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Ehemalige IS-Geisel besucht Israel

Die ehemalige IS-Geisel Nadia Murad hält sich erstmals zu einem Besuch in Israel auf. Sie hofft, dass der jüdische Staat den Genozid an ihrem Volk anerkennt. Einige Knessetmitglieder haben dazu bereits einen Gesetzesvorschlag eingereicht.
Die Jesidin Nadia Murad war drei Monate lang Geisel der Terrormiliz Islamischer Staat

JERUSALEM (inn) – Die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad hat Israel aufgefordert, den Genozid an den Jesiden anzuerkennen. Die ehemalige Geisel der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sprach am Montag vor der Knesset in Jerusalem.

„Juden und Jesiden haben eine gemeinsame Geschichte des Genozids, die die Identität unserer Völker geformt hat. Doch wir müssen unseren Schmerz in Taten verwandeln. Ich respektiere, wie Sie angesichts des Genozids eine globale jüdische Gemeinschaft aufgebaut haben. Diese Reise steht meiner Gemeinschaft noch bevor“, erklärte Murad vor dem israelischen Parlament.

Die Jesiden seien ein friedliches Volk, betonte die 24-Jährige weiter. „In unserer 5.000-jährigen Geschichte haben wir nie unsere Brüder getötet oder gegen sie gekämpft. Aber unsere Friedlichkeit ist uns nicht gut bekommen. Wir haben 74 Pogrome erlebt, oft motiviert durch eine extreme Interpretation des Islam. Ich habe Angst, dass der Genozid, der bis heute anhält, erfolgreich sein wird, wenn wir nicht in der Lage sind, in unsere Heimat zurückzukehren.“

Kritik an den Vereinten Nationen

Murad, die als „UN-Sonderbotschafterin für die Würde der Überlebenden von Menschenhandel“ unterwegs ist, kritisierte die Vereinten Nationen für den Umgang mit dem Islamischen Staat. Trotz Beweise für einen Genozid hätten die UN nichts unternommen, um einen Mechanismus einzurichten, den Islamischen Staat für dessen Verbrechen strafrechtlich zu verfolgen.

Im Gespräch mit der Tageszeitung „Yediot Aharonot“ sagte Murad: „Ich bin sehr glücklich, das erste Mal in Israel zu sein und ich spüre, dass dieses Land, das den Holocaust erlebt hat, Verständnis zeigen wird für das Volk der Jesiden und für andere Minderheiten im Irak und in Syrien, an denen der IS Verbrechen begangen hat.“

Hoffnung auf Rückkehr in den Irak

Die Jesidin lebt derzeit in Deutschland. Sie hoffe jedoch, eines Tages wieder in den Irak zurückkehren zu können: „Die irakische Regierung kämpft seit drei oder vier Jahren gegen den Islamischen Staat, bringt Opfer, aber wir wollen, dass die Mitglieder des Islamischen Staates vor Gericht müssen. Wir Jesiden sehen unsere Zukunft im Irak, in der Hoffnung, dass es besser wird, dass wir beschützt werden und unsere Rechte erhalten.“

Mehrere israelische Abgeordnete haben unterdessen einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der den Genozid an den Jesiden anerkennt. Er sieht entsprechende Bildungsprogramme in Schulen und einen Gedenktag am 3. August vor. Im November soll über den Vorschlag abgestimmt werden.

Hintergrund

Nadia Murad wurde am 3. August 2014 von IS-Terroristen gefangengenommen. Mitglieder der Terrormiliz überfielen das Hauptsiedlungsgebiet der Jesiden im nordirakischen Sindschar, in dem auch Murads Dorf Kocho liegt. Sie ermordeten mehr als 5.000 Männer und Jungen. Rund 7.000 Frauen und Kinder wurden entführt, über 400.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Bei dem Überfall wurden auch Murads Mutter und sechs ihrer Brüder getötet. Murad selbst wurde zusammen mit anderen Frauen nach Mossul verschleppt und als Sexsklavin gehalten. Nach drei Monaten Gefangenschaft gelang ihr die Flucht. Seitdem kämpft sie für die Anerkennung des Völkermordes an den Jesiden sowie für eine Strafverfolgung der IS-Verbrechen.

Die Vereinten Nationen und die Europäische Union haben den Völkermord an den Jesiden anerkannt.

Von: dn

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