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Wie BDS gegen Israel hetzt

Die BDS-Bewegung bedrängt Musiker auf Festivals und ruft vor deutschen Geschäften dazu auf, Israel zu boykottieren. Ihre Forderungen laufen zuende gedacht darauf hinaus, dass der Staat Israel nicht mehr existieren soll.
Die Trommel des BDS-Demonstranten verhallt auf dem Berliner Alexanderplatz vor dem Elektrogeschäft Saturn

Blutige Handabdrücke sind auf einem der Banner zu sehen. Darauf steht „Hewlett Packard mordsmäßig günstig“. Vor dem Elektronikgeschäft Saturn am Berliner Alexanderplatz stehen am 29. November 2017 zwölf BDS-Demonstranten. Die anti-israelische Bewegung ruft am „Internationalen Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk“ dazu auf, die amerikanische PC- und Druckerfirma Hewlett Packard (HP) zu boykottieren. Der Vorwurf lautet: HP unterstütze mit seiner Technologie die „israelische Apartheid“.

„Was ist BDS?“, fragt eine Passantin verwirrt auf Englisch und läuft weiter. Die BDS-Bewegung ist offenbar nur wenigen hier ein Begriff. Der Saturn ist direkt an der Straßenbahn-Haltestelle des Alexanderplatzes gelegen. Die Menschen strömen aus der Bahn zum Weihnachtsmarkt. Selten bleiben sie stehen und lassen sich einen Flyer in die Hand drücken. Nur wenige fragen nach, was es mit der Aktion auf sich hat.

BDS bedeutet „Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen“. Die weltweit agierende Bewegung wurde im Jahr 2005 von Palästinensern gegründet. Es ist keine zentral geführte Organisation, sondern eher eine lose koordinierte Kampagne. Sie sieht sich als „gewaltlose Form der Kriegsführung“ gegen Israel. Die Bewegung fordert, dass Israel „die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes beendet und die Mauer abreißt“. Arabische Bürger Israels sollen gleich behandelt werden. Auch will BDS, dass die Flüchtlinge in ihre Heimat und zu ihrem Eigentum zurückkehren können, wie es in der UN-Resolution 194 gefordert wird.

Das „Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten“ (UNRWA) beziffert die ursprünglich 700.000 Flüchtlinge heute auf 5,2 Millionen Menschen. Das Land Israel hat aktuell 8,78 Millionen Einwohner. Würde also die Forderung von BDS in die Tat umgesetzt, könnte es das Ende des israelischen Staates bedeuten.

Nachfragen zu Inhalten abgewehrt

Die Demonstranten in Berlin tragen über ihren Winterjacken Shirts. Vorne drauf steht „Viva Palestina“, auf der Rückseite „Boykottiert Apartheid made in Israel“. Einer der Demonstranten trommelt. Die Sprechchöre sind für die Passanten international gehalten: „Free Palestine“ (Befreit Palästina), „No more occupation“ (Keine Besatzung mehr) und „Boycott HP until Palestine is free“ (Boykottiert HP, bis Palästina frei ist). Die Technik von HP wird laut BDS zur Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung eingesetzt. Auf eine Interview-Anfrage von Israelnetz hat die Berliner BDS-Gruppe nicht reagiert. Direkt bei der Demons­tration angesprochen, verhält sich eine der Teilnehmerinnen auf Nachfragen zu den Inhalten abwehrend und will sich nicht weiter äußern.

Die Forderung, Firmen zu boykottieren, weil sie an Israel Technik liefern, hat gerade in Deutschland einen schalen Beigeschmack: Das klingt nach den „Kauft nicht bei Juden“-Schildern aus der Zeit des Nationalsozialismus. Auch deshalb wurde der regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, im September aktiv. Er setzt sich nach einem Gespräch mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland dafür ein, dass Gruppen oder Veranstalter, die BDS unterstützen, keine städtischen Räume oder Zuschüsse mehr erhalten: „BDS steht mit antisemitischen Schildern vor Berliner Geschäften. Das sind unerträgliche Methoden aus der Nazizeit.“

„Unvereinbar mit offener Gesellschaft“

Auch in München sahen sich Verantwortliche in der Pflicht, BDS einen Riegel vorzuschieben: Der Verwaltungs- und Personalausschuss der Stadt beschloss, der Bewegung Räume und finanzielle Mittel vorzuenthalten. Die Begründung lautet: „BDS ruft Menschen dazu auf, den Staat Israel zu boykottieren. Zugleich wird das Existenzrecht Israels bestritten. Diese Dämonisierung Israels und die antisemitische Stimmungsmache sind unvereinbar mit Werten einer offenen Stadtgesellschaft.“ Einen ähnlichen Beschluss gab es im August vom Magistrat in Frankfurt am Main.

