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100 Jahre Hilfe für Israel

Seit 100 Jahren hilft die WIZO bedürftigen Menschen im heutigen Israel. Mit rund 50 Föderationen zählt sie zu den größten Frauenorganisationen weltweit und ist eine der größten Wohltätigkeitsorganisationen des jüdischen Staates. Israelnetz hat mit der Präsidentin der deutschen Föderation gesprochen.
Betont die verbindende Wirkung von WIZO zwischen Kulturen und Generationen: Nicole Faktor

Die „Women‘s International Zionist Organisation“ (Internationale Zionistische Frauenorganisation, WIZO) gründete sich 1920 in London. Sie hat das Ziel, bedürftigen Menschen in Israel zu helfen. Dort gibt es etwa 800 Projekte. Der Fokus liegt vor allem auf Frauen, Kindern und älteren Menschen. Dabei spielt Herkunft oder Religion keine Rolle.

Die Organisation hat heute rund 250.000 Mitglieder, die in 50 Ländern ehrenamtlich tätig sind. Das Motto „Von Frauen für Frauen“ bringt den Fokus zum Ausdruck. Ziel ist es, Minderheiten zu unterstützen, Kindern eine Chance auf ein besseres Leben zu bieten und bedürftigen Menschen zu helfen. Es wird versucht, die vielfältige Bandbreite der israelischen Gesellschaft zu bedienen.

Für ein besseres Leben

Die WIZO setzt sich für die Gleichberechtigung der Frauen sowie ihre politische Bildung ein, errichtet Frauenhäuser und Kindertagesstätten. Eins dieser Projekte ist die „Helene und Nadine de Rothschild-Kindertagesstätte Neve Ja‘akov“ in Jerusalem. Die Ganztagseinrichtung wurde 1977 gegründet und betreut 112 Kinder in sechs Gruppen. Die Jungen und Mädchen sind von sechs Monaten bis fünf Jahre alt. Die Jungen und Mädchen zwischen sechs Monate und fünf Jahre alt. Grund für diese intensive Betreuung sind die Verhältnisse, aus denen die Kinder stammen. Das sind meist zerrüttete und sehr bedürftige Familien. Die Kindertagesstätte legt Wert darauf, dass die Kinder nicht in Pflegefamilien kommen. Deshalb bietet sie begleitende Beratungskurse für Eltern an.

Die jüdische Hilfsorganisation feiert ihr 100-jähriges Bestehen Foto: WIZO
Die jüdische Hilfsorganisation feiert ihr 100-jähriges Bestehen

Durch das Corona-Virus ist es nicht möglich, das Jubiläum, wie geplant, zu feiern. Auch weitere Probleme kommen durch die Krise auf. Im Interview erzählt Nicole Faktor, Präsidentin der WIZO Deutschland, wie kompliziert die aktuelle Lage ist.

Israelnetz: Am 11. Juli war das 100-jährige Jubiläum. Wie wurde dieses Ereignis gefeiert?

Nicole Faktor: Das Ereignis wird eigentlich hauptsächlich virtuell gefeiert, das haben Sie vielleicht auch in den Medien gesehen. Wir in Frankfurt hatten im Vergleich zu anderen Föderationen weltweit Glück und durften eine kleine, aber feine Feier in einem Hotel machen. Wir haben uns an die Corona-Regulierung gehalten und Abstand gehalten. Es war ein wunderbares Wiedersehen mit guten Freunden und Unterstützern. Viele haben sich gefreut, einander wiederzusehen.

Sich zu treffen und persönlich auszutauschen war ja die ganze Zeit nicht richtig möglich. Ich sage Ihnen, die Arbeit ist eine ganz andere geworden! Die Digitalisierung ist bei einer Organisation, die hauptsächlich von Volontärarbeit lebt und nur ein kleines Budget zur Verfügung hat, sehr problematisch.

Haben Sie ein bestimmtes Herzens-Projekt bei der WIZO?

Ich würde sagen, dass mir unser Jugendzentrum in Kiriat Schmona, eine Stadt im Norden an der libanesischen Grenze, am Herzen liegt. Dort gibt es ein friedliches Miteinander von Juden, Muslimen, Israelis und Arabern. Die Jugendlichen kommen aus sozial schwachen Verhältnissen und werden unterstützt in berufsfördernden Programmen oder einfach auch nur in Nachhilfe, aber auch durch ein Programm zur Identitätsfindung. Das ist zum Beispiel die richtige Basisarbeit, die wir leisten.

