HOFFENHEIM (inn) – Seit Anfang 2020 steht der israelische Fußballer Munas Dabbur bei der TSG 1899 Hoffenheim unter Vertrag. Ein Spiel mit Fans im Stadion hat der 28-jährige Stürmer in der Bundesliga bisher wegen der Corona-Pandemie nicht erlebt. Aber die Jagd nach Toren geht weiter.
Dabbur ist in einer muslimischen Familie in Nazareth aufgewachsen. Dort spielte er als Jugendlicher für den örtlichen Verein und machte sich bald einen Namen als Torjäger. „Wir haben nicht in den besten Ligen gespielt, ich habe jedes Jahr mehr als 100 Tore geschossen“, sagt er in einem Interview der Zeitung „Jerusalem Post“. Allerdings sei das natürlich nicht realitätsnah, wenn ein Spiel etwa 25:0 ausgehe.
Als er älter wurde, lockte Europa. Doch seine Mutter wollte nicht, dass er gleich so weit wegzog. Der Vater war zudem 2009 bei einem Unfall gestorben. Also begann Dabbur seine Profilaufbahn in der obersten israelischen Spielklasse bei Maccabi Tel Aviv. Der Wechsel war nach seiner Aussage „ein Schritt, um meine Komfortzone zu verlassen, mein Zuhause“.
Im Jahr 2014 verließ er dann auch seine israelische Heimat. Erste Station in Europa war der Schweizer Rekordmeister Grasshopper Zürich. Über Red Bull Salzburg und den FC Sevilla gelangte er schließlich nach Hoffenheim. Sein Vertrag gilt bis Juni 2024.
Drittbester Torschütze der Europa League
Das Toreschießen gelingt dem Israeli auch im Ausland: In der Europa League erzielte er für seine unterschiedlichen Vereine bislang 24 Tore in 49 Spielen. Damit belegt er in der Bestenliste seit Einführung dieses Wettbewerbs Rang 3. Nur der Kolumbianer Falcao (derzeit Galatasaray Istanbul) mit 30 Treffern und der bereits nicht mehr aktive Spanier Aritz Aduriz (Athletic Bilbao) mit 28 Toren sind besser als er. Wenn der frühere UEFA-Cup mit eingerechnet wird, nimmt Dabbur immerhin den 9. Platz ein. Bester Torschütze ist hier der Niederländer Klaas-Jan Huntelaar mit insgesamt 34 Treffern.
In der Bundesliga kann Dabbur bislang 8 Tore aus 36 Spielen vorweisen. Im DFB-Pokal sind es 2 Tore aus 2 Spielen. Besonders stolz ist er auf seine drei Treffer gegen den Torwart von Bayern München, Manuel Neuer: „Es ist natürlich etwas sehr Besonderes, gegen den besten Torhüter der Welt und einen der besten in der Geschichte zu treffen.“ Wer einen Vertrag in der Bundesliga unterschreibe, träume davon, gegen München oder gegen Borussia Dortmund ein Tor zu erzielen.
Zurückgeworfen durch Corona-Infektion
Einen Rückschlag erlitt Dabbur Anfang November während einer Länderspielreise in Norwegen: Er wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Anfang Dezember habe er wieder auf dem Platz gestanden, schrieb das Sportmagazin „Kicker“. Aber erst im Februar habe er das frühere Niveau erreicht.
Nicht nur die Spielpause infolge der Infektion, auch die allgemeine Corona-Lage macht dem Araber zu schaffen: Er vermisse die Fans, sagt er in dem Interview. „Es war für mich immer etwas Besonderes, Bundesliga im Fernsehen zu sehen, zu einem großen Teil wegen der Fans. Jetzt habe ich unglücklicherweise ohne Fans gespielt, seit ich hier bin.“
Enttäuschend war für Hoffenheim das Ausscheiden aus der Europa League in der Runde der letzten 32 Mannschaften. Da konnte auch Dabbur seinem Team nicht helfen. Im Hinspiel beim norwegischen Verein Molde gelangen ihm noch zwei Tore. Allerdings verschoss er auch einen Elfmeter, der zum 4:1 geführt hätte. Stattdessen endete die Begegnung mit einem 3:3-Unentschieden. Im Rückspiel verlor Hoffenheim dann zu Hause mit 0:2. Nach dem 25. Februar ist es für den Israeli also für diese Saison vorbei mit der Chance, seinen Kontostandan Toren in der Europa League weiter zu erhöhen.
Erfolgreich in der Nationalmannschaft
Seit 2014 spielt Dabbur in der israelischen Nationalmannschaft. Auch seine dortige Bilanz kann sich sehen lassen: In 29 Spielen schoss er 8 Tore. Zuletzt gelang ihm am Mittwoch ein Treffer in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2022. Beim 4:1-Auswärtssieg in Moldawien erzielte er das 3:1.
In Hoffenheim fühlt sich der Israeli aus Nazareth wohl: „Die Stadt und das Gebiet sind nicht so groß, aber das hat einen Vorteil. Man kann sich auf Fußball konzentrieren und die familiäre Zeit genießen, vor allem wenn man ein familiärer Typ ist. Es passt perfekt zu mir, denke ich.“
Von: eh