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Sonnenstrom ist das neue Öl

Bisher sind Öl und Gas die Exportschlager der arabischen Welt. Doch die Wüstenstaaten beginnen, sich auf das Ende des Öl-Zeitalters vorzubereiten.
Wüsten sind ein naturgemäß günstiger Standort für Solaranlagen

„Saudi-Arabien erhöht seine Ausbauziele für Erneuerbare Energien um 300 Prozent“, meldete in der vergangenen Woche der Pressedienst des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR). Schon im laufenden Jahr plane das Königreich Ausschreibungen für über 2.000 Megawatt. Die Außenhandelskammer und das Bundeswirtschaftsministerium laden deutsche Unternehmensvertreter deswegen zu einer Geschäftsreise nach Riad ein. Sie sollen sich dort gleich die Pole-Position sichern können. Wenn der Kuchen verteilt wird, sei es „ratsam, zu diesem Zeitpunkt schon gut im Land bekannt zu sein“, heißt es in der Meldung.

Vom lange prognostizierten Versiegen der Ölquellen ist bisher nichts zu sehen, das schwarze Gold sprudelt in Hülle und Fülle. Das Angebot weltweit übersteigt die Nachfrage so sehr, dass sich der Preis zuletzt im freien Fall befand – von über 100 Dollar pro Barrel in 2014 auf zuletzt knapp über 50. Gerade deswegen wollen sich die Scheichs unabhängiger von ihrem wichtigsten Exportgut machen und sorgen sich um morgen. Sollten in Europa und China irgendwann nur noch Elektro-Autos herumflitzen, hätten sie schon den nächsten Verkaufsschlager in der Pipeline. Denn der Sonnenstrom ist nicht nur für das eigene Netz vorgesehen.

Mega-Projekte

Momentan basiert die Stromerzeugung der arabischen Welt zu 94 Prozent auf fossilen Brennstoffen – mehr als in jedem anderen Teil der Erde. Nur 1,3 Prozent kommen aus erneuerbaren Energien, berichtet die Tageszeitung „WAZ”. Der Orient ist aber nicht nur mit Bodenschätzen gesegnet. Noch größer ist sein Reichtum an Wind und vor allem Sonne. Somit könnten sich die lebensfeindlichen Wüsten als Standortvorteil entpuppen.

Als einer der ersten Staaten der Region begann Marokko, die Wüste in eine Geldquelle zu verwandeln. Dort gingen in den vergangenen zwei Jahren die Sonnenkraftwerke Noor I–III ans Netz – der arabische Name bedeutet „Licht“. Eine vierte Anlage befindet sich im Bau, sodass der gesamte Komplex Quarzazate demnächst zu den größten der Welt gehören wird. Insgesamt plant Marokko fünf solcher Kraftwerke, berichtet die WAZ. Zusammen mit sechs Windparks und 200 Staudämmen sollen sie dafür sorgen, dass das nordafrikanische Land bis 2030 über die Hälfte seines Strombedarfs aus alternativen Energiequellen decken kann.

Während Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate durch Investitionen in erneuerbare Energien ihren sagenhaften Reichtum sichern wollen, muss Ägypten wegen seines rasanten Bevölkerungswachstums zur Tat schreiten. Jahr für Jahr kommen fast zwei Millionen Menschen dazu, seit dem „Arabischen Frühling“ 2011 waren es 12 Millionen. Sie alle brauchen Strom. In der Nähe des Assuan-Staudamms entsteht zurzeit das größte Solarkraftwerk der Welt, der Benban-Solarpark. Nach seiner Fertigstellung 2020 soll er eine Leistung von 1,9 Gigawatt haben und damit fast so viel wie zwei Atomkraftwerke. Bis 2022 will das Land am Nil 20 Prozent seines Bedarfs aus Wind, Sonne und Wasser speisen, bis 2035 sogar 37 Prozent.

Europa könnte Geld sparen

Ägypten plant, sich zum Stromlieferanten für die Nachbarschaft und sogar Europa zu entwickeln. Die Europäer träumen ihrerseits schon seit langem davon. 2009 hatten sich Konzerne wie Siemens, Eon und RWE an der Desertec Industrial Initiative beteiligt. Ziel war es, 15 Prozent des europäischen Bedarfs mit Wüstenstrom zu decken. Schon 0,3 Prozent der Wüstenfläche hätten dafür gereicht. Aber das Projekt ist im Zuge des „Arabischen Frühlings“ verkümmert. Zu unsicher waren die politische Lage und das Investitionsklima für Unternehmen.

Diesmal kommt die Initiative aus der Region selbst. Länder wie Saudi-Arabien haben das nötige Geld, um solche Projekte zu realisieren. Europa könnte davon profitieren. In den Vereinigten Arabischen Emiraten kostet Sonnenstrom unter drei Cent pro Kilowattstunde, berichtet der Nachrichtensender „n-tv“ und ist damit wesentlich günstiger als heimischer Strom aus Gas- und Kohlekraftwerken. Die Region von Marokko bis Iran könnte laut einer noch im Jahr 2012 veröffentlichten Studie von Desertec neben der Eigenversorgung eine Exportwirtschaft mit einem Volumen von 60 Milliarden Dollar aufbauen. Europa würde dadurch jährlich 30 Milliarden Dollar sparen. Der Traum von der nie versiegenden Energiequelle in der Wüste könnte den Entwicklungen zufolge doch noch wahr werden.

Von: tk

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