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Land gegen Raketen

Vor fünfzehn Jahren, am 12. September 2005, verließ der letzte israelische Soldat den Gazastreifen. Im Gegenzug bekam Israel nicht Frieden, sondern noch mehr Raketen. Wie schaut eine ehemalige „Siedlerin“ auf die Ereignisse zurück? Und wie gehen die Anwohner im Grenzgebiet mit der ständigen Bedrohungslage um?
„Das ist mein Zuhause“: Eine Siedlerin wird am 17. August 2005 aus dem Gazastreifen evakuiert

„Sie haben ein Jahr gebraucht, um alles zu zerstören, was wir in über dreißig Jahren aufgebaut haben“, sagt Laurence Basis. Die Israelin erzählt ihre Geschichte in ruhigem und alles andere als verbittertem Ton. Doch an dieser Stelle bekommt ihre Stimme etwas Emotionales. „Es ist fast unmöglich, das wieder aufzubauen. Nicht einmal Superman würde das schaffen.“ Bis vor fünfzehn Jahren war Basis das, was man gemeinhin als „Siedlerin“ bezeichnet. Mit ihrem Mann und vier Kindern lebte die heute 59-Jährige in Gadid, einer kleinen jüdischen Ortschaft im Gazastreifen, die zum Siedlungsblock Gusch Katif gehörte.

Schon in alten Zeiten hatten Juden in der Gegend um Gaza gesiedelt. Nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg verwalteten die Ägypter das Gebiet, das im UN-Teilungsplan von 1947 unverbindlich für einen arabischen Staat vorgesehen war. Bereits in den 50er Jahren diente Gaza dann als Ausgangsbasis arabischer Terroristen. Der Sieg der israelischen Armee im Sechs-Tage-Krieg ermöglichte die erneute jüdische Besiedlung, die in den frühen 70er Jahren von der Regierung Golda Meirs vorangetrieben wurde.

Laurence Basis wollte etwas Neues, etwas Anderes machen – und zog 1986 nach Gadid in den Gazastreifen. Foto: Privat
Laurence Basis wollte etwas Neues, etwas Anderes machen – und zog 1986 nach Gadid in den Gazastreifen.

Pioniere wie im Schulbuch

Laurence Basis und ihr Ehemann ließen sich 1986 im Gazastreifen nieder. Sie suchten nach etwas Neuem, einem durch Gemeinschaft geprägten Leben und landwirtschaftlicher Arbeit. Im Gusch Katif, dem „Block der Ernte“, wurden sie fündig. „Es gab hier keine Banken oder Geschäfte – nur Sanddünen“, erinnert sich die gelernte Landwirtin. „Wir fühlten uns ein bisschen als Pioniere, so wie man sie aus den Schulbüchern kennt. Wir glaubten, etwas zu tun, das für den Staat Israel wichtig ist.“

Insgesamt lebten 2005 mehr als 8.000 Israelis im Gazastreifen, aufgeteilt auf 21 Siedlungen. Um sie herum siedelten etwa 1,3 Millionen Palästinenser. Lange Zeit habe es gute Beziehungen zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung gegeben, erzählt Basis. Palästinenser arbeiteten in israelischen Gewächshäusern, zum Teil entwickelten sich auch auf privater Ebene Verbindungen. „Es ging dabei nicht um den ‚Weltfrieden‘“, erklärt sie. „Wir arbeiteten zusammen, einfach um ein gutes Leben zu haben.“ Ähnliches berichtet Adele Raemer: „Das war hier früher keine Kriegszone“, sagt die 65-jährige Israelin, die seit 1975 im Kibbutz Nirim wohnt, etwa zwei Kilometer außerhalb des Gazastreifens. „Es war normal, in den Gazastreifen zu fahren, auf den Freiluftmarkt oder an den Strand“, erinnert sie sich. Ihr Haus wurde von einem Palästinenser gebaut, Araber kamen als Arbeiter in die Moschawim und Kibbutzim auch innerhalb Israels.

Doch mit den Jahren – und den beiden „Intifadas“ – änderte sich das. Terroranschläge nahmen zu, ebenso Raketen- und Mörserbeschuss. Mit einer Mehrheit der israelischen Bevölkerung im Rücken entschied die Regierung 2004, alle Siedlungen im Gazastreifen zu evakuieren und die Armee abzuziehen. Premierminister Ariel Scharon (Likud) erhoffte sich davon unter anderem mehr Sicherheit und eine Stabilisierung der jüdischen Mehrheit Israels. Auch Adele Raemer in Nirim war dafür. „Warum sollten so viele Soldaten, darunter mein Mann und meine Söhne, ihr Leben riskieren, nur um so wenige Menschen zu beschützen?“, fragt sie.

