung am 23. April 1942 konnte er endlich die notwendigen Papiere bekommen und nach Eretz Israel reisen. Seine Mutter wurde in Auschwitz ermordet. Sein Vater überlebte.

Die vollständige Aussage von David Stoliar wird in den Archiven von Yad Vashem aufbewahrt. Die Online-Ausstellung macht weitere Hintergrundinformationen zugänglich.

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16 Antworten

  1. „Nach seiner Freilassung am 23. April 1942 konnte er endlich die notwendigen Papiere bekommen und nach Eretz Israel reisen. “

    Er ist nach Palästina gereist, wie es ein paar Absätze weiter höher ja auch korrekt angegeben wird. Israel wurde erst im Jahre 1948 gegründet.

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    1. @ Lars:

      Sie verwechseln den späteren Staat Israel mit dem obig im Artikel genannten „Eretz Israel“.

      Letzteres ist schlicht die traditionelle hebräische Bezeichnung für jenes Land, das in der Tora meist Land Kanaans genannt wird, in dem die Israeliten nach biblischer Darstellung sesshaft wurden und mehrere Jahrhunderte neben Kanaanäern, Philistern und anderen Völkern lebten.

      Palästina? Nee, das gab es als Staat 1942 ganz gewiss nicht. Der erste Gründungsversuch war 1988 in Algier.

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      1. „Eretz Israel“ ist eine religiöse Fantasie. Dieses Bezeichnung werden sie auf keiner Karte finden. „Palästina“ ist hingegen die echte Bezeichnung für dieses Land.

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        1. Wann wurde der eigenständige Staat Palästina vor 1948 nochmal gegründet? Haben Sie ein Datum?

          Wenn es kein Israel gab, sondern es religiöse Phantasie ist, wer war dann Jesus? Sorry, hab vergessen, der war ja kein Jude sondern Palästinenser, zumindest behauptet Herr Abbas dies immer.

          Über was schreibt denn Flavius? Was besetzten denn die Römer? Und wen ermordete denn Hitler?

          Geschichte lernen und dann schreiben, Lars.

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    2. Damals hieß das Land offiziell Palästina. Korrekt. Aber „Eretz Israel“ beinhaltet seit der Diaspora mehr als das physische Land, es beinhaltet Land und Volk – die kollektive Sehnsucht der Juden nach ihrem verheißenen Land.

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      1. Es gibt kein „verheißenes“ Land. Die Leute, die dort zufällig gelebt haben, haben sich und ihr karges Fleckchen Erde nur selbst zum Nabel der Welt erklärt. Es gibt viel schönere, fruchtbarere Gebiete mit reichlich Bodenschätzen auf der Welt, die ein Gott wohl eher seinem Volk zugeteilt hätte, wenn es ihn denn geben würde.

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        1. Möchten Sie Flavius widerlegen?

          Und was Gott angeht, was er mit dem Volk der Juden bezweckt hat, das dürfen Sie getrost ihm überlassen.
          Erklären Sie lieber mal, warum die Prophetien der Bibel mit der heutigen Welt übereinstimmen.

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          1. „Erklären Sie lieber mal, warum die Prophetien der Bibel mit der heutigen Welt übereinstimmen.“

            Wo ist denn ihr Jesus? Sollte er nicht wiederkommen? Sagen Sie mir bescheid wenn er da ist, dann können wir über die andere „Prophezeiungen“ sprechen.

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          2. Ausgerechnet das „Tote Meer“ ohne einen einzigen Fisch soll Gott „seinem“ Volk zugeteilt haben?

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          3. An Lars:

            Nirgend in der Bibel steht der Tag seiner Wiederkunft.
            Aber das hier, das ist eingetroffen und wenn gewisse Zeitgenossen noch so toben:
            „Zur selben Zeit will ich die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten und ihre Risse vermauern und, was abgebrochen ist, wieder aufrichten und will sie bauen, wie sie vorzeiten gewesen ist, 12 damit sie in Besitz nehmen, was übrig ist von Edom, und alle Heiden, über die mein Name genannt ist, spricht der HERR, der solches tut. 13 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass man zugleich ackern und ernten, zugleich keltern und säen wird. Und die Berge werden von Most triefen, und alle Hügel werden fruchtbar sein. 14 Ich will die Gefangenschaft meines Volkes Israel wenden, dass sie die verwüsteten Städte wieder aufbauen und bewohnen sollen, dass sie Weinberge pflanzen und Wein davon trinken, Gärten anlegen und Früchte daraus essen. 15 Ich will sie in ihr Land pflanzen, dass sie nicht mehr aus ihrem Lande ausgerottet werden, das ich ihnen gegeben habe, spricht der HERR, dein Gott.“

            Oder möchten Sie abstreiten, dass die Juden wieder zurück sind in ihrem Land. Und kommen Sie nicht damit, dass die UN dies so beschlossen hat. Gott kann alles nutzen, das ihm seine Voraussagen ermöglichen. Israel ist zurück und das, obwohl es vor 80 Jahren ausgerottet werden sollte und auch schon vorher in X-Pogromen. Gott schreibt Geschichte und Sie können es Tag für Tag sehen. Wir müssen nicht mehr glauben, nur noch schauen. Aber man muss halt wollen.