In der Öffentlichkeit fällt BDS vor allem auf, wenn die Bewegung Musikstars aufruft, Israel zu boykottieren. Der prominenteste Unterstützer ist der Sänger der britischen Rockgruppe Pink Floyd, Roger Waters, der Kollegen öffentlich anzählt, wenn sie Konzerte in Israel geben wollen. Der Künstler hat in der Vergangenheit mehrmals während seiner Konzerte Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen lassen. Zudem verglich er Israel mit Nazi-Deutschland: Statt der Juden damals seien heute Palästinenser die Opfer. Nach einer Petition und anhaltender Medienkritik haben sich mittlerweile die öffentlich-rechtlichen Sender WDR, NDR, SWR, BR und der RBB dazu entschlossen, Waters‘ Konzerte nicht mehr zu präsentieren und zu übertragen.

Ägyptische Band sah Existenz bedroht

Auf dem Berliner Musikfestival „Pop-Kultur“ im vergangenen August waren arabische Musiker eingeladen. BDS rief sie zum Boykott auf, weil die israelische Botschaft in Deutschland einer Musikerin aus Tel Aviv die Anreise bezahlt hatte. Mehrere arabische Bands sagten ab. Eine ägyptische Band sah die eigene Existenz bedroht, weil sie hauptsächlich in Kairo auftritt. Wäre sie dem BDS-Aufruf nicht nachgekommen, wäre durch Rufschädigung ihre Karriere vorbei gewesen.

Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer bezeichnete den Aufruf als „widerlich“. Er sei maßlos enttäuscht, wie Boykottaufrufe, Unwahrheiten und Hass die Vorbereitungen des Festivals beeinträchtigten. BDS will mit seinen Aktionen Israel kulturell, aber auch akademisch und ökonomisch isolieren. Auf diese Weise soll die israelische Gesellschaft dazu gebracht werden, selbst Druck auf ihre Politiker auszuüben, um den palästinensischen Forderungen Folge zu leisten und letztlich die vermeintliche Isolation Israels zu beenden.

„Mordsmäßige“ Kritik an der amerikanischen Firma Hewlett Packard Foto: Israelnetz/Michael Müller
„Mordsmäßige“ Kritik an der amerikanischen Firma Hewlett Packard

Die Anzahl der Teilnehmer der BDS-Demonstration vor dem Saturn-Geschäft im November mag nicht groß gewesen sein. Auch für die Initiierung des Boykottaufrufs des Berliner Musikfestivals brauchte es nicht viele Menschen. Doch die Propagandawirkung, die von solchen Aktionen ausgeht, wenn sie über die sozialen Netzwerke geteilt werden, ist nicht zu unterschätzen.

Strenger bewertet als andere Länder

Wie lässt sich aber nun unterscheiden zwischen legitimer Israelkritik und Antisemitismus? Eine gute Möglichkeit, um die Kritik von BDS auf Antisemitismus zu überprüfen, ist der sogenannte 3-D-Test: Enthalten Aussagen Dämonisierung, Doppelmoral oder Delegitimierung des Staates Israel? Israel wird immer wieder von BDS nach strengeren Maßstäben bewertet als andere Länder.

Warum sonst konzentriert sich die Kritik der Bewegung allein auf Israel und nicht etwa auf den Indisch-Pakistanischen Krieg, bei dem ungefähr zur selben Zeit Millionen von Menschen auf beiden Seiten geflohen sind und bislang nicht zurückkehren können? Indien und Pakistan haben bis heute ein schwieriges Verhältnis, es gibt umstrittene Regionen wie Kaschmir. Aber es gibt kein Flüchtlingsproblem. Den geflohenen Hindus, Sikhs und Muslimen wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht die Möglichkeit hochgehalten, irgendwann zurückkehren zu können. Israel wird trotz seines Rechtsstaates mit demokratisch gewählter Regierung, gleichberechtigten Bürgern und Meinungsfreiheit als Apartheidsregime diffamiert. Und letztlich zielt die Kritik der BDS, etwa mit der Forderung der Rückkehr aller palästinensischer Flüchtlinge und ihrer Nachkommen, darauf ab, dass der Staat Israel nicht mehr existieren sollte.

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 1/2018 des Israelnetz Magazins. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915152, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online.

Von: Michael Müller

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