Mehrfach demonstrierten zehntausende Menschen gegen den Abkopplungsplan, wie hier am 11. August 2005 auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv. Foto: GPO/Mosche Milner
Mehrfach demonstrierten zehntausende Menschen gegen den Abkopplungsplan, wie hier am 11. August 2005 auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv.
Viele verließen den Gazastreifen, ohne sich körperlich zu widersetzen ... Foto: Israelische Armee
Viele verließen den Gazastreifen, ohne sich körperlich zu widersetzen …
... Andere leisteten Widerstand, so wie hier am dritten Tag der Evakuierung auf dem Dach einer Synagoge in Kfar Darom. Foto: GPO/Jossi Samir
… Andere leisteten Widerstand, so wie hier am dritten Tag der Evakuierung auf dem Dach einer Synagoge in Kfar Darom.
Am 12. September 2005 verließen die letzten israelischen Soldaten über Kissufim den Gazastreifen. Foto: GPO/Mosche Milner
Am 12. September 2005 verließen die letzten israelischen Soldaten über Kissufim den Gazastreifen.

„Wir fühlten uns betrogen“

Im Gazastreifen hatte Laurence Basis bereits vor Scharons ersten Andeutungen im Dezember 2003 registriert, dass die israelische Bevölkerung immer mehr bereit schien, Gegenden außerhalb des israelischen Staatsgebietes zu räumen. Dass aber ausgerechnet Scharon den Abzug anordnete, war für sie als Likud-Wählerin ein Schock. „Wir fühlten uns betrogen“, sagt Basis. Scharon hatte nicht nur allgemein als „Vater der Siedlungen“ gegolten, sondern auch noch im Wahlkampf wenige Monate zuvor Vorschläge aus der Arbeitspartei zu einem Gaza-Abzug zurückgewiesen.

Für die Israelis in den Siedlungen begann nun ein politischer Kampf. „Uns war klar: Wenn Scharon etwas sagt, dann meint er das auch so“, sagt Basis. Dennoch gaben die Siedler nicht auf. Nicht nur einmal demonstrierten mehr als hunderttausend Menschen gegen den Abkopplungsplan. Einige Medien malten Schreckensszenarien an die Wand, warnten vor bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Wohl nicht zuletzt, weil mehrere Rabbiner Soldaten zur Befehlsverweigerung aufgerufen hatten. „Es gab ein ziemliches Missverständnis gegenüber den Menschen in Gusch Katif“, meint Basis. „Es ging nicht um einzelne Gewächshäuser oder um Geld. Wir wollten die Idee einer besonderen Verbindung zu unserem Land vermitteln, aber nichts tun, was dem Staat Israel schadet.“

Am Ende half alles nichts. Am 15. August 2005 begann die Armee, den Abkopplungsplan umzusetzen. Innerhalb einer Woche waren alle Zivilisten evakuiert. Basis und ihre Familie gingen, ohne körperlichen Widerstand zu leisten. Andere ließen sich von der Armee aus ihren Häusern tragen. Wieder andere zündeten Barrikaden an. Am 12. September, gegen 7 Uhr morgens, verließ dann der letzte israelische Soldat den Gazastreifen.

Mit den Folgen der Evakuierung war die Regierung überfordert. Basis und ihre Familie wurden in einem mobilen Wohnhaus in Nitzan, zwischen Aschdod und Aschkelon, untergebracht. Andere zogen für mehrere Monate in Universitäten, Schulen oder Hotels ein. Ganze acht Jahre lebte Familie Basis in dem mobilen Haus, Kompensationsgelder flossen direkt in die Miete. Viele der Evakuierten waren lange arbeitslos. Landwirtschaftlich aktiv blieben nur wenige. „Die Regierung hat all’ ihre Kraft darein gesteckt, die Menschen rauszuholen. Als die Grenze geschlossen war, hat sie sich um nichts mehr gekümmert“, kritisiert Basis. 2010 warf auch ein Bericht einer Untersuchungskommission der Regierung Versagen vor. Selbst heute gibt es Familien, die immer noch in temporären Häusern wohnen.

