BERLIN (inn) – Der Zentralrat der Juden in Deutschland sowie 51 weitere Organisationen und Einzelpersonen haben eine Reportage des deutsch-französischen Senders „Arte“ über den Gazastreifen kritisiert. Der Beitrag sei „stark durch Einseitigkeit geprägt“ und enthalte „entscheidende Informationen“ vor, heißt es in einem Offenen Brief vom 1. August. Er ist adressiert an die Geschäftsführer von „Arte Deutschland“, Wolfgang Bergmann und Markus Nievelstein.
„Arte“ hatte die 16-minütige Reportage „Gaza: Ist das ein Leben?“ am 22. Juli ausgestrahlt. Eine Webdokumentation begleitet den Film. Ziel ist es laut Programmbeschreibung, Menschen aus dem Küstenstreifen zu Wort kommen zu lassen, die während des Gazakonfliktes 2014 Familienmitglieder verloren haben.
Der Film fokussiert sich auf zwei Themen: die „Belagerung“ durch Israel und die Stromausfälle „nach dem Willen der israelischen Politik“, wie die Autoren es formulieren. Sie begleiten Ala Balata, dessen Eltern und Schwestern im Konflikt von 2014 getötet wurden. Inzwischen hat er geheiratet und einen sechs Monate alten Sohn.
Kritik am Hintergrund der Autoren
In ihrer Kritik monieren die Verfasser des Briefes zunächst, dass die Autoren des Film, unter anderen Anne Paq, auch für das Onlineportal „Elecronic Intifada“ schreiben. Dazu heißt es: „Die ,Electronic Intifada‘ verbreitet nach Kriterien der Arbeitsdefinition Antisemitismus des European Centre on Racism and Xenophobia vielfach antisemitische Propaganda.“
Weiter schreiben die Verfasser, „Arte“ nenne die Zahl von 2.250 Menschen, die während des Gazakrieges getötet worden seien. Dabei verschweige der Sender, dass darunter 850 Kämpfer gewesen seien. Ebenfalls unerwähnt bleibe der Umstand, dass die Hamas Menschen als Schutzschilde missbraucht habe.
Einseitige Schuldzuweisung beklagt
Beim Thema Strom werde außer Acht gelassen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) Israel erst kürzlich gebeten habe, die Stromlieferungen zu reduzieren. Hintergrund ist ein innerpalästinensischer Konflikt zwischen der Hamas und der PA. Falsch sei außerdem die Information, beim Gazastreifen handele es sich um einen „der am stärksten überbevölkerten Orte weltweit“. Die Autoren des Films nennen keine genauen Vergleichswerte.
Als weiteren Kritikpunkt sehen die Autoren einseitige Schuldzuweisungen. Die Lähmung der Wirtschaft sei mitbedingt durch die korrupte Hamas-Regierung. Die Offensive von 2014 sei nach „intensivem Raketenbeschuss“ aus dem Gazastreifen erfolgt. Beides bleibe in der Dokumentation unerwähnt.
Aufforderung: Dokumentation überarbeiten
Auf einer grundsätzlicheren Ebene beanstanden die Verfasser des Offenen Briefes, dass keine israelische Stimme zu Wort gekommen sei. „Mit großer Bestürzung müssen wir daher konstatieren, dass die Dokumentation ‚Gaza: Ist das ein Leben?‘ eklatante journalistische Mängel aufweist und letztlich ein stark verzerrtes und Israel dämonisierendes Bild verbreitet.“ „Arte“ wird aufgefordert, die Dokumentation zu überarbeiten oder aus dem Netz zu löschen.
Unterdessen hat „Arte“ auf die Vorwürfe mit einer Mitteilung vom 1. August reagiert. Dort heißt es: „Den Eindruck, Israel werde in der Sendung für den Konflikt verantwortlich gemacht, kann ‚Arte‘ dabei nicht nachvollziehen. (…) ‚Arte‘ achtet konsequent darauf, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven des israelisch-palästinensischen Konflikts in seinem Programm abgebildet werden.“
Von: df