KUALA LUMPUR (inn) – Vier Malaysier sollen im Auftrag des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad einen Palästinenser aus Gaza wegen Verbindungen zur Hamas entführt haben. Dabei seien sie laienhaft vorgegangen und bald von der Polizei aufgespürt worden, schreibt die malaysische Zeitung „New Straits Times“.
Dem Bericht zufolge ereignete sich der Vorfall am 28. September nach 22 Uhr Ortszeit im Zentrum der Hauptstadt Kuala Lumpur. Für die Aktion habe der Mossad vier Männer als Helfer rekrutiert. Als zwei palästinensische Programmierer nach einer Mahlzeit in einem Einkaufszentrum in ihr Auto steigen wollten, sei ein weißes Fahrzeug herangefahren.
Die Männer seien ausgestiegen, hätten den Fahrer geschlagen und aus dem Auto gezerrt. Sie hätten erzählt, ihr Boss habe ein Wort mit den beiden zu reden, heißt es in dem Bericht.
Der andere Mann sei auf die Idee gekommen, es könne sich um israelische Agenten handeln. Also sei er zu einem Hotel gerannt, um das Sicherheitspersonal zur Hilfe zu holen. Währenddessen sei das Fahrzeug mit seinem Kameraden davongerast. Die Entführer hätten ihn gezwungen, den Code bei seinem Mobiltelefon einzugeben. Doch dieser behauptete, das Gerät gehöre dem anderen Palästinenser. Daraufhin hätten sie die Karte entfernt, um nicht entdeckt zu werden.
Verhör per Videogespräch
Ziel der Fahrt war demnach eine etwa eine Stunde entfernte Hütte, wo der Entführte an einen Stuhl gefesselt worden sei. Daraufhin habe ein Videoverhör mit zwei Männern begonnen, die er für Israelis hielt. Der erste Satz habe gelautet: „Sie wissen, warum Sie hier sind.“
Ein zweiter Raum mit ähnlicher Ausstattung sei für den Palästinenser vorbereitet gewesen, der entkommen war. Dieser wäre der höherpreisige Fang gewesen, schreibt das Blatt unter Berufung auf eine nicht näher genannte Quelle, die mit dem Fall vertraut sei. Der Entführte sei 24 Stunden lang verhört worden. Wenn die Antworten die Israelis nicht zufriedenstellten, habe er Schläge bekommen. Es sei vor allem um den militärischen Hamas-Flügel, die Isadin-al-Qassam-Brigaden gegangen.
Autokennzeichen nicht geändert
Der Kamerad hatte etwa 40 Minuten nach der Entführung Anzeige erstattet. Da die Entführer ihre Gesichter nicht bedeckt und das originäre Autokennzeichen verwendet hätten, sei ihnen die Polizei bald auf die Spur gekommen. Während der Razzia sei das Verhör weitergegangen, heißt es in dem Bericht. Die Israelis seien verwirrt gewesen, hätten mehrmals „Hallo“ gerufen und dann die Verbindung abgebrochen. Die letzte Frage habe sich damit befasst, wer von der obersten Hamas-Führung seinen Freund getroffen habe.
„Die Israelis wollten etwas über seine Erfahrung bei der Entwicklung von Computer-Applikationen wissen, über die Stärke der Hamas bei der Software-Entwicklung, über Mitglieder der Al-Qassam-Brigade, die er kannte, und deren Stärken“, zitiert die Zeitung einen Malaysier, der in direktem Kontakt mit den Israelis gestanden habe. Die anonyme Quelle teilte mit: „Wenn die malaysische Polizei nicht schnell gehandelt hätte, wäre das Opfer wahrscheinlich verschwunden.“
Die traumatisierten Palästinenser hätten Malaysia inzwischen verlassen, ergänzt die „New Straits Times“. Das Entführungsopfer habe Verletzungen unter anderem an Kopf und Beinen erlitten.
Tödliche Schüsse auf Hamas-Mitglied: Familie beschuldigte Mossad
Am 21. April 2018 war in Kuala Lumpur der 35-jährige Fadi Mohamed al-Batsch aus einem fahrenden Auto erschossen worden. Der palästinensische Ingenieur war Hamas-Mitglied. Seine Familie machte den Mossad für den Mord verantwortlich. Der Geheimdienst wies den Vorwurf zurück. Die Terrorgruppe hingegen konnte nach eigenen Angaben einen Mann fassen, der gestand, die Tötung für den Mossad erledigt zu haben.
Der damalige israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman (Israel Beiteinu) verneinte eine Beteiligung an dem tödlichen Angriff. Er wies aber gegenüber dem Armeesender „Galei Zahal“ darauf hin, dass der Palästinenser der Hamas half, die Zielgenauigkeit ihrer Raketen zu verbessern.
„Dieser Mann war kein Heiliger“, betonte Lieberman. „Es ging nicht darum, das Stromnetz oder die Infrastruktur und das Wasser zu verbessern.“ Der Politiker ergänzte: „Selbst wenn wir es nicht waren, gibt es keinen Anlass, eine Träne zu vergießen.“ (eh)
Eine Antwort
Bravo, Australien!