Premierminister Ariel Scharon (r.) lässt sich im Juli 2005 zeigen, wo die evakuierten Siedler künftig wohnen sollen. Foto: GPO/Amos Ben Gerschom
Premierminister Ariel Scharon (r.) lässt sich im Juli 2005 zeigen, wo die evakuierten Siedler künftig wohnen sollen.
Familie Basis lebte acht Jahre lang in einem der mobilen Häuser in Nitzan. Noch heute hausen evakuierte Familien in solchen „Karavillot“. Foto: GPO/Mosche Milner
Familie Basis lebte acht Jahre lang in einem der mobilen Häuser in Nitzan. Noch heute hausen evakuierte Familien in solchen „Karavillot“.
Die Häuser der Bewohner im Gazastreifen wurden von der israelischen Armee zerstört, so wie hier am 17. August 2005 in Morag. Foto: GPO/Mark Neyman
Die Häuser der Bewohner im Gazastreifen wurden von der israelischen Armee zerstört, so wie hier am 17. August 2005 in Morag.

Noch mehr Terror

Die Hoffnung, der Abzug könne sich sicherheitspolitisch positiv auswirken, erfüllte sich nicht. Zahlreiche Palästinenser begriffen den Schritt als Verdienst des Terrorismus, als ein Zurückweichen Israels. Innerhalb des Gazastreifens wurden Synagogen zerstört und israelische Gewächshäuser niedergerissen, die den Palästinensern überlassen worden waren. Schon am 12. September, nur wenige Stunden nach Beendigung des Abzugs, ertönte der erste Raketenalarm der neuen Zeit.

Zwar hatten auch schon vor dem Abzug Ortschaften innerhalb Israels unter Beschuss gestanden. Doch nun verschärfte sich die Sicherheitslage noch einmal. „Allerdings dauerte das ein bisschen“, erinnert sich Adele Raemer in Nirim. Bis heute haben Terroristen Tausende Geschosse nach Israel gefeuert, teilweise bis ins Landesinnere. Allein im Jahr 2019 waren es nach Angaben des „Meir-Amit-Informationszentrums zu Geheimdienst und Terror“ über 1.500 Raketen und Mörsergranaten, davon der überwiegende Anteil innerhalb zweier Monate, in denen die Lage besonders eskalierte. In solchen Zeiten verbringen Anwohner wie Raemer den Großteil des Tages und die Nacht in ihren eigenen Schutzräumen, deren Bau von der Regierung finanziert wurde.

Doch für die Menschen im Grenzgebiet bringt die allgemeine Lage auch außerhalb der massiven Eskalationsphasen große Belastungen mit sich. Immer wieder schicken Terroristen einzelne Raketen wie Nadelstiche über die Grenze – in den großen ausländischen Medien wird das dann allenfalls unter Sonstiges gemeldet. Doch selbst wenn es nur in Sderot Alarm gibt, kann Deborah Benson-Ben Aderet rund zehn Kilometer weiter westlich in Sikim nicht wirklich ruhig schlafen. Das nächste Ziel könnte ihr Kibbutz sein.

Das Kinderzimmer im Luftschutzraum

Benson-Ben Aderet zog vor vier Jahren mit ihrem Ehemann nach Sikim, drei Kilometer nördlich des Grenzzauns. Die heute 43-Jährige hatte lange gezögert – und sich dann doch durchgerungen. Wegen der gemeinschaftlichen Atmosphäre im Kibbutz und des besseren Kindergartensystems für ihre kleinen Töchter. „Wir wussten, wenn wir herkommen, würden wir ein schönes Haus bauen können“, erzählt sie zudem mit Blick auf die steuerlichen Vergünstigungen im Grenzgebiet. Tatsächlich steigen die Zahlen der Bewohner im Grenzgebiet seit Jahren. Sderot etwa, eine 28.000-Einwohner-Stadt, zählt heute rund 6.000 Einwohner mehr als vor dem Gaza-Konflikt 2014.

Benson-Ben Aderet nennt das Leben an der Grenze „emotional anstrengend“ und spricht mit Blick auf ihre Kinder von einer „herzzerreißenden Situation“. Die beiden Mädchen im Alter von drei und fünf Jahren lernen im Kindergarten mithilfe eines Liedes, wie sie sich bei Raketenalarm zu verhalten haben. Zuhause schlafen sie immer im Luftschutzraum – der ist ihr Kinderzimmer.

