LONDON (inn) – Die Vorsitzende der Israelgruppe in der Labour-Partei, Joan Ryan, ist aus der Partei ausgetreten. Das gab sie am Dienstag in den sozialen Netzwerken bekannt. Als einen der Gründe nannte die 63-Jährige die „Kultur des Antisemitismus und Israel-Hasses“, die sich unter Parteichef Jeremy Corbyn entwickelt habe. Sie sehe derzeit keine Chance, dass sich der anti-jüdische Rassismus innerhalb der Partei ausmerzen lasse.
Dieser Antisemitismus halte „beleidigende und gefährliche Verschwörungstheorien“ hoch, führte Ryan weiter aus. Diese fußten oft auf klassischen antisemitischen Themen wie etwa die machtvolle Hand der „Rothschilds“, der Zionisten oder der „Israel-Lobby“. „Sie legen die Wahrheit beiseite, wenn es politisch unbequem ist.“
Unter diesen Umständen könne sie nicht für Corbyn als nächsten Regierungschef Großbritanniens werben. Die jüdische Gemeinschaft im Land habe deutlich gemacht, dass sie eine Regierung unter Corbyn als existenzielle Bedrohung sehen würde. „Wenn die Bedrohung, die von der Corbyn-Regierung ausgeht, nur Juden betreffen würde, wäre das für mich Grund genug, alles zu tun, um gegen so eine Bedrohung vorzugehen.“
Kritik an Parteichef
Ryan folgt mit ihrem Austritt sieben ihrer Kollegen, die bereits am Montag diesen Schritt vollzogen haben. Als Gründe nannten sie neben dem Rassismus auch die Debatte um den Brexit sowie die Leiterschaft Corbyns. Beobachter rechnen mit weiteren Parteiaustritten in den kommenden Wochen.
Die Abgeordnete des Landkreises Enfield North im Norden Londons ist seit vier Jahrzehnten Labour-Mitglied. Seit 2015 leitet sie die Israelgruppe der Labour-Partei; in diesem Jahr wurde Corbyn auch Parteichef. Besonders unter seiner Führung sah sich die Partei zunehmend mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert. Zuletzt wurden im vergangenen August Vorwürfe laut, Corbyn habe palästinensischen Terroristen in Tunesien die Ehre erwiesen.
Von: df