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          4. das tote Meer mag zwar keinen Fisch haben, dafür gibt es ja z.B. den See Genezareth oder das Mittelmeer. Aber dt. Krankenkassen zahlen für Kuraufenthalte am Toten Meer, wenn bei bestimmten Hautkrankheiten nichts mehr hilft als das Wasser des Toten Meeres. Hoffen wir mal, dass mancher dies nie brauchen wird. Nämlich die, die alles boykottieren wollen, das mit Israel zu tun hat. Aber wahrscheinlich wären sie hier genauso inkonsequent wie bei der Verschrottung ihres PCs. Wenn man es zum hetzen nehmen kann, ist der Boykott nicht mehr wichtig. Und dies trifft wahrscheinlich auch auf die Gesundheit zu.

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          5. Nachtrag:

            Es ist immer toll,wenn sich manche darauf berufen, dass die Bibel nicht stimmen, kann weil die Wiederkunft Jeshuas noch nicht erfolgt ist, obwohl diese in der Bibel angekündigt ist.

            Wer die Prophetien liest wird merken, dass sich die Gesichte die Gott ankündigt aufbaut bis hin zum „großen Finale“ seines Zeitplanes.

            Dies lässt sich auch mit dem Leben jedes Einzelnen vergleichen. Wir werden geboren und wir sterben. Ein Fakt, der sich nicht ableugnen lässt. Und dazwischen leben wir unser Leben. Der Tod steht am Schluss. Er findet nicht zwischen der Einschulung und der Hochzeit statt, er findet am Ende des Lebens statt.

            Jeshua wird am Ende der Zeit wiederkommen. Der Zeit, die Gott bestimmte.

            Übrigens: Atheisten haben hier ein großes Problem, deshalb versuchen sie immer wieder dies ins Lächerliche zu ziehen. Ein Bekannter von mir ist in der Ukraine aufgewachsen, war damals noch Teil von Russland. In der Schule hatten sie ein Fach namens Atheismus. Darin wurde gelehrt, dass es Gott nicht gibt. Er lacht immer, wenn er sagt: “ es ist schon bemerkenswert wie viel man über jemand sagen will, den es angeblich nicht gibt“. Sogar ein eigenes Schulfach braucht es.

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  2. Wenn schon, bitte Britisches Mandatsgebiet Palästina. Besetzt von England.
    @Redaktion: Danke für den Artikel.

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  3. Die obige Schilderung ist kaum zu begreifen. Menschen verschiedenster Nationen leisteten einem Mord Vorschub. Der Tod von 800 Menschen wurde vorsätzlich eingeleitet. Käme die Sache heute vor Gericht, würde zig Mal lebenslänglich, in manchen Staaten die Todesstrafe verhängt. Aber das würde das Leid nicht rückgängig machen. Es ist gut zu wissen, dass JEMAND da ist, der die Angelegenheit nicht vergisst. Jeder Verantwortliche, der nicht Gott um Vergebung gebeten hat, wird sich vor dem himmlischen Gericht zu verantworten haben. Und da gibt es keine Ausreden mehr!

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  4. Warum nur waren praktisch alle Länder nicht bereit, Juden aufzunehmen?
    Auf der Konferenz von Évian, die vom 6. bis 15. Juli 1938 auf Initiative des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt zusammenkam, berieten die Vertreter von 32 Staaten und 71 Hilfsorganisationen, wovon jedoch nur 24 Vertreter kurz Stellung beziehen durften, über die aufgrund nationalsozialistischer Unterdrückung rapide ansteigenden Flüchtlingszahlen von Juden aus Deutschland und Österreich.

    Da die Schweiz befürchtete, ein Treffen am Sitz des Völkerbunds in Genf könne ihr Verhältnis zum nationalsozialistischen Deutschland belasten, trafen sich die Delegierten im nahegelegenen Évian-les-Bains in Frankreich. Die Konferenz endete weitgehend ergebnislos, da sich außer der Dominikanischen Republik alle Teilnehmerstaaten weigerten, mehr jüdische Flüchtlinge aufzunehmen.

    WARUM?!

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    1. Und doch hat das jüdische Volk überlebt. Auch gegen den Widerstand der Nazi-Unterstützer. Gott schreibt Geschichte, nicht irgendeine dumme Konferenz.

      Aber wahrscheinlich wollten die Länder keine Juden weil diese in D sich in die Luft sprengten, mit Messern harmlose Bürger abstachen und Autos in Menschenmengen führen. Zynismus Ende.

      Ach ja, warum hat kein arabisches Land Arafat Asyl gewährt, als der darum bat? WARUM?

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