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ORF-Moderator giftet gegen Israel

Ein „egoistischer Impfweltmeister“, der bislang „fast nur Juden“ geimpft habe – mit dieser Anmoderation giftet ein Nachrichtensprecher im ORF-Lokalradio gegen Israel. Dahinter steht ein falsches und gefährliches Narrativ. Ein Kommentar von Sandro Serafin
„Blöde Formulierung“: Der Radiomoderator ist selbst über seine Wortwahl unglücklich

Einstiegsmusik ertönt, eine Stimme kündigt „die besten Informationen der Stadt“ an. Montag, 1. März, es ist der regionale Radiosender ORF Wien, die Nachrichtensendung um 10 Uhr. Was dann folgt, hat allerdings mit guter Information wenig zu tun. Der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich spricht später von einem „hetzerischen“ Beitrag, die Österreichisch-Israelische Gesellschaft von „antisemitischer Propaganda“.

Eigentlich ist es nur ein Satz. Aber dieser Satz sorgt für Kopfschütteln: „Der egoistische Impfweltmeister: Israel hat bis jetzt fast nur Juden geimpft, erst jetzt kommen Palästinenser an die Reihe“ – so kündigt der Radiomoderator die Meldung über einen israelischen Regierungsbeschluss an, wonach sich Palästinenser, die zwar in den Autonomiegebieten leben, aber zu Arbeitszwecken nach Israel einreisen, von jetzt an impfen lassen können.

„Egoistisch“? Und: „fast nur Juden geimpft“? Auf Israelnetz-Anfrage spricht der betroffene ORF-Moderator am Mittwoch von einer „blöden Formulierung, über die ich im Nachhinein selbst sehr unglücklich bin“. Er verweist auf den Zeitdruck, unter dem er arbeite, und versichert, dass Antisemitismus bei ihm keinen Platz habe. Trotzdem rutschte ihm ein Satz raus, der jedenfalls das Potential hat, im unbedarften Zuhörer antisemitische Gefühle zu wecken: Ist es nicht so, dass die „egoistischen“ Juden sich mal wieder nur um sich selbst kümmern, massig Impfstoff aufkaufen und gleichzeitig die sowieso schon unterdrückten Palästinenser direkt nebenan dahinsiechen lassen?

Israel impft alle seine Bürger

Natürlich ist das nicht so. In Israel selbst leben rund zwei Millionen Araber, das sind etwa 20 Prozent der Bevölkerung. Viele von ihnen sehen sich selbst als Palästinenser. Aber sie haben einen israelischen Pass, können wählen, sind mit der jüdischen Bevölkerung rechtlich gleichgestellt. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, bei ihrer Krankenkasse einen Impftermin zu vereinbaren, ins Impfzentrum zu fahren und sich das Vakzin – vielleicht sogar von einer arabischen Krankenschwester – verabreichen zu lassen. Viele haben das bereits genutzt. Dass Israel bis jetzt „fast nur Juden geimpft“ habe und „erst jetzt“ Palästinenser dran kämen, ist also schon insofern falsch: Die Anmoderation impliziert ohne Grundlage eine ethnisierend-rassistische Impfpolitik des israelischen Staates.

In dem so eingeleiteten Radiobeitrag geht es vor allem um die Impfung von Palästinensern, die außerhalb der israelischen Staatsgrenzen, also in den von der Autonomiebehörde verwalteten Gebiet ohne israelischen Pass leben. Ob Israel für sie moralisch oder rechtlich überhaupt zuständig ist, ist umstritten. Die Regierung beruft sich auf die Osloer Verträge, nach denen die Palästinenser eine eigene gesundheitspolitische Zuständigkeit haben. Die Zeitung „Jerusalem Post“ erfuhr im Dezember zudem, dass die palästinensische Selbstverwaltung bis dato noch überhaupt nicht bei Israel um die Lieferung von Impfstoff gebeten hatte. Interessanterweise bekommen die Zuhörer von ORF Wien diese Fakten im Beitrag des Israel-Korrespondenten, der sich an die Anmoderation anschließt, sogar geliefert. Zu diesem Zeitpunkt aber ist der Bericht schon durch den unmöglichen Zungenschlag der Anmoderation vergiftet.

Neiddebatten

Auch in Sozialen Netzwerken ist immer wieder zu lesen, Israel habe bei der Impfstoffbeschaffung egoistisch gehandelt, nicht nur – wie in dieser Radiomoderation unterstellt – gegenüber den Palästinensern, sondern gegenüber der ganzen Welt. „Impfstoff horten und was bleibt dann z. B. für die Länder in Afrika. Sind die Menschen nicht soviel wert, Herr Netanjahu?“, fragt etwa ein Nutzer bei Twitter.

Die Wahrheit ist: Israels Regierung hat einfach vieles richtig gemacht. Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte die Impfungen zur Chefsache, legte genügend Geld auf den Tisch und sicherte so das Wohl der eigenen Bürger, denen er verantwortlich ist. Europas Staaten hätten jederzeit die Möglichkeit gehabt, dasselbe zu tun. Stattdessen schoben sie die Verantwortung einer politisch überforderten EU-Kommissionspräsidentin zu. Kompensiert wird das Versagen nun mit Neid, mal wieder gegenüber Israel.

Der betroffene ORF-Moderator sagte zu Israelnetz, dass Israel „unbestritten beim Impfen sehr schnell etwas sehr Großes auf die Beine gestellt“ habe. Dafür gebühre dem Land Anerkennung. „Ich werde meine Wortwahl künftig sensibler überdenken.“ Aus der ORF-Radiothek wurde die Nachrichtensendung inzwischen entfernt. Später veröffentlichte der ORF eine Richtigstellung. Der Generalsekretär der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft, Jürgen Tempelmayr, zeigte sich auf Nachfrage zuversichtlich. Es habe ein gutes Gespräch mit der Leitung des Senders gegeben: „Ich denke, es wird in Zukunft in Wien darauf geachtet werden, in den Texten sorgsamer in der Wortwahl zu verfahren.“ Bleibt zu hoffen, dass er damit Recht behält.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Kommentars fand sich ein Link zu der Sendung. Da der ORF sie mittlerweile aus der Radiothek entfernt hat, haben wir den Hinweis auf den Link gestrichen.

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