Von Nichtjuden, die im Land Israel leben, erwarten gläubige Juden nicht die Einhaltung der 613 biblischen Gebote, die für sie selber gelten. Vielmehr ermutigen sie diese, die sieben Noachidischen Gebote einzuhalten. Angelehnt an 1. Mose 9, wo die Bibel von Gottes Bund mit Noah berichtet, sind die sieben Gebote im Talmudtrakt Sanhedrin 56 als folgende aufgelistet: Verbot von Mord; von Diebstahl; Götzenanbetung; Unzucht; dem Verspeisen von Fleisch eines noch lebenden Tieres; Gotteslästerung; hinzu kommt die Einführung von Gerichtshöfen.
Seit den 1990er Jahren machen sich einzelne jüdische Strömungen verstärkt für die Einhaltung der Noachidischen Gebote unter Nichtjuden stark. Wer sich an diese Gebote hält, wird als Zaddik, also als Gerechter, gesehen. 2006 unterschrieben drei Würdenträger eine Verpflichtung ihrer Religionsgemeinschaften sowie einen Aufruf an alle Nichtjuden, die Noachidischen Gebote einzuhalten: der drusische Führer Scheich Muwaffak Tarif, der Bürgermeister der gemischt-religiösen nordisraelischen Stadt Schefaram, Orsan Jassin, sowie der Bürgermeister des muslimischen Ortes Abu Gosch, Salim Dschaber.
Der sephardische Oberrabbiner Jitzchak Josef sagte 2016: „Gemäß des Jüdischen Gesetzes für Nichtjuden ist es verboten, in Israel zu leben, es sei denn, sie hätten sich den Noachidischen Geboten verpflichtet.“ Die Aussage sorgte für einen Aufschrei in der israelischen Gesellschaft und in der Regierung und wurde einhellig abgelehnt.
Fremdlinge mit unterschiedlichem Status
Gemäß der Noachidischen Gebote teilt die jüdische Tradition die Bnei Noach, die Söhne Noahs, in verschiedene Gruppen ein: Der Nochri (der Fremde, der von Noach abstammt) hält sich nicht an die Noachidischen Gebote. Er ist der Fremde, der nur vorübergehend im Lande wohnt. Er bleibt Ausländer, hat seine ursprüngliche Heimat nicht aufgegeben und bleibt ihr politisch und sozial verbunden. In der Bibel ist er vornehmlich als Händler oder als Feind im Krieg erwähnt.
König Salomo beschreibt den Nochri in seinem Gebet in 1. Könige 8: „Auch wenn ein Fremder, der nicht von deinem Volk Israel ist, aus fernem Lande kommt um deines Namens willen – denn sie werden hören von deinem großen Namen – um zu diesem Hause hin zu beten, so wollest du hören im Himmel … und alles tun, worum der Fremde dich anruft, auf dass alle Völker auf Erden deinen Namen erkennen, damit auch sie dich fürchten wie dein Volk Israel …“
Öffentliche Erklärung vor Gericht
Der Ger Toschav (der fremde Einwohner) hingegen hat die Verbindung zu seinem Heimatland abgebrochen und bleibt im Land Israel wohnen. Er gibt vor einem Gericht die öffentliche Erklärung ab, dass er die Noachidischen Gebote einhalten wird.
Als Abraham für seine Frau Sara in Hebron eine Begräbnisstätte erwerben möchte, bezeichnet er sich selbst gegenüber dem „Volk des Landes, den Hititern“, als „Ger Toschav“ (1. Mose 23,4). Er entscheidet sich für diese Bezeichnung, obwohl er doch längst bekannt ist im Land. Er ist vermögend, Vater eines großen Stammes und die Einwohner Kanaans achten ihn als „Fürst Gottes unter uns“. Offenbar ist es ihm wichtig, vor der anstehenden Verhandlung seinen Status „vor dem Volk des Landes“ deutlich zu machen. Mit dem Erwerb der Grabstätte zeigt er, dass er sich unter ihnen niederlassen möchte. Damit er später nicht als Bittsteller dasteht und weil er gleiche Rechte bekommen möchte, ist es ihm wichtig, für die Grabstätte zu bezahlen.
Der gerechte Fremde
Das jüdische Gesetz zwingt keinen Bewohner zur Konversion. Wer aber doch konvertiert, wird zum Ger Zedek (gerechter Fremder). Die Moabiterin Rut ist ein prominentes Beispiel. Sie bekennt ihrer Schwiegermutter Noomi: „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott … Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden“ (Rut 1,16f). Damit wird sie in der jüdischen Tradition als Jüdin angesehen. Auch wenn sie in Bethlehem zunächst als die Fremde, die Moabiterin, gilt, wird sie doch als Ahnfrau des Königs David schließlich als vollwertiges Mitglied des jüdischen Volkes anerkannt.
Von: mh
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