DAMASKUS (inn) – Zehn Jahre nach Beginn der Proteste gegen die syrische Regierung befinden sich die Palästinenser im Land in einer schlimmen Lage. Mehr als die Hälfte sei mindestens einmal vertrieben worden, teilte das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge in Nahost (UNRWA) am Montag mit. Die Demonstrationen gegen Präsident Baschar al-Assad und sein Regime hatten am 15. März 2011 begonnen.
Wegen des „brutalen Konfliktes, der darauf folgte“, hätten 120.000 Palästinenser in anderen Ländern Schutz gesucht, heißt es bei der UNRWA. Ziele seien vor allem der Libanon und Jordanien gewesen. Der Generalkommissar der Organisation, Philippe Lazzarini, sagte: „Als palästinensischer Flüchtling wird man schon mit einem Etikett geboren, auf dem ‚vertrieben‘ steht. Wenn man ein palästinensischer Flüchtling in Syrien ist, dann ist man mindestens doppelt vertrieben und lebt höchstwahrscheinlich in äußerstem Elend.“
Palästinenser in zwölf Lagern angesiedelt
Nach Angaben der UNRWA kamen die meisten Palästinenser in zwei Hauptwellen nach Syrien: infolge des israelischen Unabhängigkeitskrieges 1948 und infolge des Sechs-Tage-Krieges 1967. Sie wurden in zwölf Lagern angesiedelt, von denen Al-Jarmuk bei Damaskus am bekanntesten ist. Es gelte als „Hauptstadt der palästinensischen Flüchtlinge“. Während des Bürgerkrieges wurde es vom Terrornetzwerk Islamischer Staat belagert. Viele Palästinenser mussten deshalb hungern.
Bei den Vereinten Nationen gibt es zwei Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern: Der UNHCR ist zuständig für Geflüchtete in aller Welt, ungeachtet ihrer Nationalität. Die UNRWA versorgt ausschließlich Palästinenser. Eine weitere Besonderheit ist, dass in diesem Fall der Flüchtlingsstatus auf nachfolgende Generationen übertragen wird. In Syrien ist die UNRWA seit 1950 tätig.
Mehr als 90 Prozent in völliger Armut
Der Mitteilung zufolge leben von den 438.000 Flüchtlingen, die nach 2011 im Land geblieben sind, 91 Prozent in völliger Armut. Für sie sei die UNRWA der Hauptversorger. Hinzu komme die Unterstützung von 45.500 Palästinensern, die aus Syrien nach Jordanien und in den Libanon flohen.
Die UNRWA ergänzte, dass viele Einrichtungen in Syrien, wie Schulen und Gesundheitszentren, durch den internen Konflikt unzugänglich oder beschädigt seien. So habe das Hilfswerk 40 Prozent seiner Klassenzimmer eingebüßt. Fast 25 Prozent der Gesundheitszentren seien unbenutzbar. In den bewaffneten Auseinandersetzungen der vergangenen zehn Jahre habe die UNRWA 19 Mitarbeiter verloren.
Von: eh