JERUSALEM (inn) – Trotz zahlreicher Neuinfektionen ist eine erneute Stillegung des Landes derzeit nicht angedacht. Das sagte der neue Generaldirektor des israelischen Gesundheitsministeriums, Chesy Levy, am Sonntag. Levy macht eine gewisse Müdigkeit bei den Menschen aus, was die Corona-Einschränkungen angeht. Dennoch mahnte er, weiterhin wachsam zu sein und sich bei leichten Symptomen testen zu lassen.
Allein in der vergangenen Woche sind 1.700 Infektionsfälle hinzugekommen. Die Zahl der aktiven Fälle lag am Montagmittag bei 5.155, die Zahl der Toten mit Corona-Infekt bei 307. Angesichts dieser Entwicklung hat das Gesundheitsministerium die Krankenhäuser angewiesen, die Corona-Abteilungen wieder zu eröffnen.
Am Montag zeigte sich Regierungschef Benjamin Netanjahu erzürnt, weil eine Aufnahme von dem Treffen des Corona-Kabinetts am Sonntag veröffentlicht wurde. In all seinen Jahren als Premier sei ihm das nicht untergekommen, sagte er am Montag vor einer erneuten Sitzung des Corona-Kabinetts. Inhaltlich geht es um die Erwägung, erneut auf eine Handyüberwachung durch den Inlandsgeheimdienst Schabak zurückzugreifen, um Infektionsketten zu erkennen. Netanjahu ist dafür, Schabak-Chef Nadav Argaman jedoch dagegen.
Westjordanland: Zwei Städte abgeriegelt
Von dem Anstieg der Infektionsfälle sind auch die palästinensisch verwalteten Gebiete betroffen. Vertreter des Gesundheitsministeriums sprachen von mehr als 100 neuen Fällen binnen eines Tages. Aus diesem Grund ordnete der Premier der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammed Schtaje, am Samstag eine fünftägige Ausgangssperre für Nablus und Hebron an. Nur Apotheken, Lebensmittelläden und „essentielle“ Fabriken bleiben demnach geöffnet.
Am Montag teilte Gesundheitsministerin Mai yl-Kaila mit, es habe im Westjordanland wieder einen Anstieg von 84 Fällen gegeben. Das sagte sie laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA. Damit belaufe sich die Gesamtzahl der aktiven Infektionsfälle auf 516 – der Gazastreifen (16) und Ostjerusalem (40) mitgerechnet.
Lockerungen treten in Kraft
In Israel ist trotz des Infektionsgeschehens der Bahnverkehr am Montag nach drei Monaten wieder angelaufen. Die Regierung hatte den Neustart viermal verschoben. Allerdings wurden nur 38.000 Fahrscheine verkauft. An einem normalen Montagmorgen seien es 250.000, sagten Vertreter der Bahn gegenüber der Zeitung „Yediot Aharonot“. Einer der Gründe für die geringe Nachfrage ist, dass Soldaten auf Anweisung der Armee keine Züge nutzen, um zu ihren Basen zu kommen.
Auch Kultureinrichtungen dürfen seit Freitag wieder für bis zu 250 Gäste öffnen; in Einzelfällen sind auch 500 Gäste erlaubt. Tickets müssen allerdings im Vorfeld gekauft werden. Tanzveranstaltungen bleiben weiterhin verboten.
Fortschritt bei Impfstoff-Forschung
Unterdessen gab das Israelische Institut für biologische Forschung in Nes Ziona am Freitag bekannt, erfolgreich einen Corona-Impfstoff getestet zu haben. Hamster mit dem Impfstoff hätten bei einem künstlich herbeigeführten Infekt nur leichte Lungensymptome gezeigt. Für die Wissenschaftler ist dies ein „sicherer, wirksamer und schützender Impfstoff gegen Corona“. Wenn das Gesundheitsministerium es genehmigt, könnten nun Versuche mit Menschen anlaufen. Ende des nächsten Winters könnte der Impfstoff dann verfügbar sein.
Für die Entwicklung nutzten die Wissenschaftler das für den Menschen ungefährliche VSV-Virus. Dieses veränderten sie genetisch, so dass die Noppen denen des Coronavirus ähneln. Der menschliche Organismus erkennt das Virus und produziert Antikörper.
Von: df