Zog vor vier Jahren in die Nähe des Grenzzauns: Deborah Benson-Ben Aderet mit ihren beiden Kindern Foto: Privat
Zog vor vier Jahren in die Nähe des Grenzzauns: Deborah Benson-Ben Aderet mit ihren beiden Kindern

Im vorherigen Haus war dies anders. Als Benson-Ben Aderet eines Abends mit ihrem Mann nach Tel Aviv zu einem Abendessen hinausfuhr, machte sie sich Gedanken, ob das Kindermädchen die beiden Kinder im Falle eines Angriffs rechtzeitig in Sicherheit bringen könne. Rund zehn Sekunden Zeit bleibt in so einem Fall höchstens. „Als wir zurückfuhren, sahen wir Raketen direkt über Sikim. Den Rest des Weges rasten wir nach Hause“, erzählt sie. Die Babysitterin hatte es mit den Kindern rechtzeitig in den Luftschutzraum geschafft. „Wer muss sich über so etwas Gedanken machen?“

„Ich werde keine glückliche Mutter sein“

Zu den Raketen kommen neue Gefahrenquellen: 2018 begannen Palästinenser, Ballons und Drachen mit Feuern und Sprengsätzen über die Grenze zu schicken. Die Angst, die eigenen Felder könnten durch die Ballons in Flammen aufgehen, zwingt israelische Landwirte dazu, ihr Getreide verfrüht zu ernten. Finanzielle Verluste sind die Folge. In diesem Jahr ging es noch einigermaßen glimpflich ab. „Es ist nicht mit 2018 zu vergleichen, als Tausende Hektar verbrannten“, ist etwa aus dem Kibbutz Nachal Os zu hören, der nur kleinere Schäden zu verzeichnen hat. „Aber es ist ein Schmerz für die Seele.“

„Bei Ballons denkt man automatisch, dass sie weniger schlimm sind als Raketen. Nein: Sie sind angsteinflößend“, meint Benson-Ben Aderet in Sikim. Sie verweist unter anderem darauf, dass vor Raketenbeschuss ein Alarm ertönt und viele Geschosse abgefangen werden. Die Ballons hingegen kommen aus dem Nichts. Viele Eltern müssen ihrem Nachwuchs erklären, dass sie von Ballons Abstand halten sollen. Benson-Ben Aderet hat das bisher vermieden, denn noch kann sie permanent ein Auge auf ihre Kinder werfen. Doch wenn ihre fünfjährige Tochter nächstes Jahr in die Schule kommt, steht sie vor einem Problem. „Das wird mich nervöser machen. Ich werde keine glückliche Mutter sein“, sagt sie.

„Sie sind angsteinflößend“: Seit 2018 senden palästinensische Terroristen Brand- und Sprengstoffballons über die Grenze. Foto: מינוזיג - MinoZig, flickr
„Sie sind angsteinflößend“: Seit 2018 senden palästinensische Terroristen Brand- und Sprengstoffballons über die Grenze.

Von Medien und Politik nicht ausreichend wahrgenommen

Viele Israelis im Grenzgebiet fühlen sich von Medien und Politik nicht hinreichend wahrgenommen. „Sogar Menschen, die in Israel leben, verstehen nicht, was hier vor sich geht“, sagt Adele Raemer, die auf nationaler wie internationaler Ebene inzwischen eine Art Lobbyistin für die Anliegen der Grenzbewohner ist. Auf Einladung der USA hat sie bereits vor dem UN-Sicherheitsrat gesprochen. Anfang des Jahres empfing sie die EU-Sondergesandte Susanna Terstal.

Benson-Ben Aderet erzählt, dass ihr Tel Aviv während eines Urlaubs kürzlich wie „eine Blase Nichtsahnender“ vorgekommen sei. Sie übt auch Kritik am Vorgehen der israelischen Politik. „Wir scherzen hier, dass die Hamas unsere wahre Regierung ist: Sie entscheidet, wann sie angreift. Wir schießen zurück, jagen einige leere Häuser in die Luft, dann stellen sie Forderungen und wir gehen drauf ein“, erklärt sie und sagt: „Wir sind dumm.“ Adele Ramers Kritik geht in eine andere Richtung. Sie meint, die Regierung habe „viele Gelegenheiten verpasst“, die Lage zu verbessern. Ihrer Meinung nach muss die Lebenssituation der Palästinenser auf der anderen Seite des Zaunes verbessert werden. Sie ist überzeugt, dass die meisten keine ideologischen Hamas-Anhänger sind.