Außerdem gibt es für die Jugendlichen eine generationsübergreifende Arbeit. Dabei geben die Jugendlichen etwas an Holocaust-Überlebende zurück. Zum Beispiel jetzt auch während der Corona-Krise, da haben die Jugendlichen den Älteren mit alltäglicher Arbeit geholfen, wie zum Beispiel Einkäufe zu erledigen. Oder noch vor Corona haben sie gemeinsam mit den Älteren Schach gespielt. Das sind Menschen, oft Jugendliche, die überhaupt keinen europäischen Hintergrund haben, die gar nicht das Thema Holocaust so in ihrer DNA haben, wie viele von uns. Das ist ein wunderbares Projekt. Nicht die Erfolgstorys sind zu verzeichnen, wie dass jemand Professor an irgendeiner Uni geworden ist. Aber es ist eben diese Basisarbeit.

Es ist sicher auch dieses Lernen voneinander – die jungen Menschen lernen von den älteren und die älteren trotzdem von den jungen, dieses Zurückgeben.

Genau! Ich gebe ihnen noch ein Beispiel: Es gibt dort eine Polen-Reise zu den Gedenkstätten. Sie versuchen Jahr für Jahr diese Jugendlichen in einer kleinen Gruppe mitzunehmen. Das wird organisiert in Zusammenarbeit mit Yad Vashem. Es geht dabei darum, ihre Identität zu stärken. Das hat natürlich dieses Jahr nicht stattfinden können. Die Gelder waren von uns schon bereitgestellt.

Dann haben wir mit dem Leiter gesprochen und der hat uns gesagt, er brauche unbedingt Pferdetherapien. Aus meiner „Elfenbeinturmsicht“, weit entfernt von der libanesischen Grenze, habe ich gesagt: „Moment mal, die Leute haben nichts zu essen, die Kinder können teilweise nicht in die Schule – Pferdetherapie? Ist das wirklich das, was ihr am meisten braucht?“ Und dann wurde mir wieder bestätigt, dass so viel Trauma da ist, durch Corona wurde es verstärkt. Die Pferdetherapie kann hier Abhilfe leisten. Und auch wenn sie nur einen wieder auf die Schiene bringen, kann dieser wieder ein Multiplikator sein. Das ist auch etwas, was mir sehr am Herzen liegt.

Welches besonderen Projekte hat die WIZO in Zukunft in Israel geplant?

Wir haben die Hände voll mit dem, was wir jetzt auf dem Teller haben. Wir müssen wirklich schauen, dass wir das hinbekommen. Wir haben auch jetzt die Kampagne für Opfer häuslicher Gewalt ins Leben gerufen: Es ist eine Notunterkunft errichtet worden für Frauen, die ganz schnell raus von Zuhause müssen, aber wegen Corona erstmal diese Quarantänezeit überstehen müssen, dafür haben wir eine WIZO-Einrichtung. In dieser sind mittlerweile seit Mai 50 Frauen und 70 Kinder untergebracht, die dann wiederum verteilt werden im Land. Natürlich nicht nur auf WIZO-Frauenhäuser. Ich würde sagen, dass das ein sehr aktuelles Thema ist.

Ich habe auch gelesen, dass die häusliche Gewalt während der Corona-Krise deutlich zugenommen hat, weil die Menschen eben noch mehr dem ganzen ausgesetzt sind.

Ja! Es sind ja nicht nur die sozial Schwachen. Es gibt genug, die privilegiert leben, wo schreckliche Dinge passieren. Der Durchschnitt in Israel liegt mit den religiösen Familien bei circa 3,2 Kindern. Aber es ist ja durchaus gang und gäbe, dass die Frauen zwei, drei oder vier Kinder haben und voll berufstätig sind. Dann leben diese Familien auf beengtem Raum, denn die Immobilien in Israel sind unglaublich teuer. Stellen Sie sich vor, als Doppelverdiener auf engem Raum mit zwei, drei Kindern zu leben, die auch Homeschooling oder Betreuung benötigen. Wir haben auch eine Hotline für Männer, die sagen: „Ich bin kurz davor, was anzustellen oder auszurasten“. Diese musste leider viel zu viel in Anspruch genommen werden.

Was wäre Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft?

Ich glaube, man kann momentan Wünsche außerhalb von Corona gar nicht äußern. Ich würde mal sagen, dass wir das Gute, was wir aus Corona gelernt haben, für uns irgendwo behalten und umsetzen. Außerdem, dass die jungen Menschen es schaffen, die Welt so zu gestalten, dass Demokratien erhalten bleiben und Israel in Frieden leben kann.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Faktor!

Die Fragen stellte Hannah Strupp

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