JERUSALEM (inn) – Ein Komitee hat mögliche Ursachen für die hohen Lebenskosten in Israel untersucht. Dabei zog es auch den internationalen Vergleich. So seien die Preise in Israel um 20 Prozent höher als in anderen Ländern der OECD. Die Produktivität sei vergleichsweise gering: Bei der Wertung Produkt je Arbeitsstunde gebe es eine Differenz von 44 Prozent. Betroffen sind vor allem die Bereiche Handel und Dienstleistung, heißt es in einem Zwischenbericht, den die Experten vergangene Woche veröffentlicht haben.
Nach Erkenntnis des Komitees ist Regulierung ein Faktor bei den Problemen. Die stellvertretende Direktorin für Strategie und Planung im Wirtschaftministerium, Michal Fink, sagte dem Wirtschaftsmagazin „Globes“: „Unternehmen in den Sektoren Handel und Dienstleistungen sind durch eine bedrückende staatliche Regulierung beeinträchtigt. Diese Sektoren zu mehr Wachstum und höherer Produktivität zu bringen, benötigt eine lange Sicht bei Planung und Ausführung, und die Einführung wirksamer Veränderungen in bestehenden staatlichen Mechanismen.“
Messbare Ziele angestrebt
Das Komitee bemängelt, dass Politiker bislang die Kosten für Im- und Export vernachlässigt haben. Der Leiter des Aaron-Instituts für Wirtschaftspolitik am Interdisziplinären Zentrum Herzlia, Zvi Eckstein, erläuterte: „Wir versuchen, der Regierung messbare Ziele zu geben, die kontrolliert werden können. Auf diese Weise ist es möglich, sich auf die Bereiche zu konzentrieren, die verbessert werden können.“ Die geographische Lage erschwere den internationalen Handel. Die Politiker hätten bislang die Kosten für die Bürokratie bei Im- und Export nicht bemessen. Als erste Maßnahme müsse das Problem der Regulierung erfasstwerden, die den weltweiten Handel in Dienstleistungen und Kommerz einschränke.
Wichtig sei auch eine internationale Vergleichbarkeit. Eckstein hält es für möglich, dass Israel die Normen des europäischen Marktes übernimmt – auch bei Mechanismen zum Risikomanagement. Das Komitee empfiehlt zudem, die bestehenden Hindernisse beim Import zu senken, um den Wettbewerb anzukurbeln.
Neben dem Staat seien auch die Unternehmen gefordert: Einerseits hätten die Experten gesehen, wie wertvoll ein Jahrzehnt des Fortschritts in digitalen Fähigkeiten gewesen sei, merkte Fink an. „Aber auf der anderen Seite blieb jeder, dem es nicht gelang, auf diesen fahrenden Zug aufzuspringen, weit zurück. Um die Produktivität zu erhöhen, müssen sich alle Sektoren mit der Einführung von Innovation und Technologie befassen.“
Betroffene Unternehmen öffnen nach Lockdown als Letzte
Die Schlussfolgerungen zog das Komitee bereits vor Beginn der Corona-Pandemie im vergangenen März. Fink ergänzte: „Die Coronavirus-Krise hat die Schwierigkeiten und Einschränkungen in diesen Sektoren noch verschlimmert, und die abgeleiteten Erkenntnisse waren doppelt wertvoll.“
In den Bereichen Handel und Dienstleistung nehmen kleine und mittelständische Unternehmen die wichtigste Rolle ein. Diese konzentrierten sich vor allem auf den Binnenmarkt. Und sie seien Hauptleidtragende in der Corona-Pandemie, stellte das Komitee fest. Nach dem dritten Lockdown würden sie als Letzte wieder geöffnet. Dabei machten gerade diese Bereiche einen hohen Anteil der Wirtschaft aus: 65 Prozent der Beschäftigten und der Bruttowertschöpfung beim Produkt im Wirtschaftssektor gehörten dazu. Deshalb gebe es große Auswirkungen auf die allgemeine Produktivität und auf die Lebenskosten.
Das Komitee wurde 2018 eingesetzt. Es sollte die Kluft zwischen Israel und anderen Ländern bei der Produktivität untersuchen. Vertreten sind unter anderem das Wirtschaftsministerium, das Aaron-Institut, das Zentrale Statistikbüro, die Budgetabteilung des Finanzministeriums und die Föderation der israelischen Handelskammer.