HEBRON (inn) – Salafisten und palästinensische Sicherheitskräfte sind am Dienstagmorgen in Hebron aneinandergeraten. Anlass war ein Streit um das Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Es richtet sich danach, ob am 29. Tag dieses Monats nach Sonnenuntergang die Sichel des Neumonds zu sehen ist. Die salafistische Gruppe „Hisb ut-Tahrir“ wich in ihrer Einschätzung von der offiziellen Richtlinie der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), die sie nicht anerkennt, ab.
Die PA hatte den Dienstag als letzten Tag des Ramadan festgelegt. Damit beginnt der neue Monat Schawwal und das Fest Eid al-Fitr in den palästinensisch verwalteten Gebieten am heutigen Mittwoch. Ausschlaggebend hierfür ist eine Verlautbarung des Mufti von Jerusalem, nach der am Montagabend noch kein Neumond gesichtet wurde. In einem solchen Fall endet der Fastenmonat einen Tag später, am 30. Ramadan.
Mehrere Festnahmen
Wie die israelische Tageszeitung „Yediot Aharonot“ berichtet, hielten sich die Salafisten nicht an die Weisung der PA. Vielmehr richteten sie sich nach dem saudischen Mufti, der das Ende des Ramadan auf den Montag und somit den Beginn von Eid al-Fitr auf den Dienstag festgelegt hatte. An diesem Tag versammelten sie sich in einer Moschee in Hebron und verkündeten über Lautsprecher den Feiertag.
Sicherheitskräfte der PA betraten daraufhin das Gebetshaus, um die religiöse Versammlung aufzulösen. Dabei gab es Zusammenstöße zwischen Betenden und Sicherheitskräften, zehn Menschen wurden festgenommen. Die Sicherheitskräfte stellten entsprechend ihren Anweisungen die Ordnung wieder her.
Ein Sprecher der salafistischen Gruppe, Ibrahim Tamimi, verurteilte das gewaltsame Vorgehen. Die Beter hätten kein Gesetz übertreten. Vielmehr hätten diejenigen, die das Recht auf freie Religionsausübung nicht geachtet hätten, ein Verbrechen begangen. „Es ist unser Recht, das Fest heute entsprechend der Ankündigung des Mufti in Saudi-Arabien zu feiern“, bekräftigte er seinen Standpunkt.
Mit ihrer Richtlinie hat sich die PA Ländern wie Ägypten, Syrien, Jordanien, Libyen oder Tunesien angeschlossen. Einen Tag früher endete der Ramadan unter anderem in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Kuwait, Bahrain, dem Libanon, Algerien und der Türkei.
Alter Streit mit neuer Ausprägung
Der Streit um das Ende des Ramadan ist nicht neu. Schon in früheren Jahren wichen die Gepflogenheiten der unterschiedlichen Länder voneinander ab. „Neu ist dieses Jahr, dass Gruppen innerhalb mancher Länder uneins waren über das Datum von Eid al-Fitr“, sagte der ägyptische politische Analyst Hassan Nafaa der Nachrichtenagentur „The Media Line“. Im Jemen etwa habe der sunnitische Regierungspräsident Abrabbuh Mansur Hadi den Dienstag als Beginn von Eid al-Fitr festgesetz, die Huthi-Rebellen feierten erst ab Mittwoch. Eine ähnliche Situation gebe es in Syrien.
Der Wissenschaftler rief die Muslime auf, ihre politischen Spaltungen beizulegen. Es handele sich um eine „Politisierung der Religion“. „Sie wird von den herrschenden Systemen in den arabischen Ländern praktiziert.“
Das Königliche Gericht in Saudi-Arabien hatte die Sichel des Neumonds nach eigenen Angaben am Montagabend gesehen. Der Mufti von Jerusalem, Muhammad Hussein, sagte hingegen: „Wir haben drei Orte in Palästina, um es festzulegen: in Hebron, Jerusalem und den Golanhöhen. Aber die Mondsichel hat sich nicht gezeigt. Deshalb konnten wir nicht Dienstag als den ersten Tag von Eid al-Fitr verkünden.“
Arabischer Astronom: Mondsichel am Montag nirgends zu sehen
In Abu Dhabi befindet sich das Internationale Astronomiezentrum (IAC). Es ist zwar nicht autorisiert, den Feiertag offiziell festzulegen. Doch auch der Direktor Mohammed Odeh meldete sich am Dienstag in einer Stellungnahme zu Wort: Alle astronomischen Einrichtungen und 30 Experten aus 14 Ländern seien sich einig, dass es am Montag überhaupt nicht möglich gewesen sei, den Mond zu beobachten. Dies gelte für Australien, Asien, Afrika und Europa. „Das bedeutet, dass Mittwoch vom Standpunkt der astronomischen Beobachtung der erste Tag von Eid al-Fitr sein wird.“
Von: eh