Eine Lösung des Problems scheint derzeit nicht in Sicht. Benson-Ben Aderet kann sich inzwischen gut vorstellen, Sikim wieder zu verlassen, wenn die Situation so bleibt wie sie jetzt ist, mit den immer wiederkehrenden Eskalationsrunden. „Mein Mann entschuldigt sich bei mir, dass er mich hergebracht hat“, sagt sie und erklärt: „Ich möchte nicht, dass meine Kinder posttraumatisch werden, nur damit wir ein schönes Haus und einen schönen Garten haben.“ Sie und ihr Mann besitzen ein Zweithaus in Aschkelon einige Kilometer nördlich, das sie genau aus diesem Grund bisher nicht verkauft haben.

Für Adele Raemer kommt Wegziehen nicht infrage. „Es ist mein Zuhause. Wo sollte ich hingehen? Terror gibt es überall, sogar in anderen Ländern.“ Hat sie Hoffnung, dass sich in naher Zukunft etwas an der Situation bessert? „In der Zukunft. Ob in der nahen Zukunft, weiß ich nicht. Aber ich bin ein Optimist. Du musst Optimist sein, wenn du hier leben willst.“

„Sie verstehen nicht, was hier vor sich geht“: Grenzbewohnerin Adele Raemer fühlt sich von Politik und Medien nicht wahrgenommen. Foto: Privat
„Sie verstehen nicht, was hier vor sich geht“: Grenzbewohnerin Adele Raemer fühlt sich von Politik und Medien nicht wahrgenommen.

„Du verdienst jede Rakete“

Heute, fünfzehn Jahre danach, gilt der Gaza-Abzug nicht nur der politischen Rechten in Israel als Beweis für das Scheitern der Formel „Land für Frieden“. Adele Raemer sieht das anders. Nicht der Rückzug an sich sei problematisch gewesen, sondern seine einseitige Umsetzung. Die Behauptung Scharons, es habe auf der anderen Seite „keinen Partner“ gegeben, lässt sie nicht gelten: „Rabin hat mit Arafat gesprochen. Es gibt einen Partner, wenn man will.“ Benson-Ben Aderet, die zum Zeitpunkt des Abzuges noch nicht aus den USA eingewandert war, wirkt etwas unschlüssiger bei der Beurteilung der Entscheidung. Dennoch sagt sie: „Ich glaube, dass wir keinen Zentimeter Land mehr an irgendjemanden abgeben sollten.“

So oder so: Der Abzug hat Spuren hinterlassen. „Viele Menschen – nicht alle – sind immer noch wütend darüber“, meint Raemer und beruft sich auch auf eigene Erfahrungen: „Vor einiger Zeit kam ein ehemaliger Siedler aus Gusch Katif auf mich zu und sagte: ‚Du verdienst jede Rakete, die auf dich gefeuert wird‘ – nur weil ich damals für den Abzug war. Das war schmerzhaft.“ Laurence Basis, die ehemalige Bewohnerin von Gadid, lebt heute in Be’er Ganim, einer Ortschaft, die extra für die Siedler von einst gegründet wurde. Der Ort wurde so angelegt, dass die Nachbarn von damals auch nach der Evakuierung weiter nebeneinander wohnen. Trotz aller Kritik wirkt Basis überhaupt nicht wie eine Klagende. Sie schaut nach vorne. „Nach fünfzehn Jahren ist es nicht mehr dieselbe Intensität von Schmerz“, sagt sie. „Das klingt klischeehaft, aber: Das Leben muss weitergehen.“

Von: Sandro Serafin

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Eine Antwort

  1. Zitat „Rabin hat mit Arafat gesprochen. Es gibt einen Partner, wenn man will.“

    Arafat, der trotz gegenteiliger Abmachung zwei Terroristen im Auto schmuggelte, war kein Partner.
    Die Handreichung der Israelis wurde und wird bis heute mit Hass, Terror und Raketenbeschuss „beantwortet“
    Auf Seiten der Palästinenser dominiert die Ansicht: „wir stehen einzig nur für gewaltsame Konfliktlösung“
    Erkennbarer Wille für Frieden etwas zu opfern existiert im Lager der Palästinenser gleich NULL.
    Dafür ist das sichtbare Engagement um so gigantischer, sich mit gespaltener Zunge als „Opfer“ zu inszenieren, mit dem Finger auf das so bedrohte wie erfolgreiche Israel zu zeigen und dabei komplett zu übersehen, dass drei Finger der eigenen Hand auf sie selbst weisen.

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