VATIKANSTADT (inn) – Papst Franziskus hält die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch die Vereinigten Staaten für eine schlechte Idee. Nachdem US-Präsident Donald Trumps aufsehenerregende außenpolitische Entscheidung durchgesickert war, sagte der Papst nach der Generalaudienz am Mittwoch: „Ich kann meine tiefe Sorge über die Situation nicht verschweigen, die sich in den vergangenen Tagen ergeben hat.“ Das berichtet Radio Vatikan.
Geteilt laut Völkerrecht
Franziskus rief die Nationen dazu auf, sich dafür einzusetzen, „den Status der Stadt zu schützen, wie es die entsprechenden Resolutionen der UNO vorsehen“. Weiter heißt es, dass „laut Völkerrecht“ Jerusalem eine geteilte Stadt sei, die von den Israelis und den Palästinensern gleichermaßen als Hauptstadt beansprucht werde. Radio Vatikan führt nicht aus, auf welches Völkerrecht sich der Papst beruft. Die Teilung der Stadt war eine Folge des Krieges 1948 zwischen dem frisch gegründeten Staat Israel und dem Königreich Jordanien. Jordanien eroberte den Osten der Stadt mitsamt den heiligen Stätten in der Altstadt, während Israel sich nur in Westjerusalem halten konnte.
Infolge der durch Kriegseinwirkung geteilten Stadt zog die UNO einen breiten Streifen zwischen beide Kriegsparteien und verwandelte dieses Gebiet in ein Niemandsland unter UNO-Verwaltung. Nachdem Israel den Westteil der Stadt annektiert und im Januar 1950 zu seiner Hauptstadt erklärt hatte, annektierte Jordanien den Osten der Stadt und das Westjordanland. Dieser Schritt wurde nur von Pakistan anerkannt, hatte also keinerlei völkerrechtliche Bedeutung.
Abbas bittet Papst um Rat
Weiter berichtet Radio Vatikan, dass der „Palästinenserpräsident“ um ein Telefongespräch mit Franziskus ersucht habe. Abbas habe nach einer Unterredung mit Trump, in der dieser ihm über seine Pläne informiert habe, Rat mit mehreren Gesprächspartner gehalten.
Der päpstliche Sender verweist auf Bedenken vatikanischer Würdenträger, darunter des langjährigen Ständigen Beobachters des Heiligen Stuhls bei der UNO, Erzbischof Silvano Tomasi. „Seit jeher unterstütze der Heilige Stuhl die Haltung der Vereinten Nationen, die darauf abzielt, einen palästinensischen Staat neben einem israelischen Staat anzuerkennen“, zitiert der Sender Erzbischof Tomasi.
Unklar ist, was der Erzbischof des fast seit 2.000 Jahren existierenden Vatikans mit „seit jeher“ meint. Die UNO wurde erst 1942 gegründet und die Palästinenser haben seit 1968 Ansprüche auf einen eigenen Staat im Westjordanland und in Ostjerusalem angemeldet.
Abschließend heißt es in einem kurzen historischen Rückblick bei Radio Vatikan, dass Israel 1967 den „arabisch geprägten Ostteil Jerusalems erobert“ habe, womit offenbar auch die „arabisch geprägte Klagemauer“, der „arabisch geprägte“ jüdische Friedhof auf dem Ölberg und vor allem das von den Jordaniern zerstörte „arabisch geprägte“ uralte jüdische Viertel in der Altstadt gemeint sind.
Kein Bezug auf Oslo
„Den definitiven Status der Stadt sollen die beiden Parteien in Verhandlungen festlegen, wie es der immer noch geltende Nahostfriedensprozess vorsieht.“ Gemeint sind nur Israelis und Palästinenser, nicht aber Jordanien, das 19 Jahre lang bis 1967 über Ost-Jerusalem geherrscht hat und bis heute den Tempelberg, arabisch Haram asch-Scharif, verwaltet. Nicht erwähnt wird auch, wo und mit welcher Formulierung der „immer noch geltende Nahostfriedensprozess“ etwas über Verhandlungen zum „definitiven Status“ Jerusalems aussagt. In den Osloer Verträgen, der Grundlage für den seit über zehn Jahren auf Eis liegenden Friedensprozess, wurde Jerusalem ebenso wie die Frage der palästinensischen Flüchtlinge bewusst ausgeklammert.
Von: Ulrich W. Sahm
Eine Antwort
Und noch einmal: Diplomatie anstelle Wahrheit.
Danke, Herr Sahm, für Ihre Richtigstellung der Geschichte.