JERUSALEM (inn) – Der UNO droht der Rauswurf aus ihrem Jerusalemer Hauptquartier auf dem biblischen „Berg des Bösen Rates“. Wegen illegaler Bautätigkeit auf Staatsland hat die israelische nichtstaatliche Organisation „Regavim“ Klage beim Jerusalemer Bezirksgericht erhoben. Dabei wurden die israelische Landbehörde, Jerusalems Stadtverwaltung und die Regierung aufgefordert, „sofort einzugreifen“ und die ungenehmigte Bautätigkeit zu stoppen.
Der sogenannte „Gouverneurspalast“ wurde in den 1930er Jahren im Jerusalemer Viertel Ost-Talpiot während des britischen Mandats errichtet. Das üppige Gebäude mit bunten Kachelöfen, Stuckdecken und inzwischen verrotteten Hängenden Gärten diente als Wohnsitz und Büro des britischen Hochkommissars. Der Komplex liegt auf einem strategischen Hügel südlich der Altstadt von Jerusalem mit wunderbarem Blick auf die ganze Stadt und die judäische Wüste. Bei klarem Wetter sind von dort sogar die Lichter der jordanischen Hauptstadt Amman zu sehen.
UNO wacht über Waffenstillstand
Nach dem Abzug der Briten übernahm die UNO das Herrschaftsgebäude wegen seiner strategischen Lage, um von dort den „Waffenstillstand“ zwischen Israel und Jordanien zu überwachen. Das dazu von der UNO „besetzte Land“ wurde zum Niemandsland erklärt.
Im Sechs-Tage-Krieg 1967 beging König Hussein seinen schwersten Fehler. Im Glauben an einen überragenden Sieg der arabischen Armeen, begann er in Jerusalem auf Viertel im jüdischen Westen der Stadt zu schießen. Zum Auftakt eroberten seine Legionäre den „Government Palace“, also das UNO-Gelände. Kurz darauf wurde die jordanische Armee von den Israelis geschlagen. Jordanien verlor nicht nur den von ihm besetzten Osten Jerusalems, sondern auch das gesamte Westjordanland.
Dennoch sitzt in dem UNO-Hauptquartier bis heute die UN-Waffenstillstandsorganisation (UNTSO) und „überwacht“ weiterhin die seit 50 Jahren überfällige „Waffenstillstands“-Linie durch Jerusalem. In dem historischen Gebäudekomplex haben inzwischen auch andere UNO-Organisation ihren Sitz genommen. Auch Nickolay Mladenov, der UNO-Sonderkoordinator für den Nahost-Friedensprozess, hat dort seine Büros.
Auf dem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Gelände wurden Antennen, Lagerräume, Parkplätze und Gebäude errichtet. Ebenso wurde der historische Hauptsitz des britischen Gouverneurs renoviert. Alles geschah ohne jede Baugenehmigung oder Absprache mit den verantwortlichen israelischen Behörden, obgleich es sich laut Grundbucheintragung um israelisches Staatsland handelt, das den Vereinten Nationen kostenlos zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird.
Die Grenze der Immunität
Infolge der Klage der NGO „Regavim“ muss jetzt Israel reagieren. Zunächst einmal haben die Behörden eingestanden, dass dort illegal, ohne die notwendigen Genehmigungen, gebaut worden sei. Das israelische Außenministerium bemüht sich, den Streit „über diplomatische Kanäle“ beizulegen. Vertreter der UNO oder deren Anwälte haben bisher nicht reagiert und sind auch nicht zu Anhörungen beim Gericht erschienen.
Laut Medienberichten stellt sich die UNO auf den Standpunkt, „diplomatische Immunität“ zu besitzen. Israelische Experten erwidern, dass die Immunität nur für die ihrem Mandat entsprechenden Aktivitäten gelte, nicht aber für illegale Bautätigkeit. Avi Segal, der Anwalt von „Regavim“, erklärte: „Die Behauptung, dass die Vereinten Nationen absolute Immunität haben, die es erlaubt, beliebig auf israelischem Staatsland zu bauen, unter Verletzung der Baugesetzgesetze, ist nicht akzeptabel. Die Immunität gilt nur für die Erfüllung ihrer diplomatischen Pflichten, nicht aber für Straftaten und Landraub.“
„Regavim“ will auch israelische Firmen verklagen, die an den Bauverletzungen beteiligt sind. Die NGO wirft der UNO vor, „Tatsachen vor Ort“ zu schaffen. „Regavim“ fordert deshalb einen kompletten Rauswurf der UNO aus ihrem Jerusalemer Hauptquartier. Das wiederum könnte unvorhersehbare politische Folgen haben, weshalb israelische Diplomaten bemüht sind, eine gütliche Einigung durch Verhandlungen in New York zu finden. Medien berichteten über die Absicht der Regierung, ein Minister-Komitee zu schaffen, das die offizielle Politik gegenüber der UNO und anderen internationalen Organisationen prüfen und festlegen sollte.
„Regavim“ gegen die EU
Die Organisation „Regavim“ ist bekannt geworden, als sie gegen provisorische Metallgebäude vorging, die von der EU für Beduinen in der israelisch kontrollierten „Zone C“ des Westjordanlandes aufgestellt wurden. Die EU beruft sich dabei auf das „humanitäre Völkerrecht“ und argumentiert, deshalb keine Genehmigung bei den israelischen Behörden einholen zu müssen. Das sehen die Israelis anders und demolierten einige dieser Gebäude mit Bulldozern. Es ist anzunehmen, dass kein EU-Land fremden Mächten erlauben würden, unter Berufung auf „humanitäres Völkerrecht“ ohne jede Genehmigung zu bauen.
Von: Ulrich W. Sahm