BEIRUT (inn) – Der Patriarch von Antiochien der Maroniten, Bechara Butros al-Rahi, hat die libanesische Armee am Sonntag dazu aufgefordert, die Kontrolle im Süden des Landes von der Hisbollah zu übernehmen. Das Militär müsse verhindern, dass Raketen von dort aus abgefeuert werden, sagte der Kardinal in einer Predigt im nordlibanesischen Dorf Diman, wo er seine Sommerresidenz hat. Der Aufruf erfolge „nicht wegen der Sicherheit Israels, sondern wegen der Sicherheit des Libanon“.
Der 81-jährige Patriarch ergänzte, der Libanon habe mit Israel zwar keinen Friedensvertrag unterzeichnet, doch genausowenig habe er sich für einen Krieg entschieden. Es gelte der Waffenstillstand von 1949. „Wir wollen nicht, dass der Libanon in Militäroperationen verwickelt wird, die verheerende israelische Reaktionen hervorrufen“, sagte er laut der „Nationalen Nachrichtenagentur“ (NNA), die zum Informationsministerium gehört. Zugleich kritisierte er Israel für „regelmäßige Verletzungen gegen den Südlibanon“.
Feuer und Gegenfeuer
Anlass für die Äußerung ist ein Raketenangriff der Terror-Organisation Hisbollah auf Israel am vergangenen Freitag. Mit 19 Geschossen war es der schwerste Angriff seit dem Zweiten Libanonkrieg im Jahr 2006. Nach Angaben der Armee wurden zehn Raketen abgefangen, sechs schlugen auf freiem Feld und drei noch im Libanon ein. Die israelische Armee erwiderte den Beschuss mit Artilleriefeuer.
Die Hisbollah gab an, das Raketenfeuer sei eine Reaktion auf einen israelischen Angriff vom Donnerstag. Dieser wiederum erfolgte nach einem Raketenangriff vom Mittwoch aus dem Libanon.
Es war nicht das erste Mal, dass sich Al-Rahi kritisch zur Hisbollah äußerte. Nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut vor einem Jahr rief er den Staat auf, Kontrolle über die Waffen im Land zu erlangen sowie über Entscheidungen zu Krieg und Frieden.
Israel: UN müssen moralische Klarheit zeigen
Indessen hat Israel sowohl das Raketenfeuer wie auch die Reaktion der Vereinten Nationen verurteilt. Regierungschef Naftali Bennett (Jamina) erklärte am Sonntag vor der Kabinettssitzung, Israel werde keinen Beschuss dulden. „Der Libanon und seine Armee müssen Verantwortung übernehmen für das, was in ihrem Hinterhof passiert.“
Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan hatte bereits am Freitag Beschwerde bei der Staatenorganisation eingelegt. Am Sonntag warf er UN-Generalsekretär António Guterres vor, Israel mit der Hisbollah moralisch gleichzusetzen. Guterres hatte in einer Stellungnahme „beide Seiten“ zur Zurückhaltung aufgerufen und dabei von einer„Eskalation zwischen Israel und dem Libanon“ gesprochen.
Diese Wortwahl zeige, dass die UN „von den Kriegsverbrechen der Hisbollah bewusst wegsehen“, kritiserte Erdan laut der Nachrichtenseite „Times of Israel“. „Wir erwarten mehr von den Vereinten Nationen, die als Stimme moralischer Klarheit dienen sollten, bevor es für den Libanon und die Region zu spät ist.“
Von: df