Der neue israelische Präsident Jitzchak Herzog ist alles andere als eine schillernde Persönlichkeit. Wer es gut mit ihm meint, beschreibt ihn als bescheiden. Beobachter, die sich weniger diplomatisch ausdrücken, nennen ihn uncharismatisch. Womöglich passt diese Eigenschaft zum Programm, das er sich in seiner Amtszeit vorgenommen hat: Angesichts des gesellschaftlichen Aufruhrs der vergangenen Wochen und Monate geht es ihm darum, „den Ton zu senken, die Flammen einzudämmen, zu beruhigen“. So formuliert er es bei seiner Antrittsrede am 7. Juli in der Knesset.
Aus welch illustrer Familie der 1960 in Tel Aviv geborene Herzog kommt, ist dann aber doch am Selbstbewusstein zu erkennen, mit dem er seine Anliegen formuliert. Medien beschreiben die Herzogs gerne als „israelische Aristokratie“ oder als Pendant zu den Kennedys in Amerika. Der in Polen geborene Großvater Isaak HaLevy Herzog war der erste Oberrabbiner von Irland, später der erste aschkenasische Oberrabbiner des Mandatsgebietes Palästina und dann des Staates Israel; 1958 erhielt er den Israel-Preis für rabbinische Literatur. Jitzchaks Vater Chaim war von 1983 bis 1993 der sechste Staatspräsident, zuvor UN-Botschafter in New York. Tante Susi war mit dem berühmten Außenminister Abba Eban verheiratet. Zahlreiche weitere Familienmitglieder waren oder sind gesellschaftlich oder künstlerisch engagiert. Die Ansprüche, die sich mit dem Familiennamen verbinden, beschrieb Herzog einmal als Antrieb und Bürde zugleich.
Frühes politisches Interesse
Was der Familienname bedeutet, zeigt eine Episode aus seiner Schulzeit in New York, als sein Vater dort Mitte der 1970er Jahre UN-Botschafter war: Jitzchak kanditierte für den Vorsitz der Schülerschaft. Seinen Eltern verriet er nichts von seinen Ambitionen – er wollte es selbst schaffen, ohne die Hilfe eines UN-Botschafters. Die Eltern erfuhren von seinem Erfolg dann durch den Schulleiter.
Die Episode verdeutlicht zwar auch Herzogs frühes politisches Interesse, dennoch schlug er zunächst eine Laufbahn als Anwalt ein: Er arbeitete für die Kanzlei Herzog, Fox & Ne’eman, die sein Vater 1972 mitgegründet hatte und die heute eine der größten in Israel ist. Dann zog es ihn aber doch in die Politik: 1985 trat Herzog der Arbeitspartei bei, 1988 bekleidete er einen ersten wichtigen Posten unter dem damaligen Finanzminister Schimon Peres. Ende der 1990er Jahre arbeitete er für den Oppositionsführer und späteren Premier Ehud Barak, 2003 saß er erstmals in der Knesset, 2005 folgte sein erster Ministerposten. 2015 wollte er als Chef der Arbeitspartei und Oppositionsführer Benjamin Netanjahu im Amt des Premierministers ablösen. Dabei setzte er auch auf soziale Themen, um gegenüber „Mr. Security“ zu punkten. Die Sozialproteste aus dem Jahr 2011 waren damals noch in frischer Erinnerung, und soziale Wohlfahrt gehörte schon lange zu Herzogs Hauptinteressen. Doch selbst im Bündnis mit Zippi Livnis Partei HaTnua, bekannt als die inzwischen aufgelöste „Zionistische Union“, konnte er Netanjahus Likud damals nichts anhaben.
Ein Umweg nach ganz oben
Einen kleinen politischen Schlag verpasste Herzog Netanjahu später dennoch: Im Juni 2018 wurde er Vorsitzender der Jewish Agency. Netanjahus Favorit war Energieminister Juval Steinitz (Likud) gewesen; erstmals seit 23 Jahren konnte sich ein Premierminister bei der Besetzung des Postens nicht durchsetzen. Für die Jewish Agency waren die drei Amtsjahre offenbar ein Glücksfall: Zum Abschied infolge der Präsidentenwahl sagte Chanan Mor, die Vorsitzende des Arbeiterausschusses bei der Jewish Agency, Herzog habe den Status der Einrichtung aufgewertet. Darüberhinaus machte er erstmals eine Frau, Amira Ahronovitz, zur Generaldirektorin. Ihre Ernennung beschreibt die Zeitung „Jerusalem Post“ als „großen Riss“ in der „Gläsernen Wand“ in einer bislang von Männern geprägten Einrichtung. Mor äußerte die Hoffnung, Herzog werde nach den sieben Amtsjahren zurückkommen.
Gewissermaßen führt Herzog als Präsident das fort, was er bei der Jewish Agency ohnehin schon tat: Brücken bauen, auch und gerade zum Diaspora-Judentum, aber auch innerhalb der israelischen Gesellschaft. Aufgrund seines Werdegangs teilen dann auch die meisten Israelis die Einschätzung seines Amtsvorgängers Reuven Rivlin: „Der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“
Von: Daniel Frick
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Eine Antwort
Liebe Freunde, leider ist es wieder so weit, dass ein ganzes Volk mit einem jüdischen Präsidenten an der Spitze vernichtet werden soll, und die Weltgemeinschaft sieht voller Entsetzen gelähmt fast nur zu. Die Unterstützung des Westens, und gerade Deutschlands, dass sich zuvor leichtfertig vom Aggressor abhängig gemacht hat, ist halbherzig und für die Ukraine und ihr Volk sogar todbringend. Ich bitte die israelische Regierung sowie alle jüdischen Institutionen, auf Russland. die USA, Deutschland und die NATO allen nur denkbaren Druck auszuüben, um eine humane Katastrophe in Europa mit allen Mitteln zu stoppen . zu stoppen Eine Wiederholung des Völkermordes durch Hitlerdeutschland darf sich nicht unter den Augen gerade der damaligen Hauot-Verantwortlichen Nationen wiederholen. Die Ukraine braucht jetzt wirksame Hilfe, in jeder nur denkbaren Form, auch gerade militärisch, und keine peinlich leeren Reden. Als Freundesfamilie von Marek Edelman aus Lodz/ Warschauer Ghetto fühlen wir uns zutiefst verpflichtet , diese Erinnerung aufrechtzuhalten und eine Wiederholung solcher Greueltaten mit allen Mitteln zu verhindern. Tragen auch Sie bitte dazu immer und überall bei !!!