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An die Macht klammern

Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, stärkt seine Macht. Zum Parteitag seiner Fatah wurden Anhänger der Konkurrenz ausgeladen. Nun hat er die Immunität von fünf Abgeordneten aufgehoben. Von einer Spaltung der Partei ist die Rede.
Weigert sich, einen Nachfolger zu bennennen: PA-Präsident Mahmud Abbas

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas klammert sich an seine Macht. Seit Anfang 2009 ist seine auf viern Jahre angelegte Amtszeit abgelaufen. Wahlen sind nicht in Sicht. Seinen größten Konkurrenten Mohammed Dahlan versucht er auszuschalten.

Am Montag hat Abbas die Immunität von fünf Fatah-Abgeordneten aufgehoben und den Weg für polizeiliche Untersuchungen geebnet. Das teilte sein Rechtsberater Hassan al-Auri der israelischen Tageszeitung „Jerusalem Post“ mit. Bei den Parlamentariern handelt es sich um Schami al-Schami, Nadschat Abu Bakr, Nasser Dschuma, Dschamal Tirawi sowie Mohammed Dahlan. Details der Untersuchungen gegen die fünf sind nicht bekannt. Laut palästinensischen Medien geht es um Geldwäsche und illegalen Waffenhandel.

Bereits im Mai 2014 wurde Dahlan von einem Gericht in Ramallah in Abwesenheit wegen übler Nachrede und Verleumdung zu zwei Jahren Haft verurteilt. Im April vergangenen Jahres sprach ihn ein Gericht vom Vorwurf der Korruption frei. Die von Abbas 2012 angeordnete Aufhebung von Dahlans politischer Immunität bezeichnete das Gericht als unzulässig. Im November urteilte nun das Verfassungsgericht, dass Abbas die Immunität von Abgeordneten aufheben und diese verklagen darf. Laut Gesetz bedarf solch ein Beschluss jedoch einer Abstimmung im Parlament. Das Verfassungsgericht hatte Abbas im April dieses Jahres ins Leben gerufen. Kritiker werfen ihm vor, nur Juristen aus seiner eigenen Fraktion ernannt zu haben. So versuche er, seine Macht auszubauen.

Dahlan lebt derzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Er hatte stets beteuert, die Anklagen gegen ihn seien politisch motiviert, um ihn bei palästinensischen Neuwahlen auszuschließen. Abbas wirft er Korruption und Machtmissbrauch vor. Dahlan war bekannt für seine kämpferische Haltung gegen die Hamas . In den 1990er Jahren führte er gnadenlose Razzien gegen Islamisten durch, die sich weigerten, die Legitimität der neu geschaffenen Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) anzuerkennen. Nach der Niederlage seiner Truppen gegen die Hamas -Kämpfer in Gaza beim Putsch im Juni 2007 fiel Dahlan bei der PA in Ungnade. 2011 wurde er von der Fatah ausgeschlossen. Anlass waren Vorwürfe der Korruption und der Beteiligung an der angeblichen Vergiftung des Palästinenserführers Jasser Arafat .

Kritiker ausgeladen

Die anderen vier Abgeordneten, deren Immunität aufgehoben wurde, pflegen enge Verbindungen zu Dahlan und gelten als scharfe Kritiker von Abbas . Sie gehörten zu den Fatah-Mitgliedern, die vom siebten Parteitag Ende November ausgeschlossen worden waren. Auf dem Kongress bestätigten die Anwesenden Abbas als Vorsitzenden der Partei. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, er habe für dieses Ergebnis vorgesorgt: Nur etwa 1.400 Fatah-Delegierte waren geladen, Kritiker wurden schlicht ausgeladen. Mehreren Abgeordneten aus dem Gazastreifen versagte zudem Israel die Einreise ins Westjordanland. Beim Parteitag 2009 waren noch mehr als 2.300 Fatah-Vertreter zugegen.

Arabische Länder üben Druck auf Abbas aus

Im Westen sowie in mehreren arabischen Staaten ist Dahlan der bevorzugte Kandidat für die Nachfolge von Abbas . Auch zu israelischen Regierungsvertretern pflegt Dahlan Beziehungen. Das arabische Nahost-Quartett, bestehend aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien, hatte Abbas vor dem Parteitag erfolglos aufgefordert, sich mit Dahlan auszusöhnen oder den Kongress zu verschieben. Nach dem Ausschluss Hunderter Kritiker von Abbas erklärten Dahlan und seine Unterstützer den Parteitag schließlich für illegal und kündigten an, dessen Entscheidungen nicht anzuerkennen.

Nadschi Schurrab, politischer Analyst der Al-As‘har-Universität in Gaza, sieht eine Spaltung der Fatah, die eine neue Ära der Partei hervorbringe. „Das wird ihre Stärke in den Augen der Palästinenser schwächen und die Hamas wird von dieser Situation profitieren“, erklärte Schurrab gegenüber der „Jerusalem Post“.

Unterstützung in den Flüchtlingslagern

Laut der Tageszeitung ist es Dahlan von seinem Exil aus gelungen, mit Geldern der Vereinigten Arabischen Emirate Unterstützung für ihn im Gazastreifen und in Flüchtlingslagern des Westjordanlandes auszubauen und zu sichern. In mehreren Lagern kommt es seit Wochen immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Dahlan-Anhängern und der palästinensischen Polizei. Vor allem im Al-Amari-Flüchtlingslager bei Ramallah hat der 55-Jährige viele Unterstützer. Samer Hamad ist einer von ihnen: „Dahlan hat ein vollständiges Bild vom Leiden des palästinensischen Volkes. Er berücksichtigt die Meinung und die Bedürfnisse des Volkes. Er hört nicht auf die Diktate aus den USA und aus Israel. Er hat in einem Camp gelebt, er hat das Leben der Menschen in den Flüchtlingslagern gelebt und er kennt ihr Leiden“, sagte Hamad. Der Palästinenser hat in Israel eine dreijährige Haftstrafe abgesessen, weil er auf Soldaten geschossen hat.

Dschihad Tomali, ein Anführer in Amari, erklärte, die Spaltung zwischen der Hamas und der Fatah sowie zwischen der Fatah und Dahlan schade den Palästinensern. Er selbst sei aufgrund seiner Unterstützung für Dahlan ebenfalls von der Fatah-Konferenz ausgeschlossen worden. Doch Tomali betont: „Abbas hat nicht die Autorität, mich zu entlassen. Wir arbeiten nicht in einer Firma, die Abbas gehört. Wir sind eine revolutionäre Bewegung.“

Europa schweigt

Unterdessen erwägt Dahlan, mit seinen Anhängern in Ägypten einen eigenen Kongress abzuhalten. In der ägyptischen Hauptstadt ist er willkommen. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi nimmt es Abbas übel, dass dieser sich nicht mit seinem Kontrahenten versöhnen will, wie die israelische Tageszeitung „Ha‘aretz“ schreibt. Trotz der Spannungen zwischen Ägypten und der im Gazastreifen regierenden Hamas hat Al-Sisi auf Dahlans Anfrage regiert, den Rafah-Übergang in den vergangenen Wochen länger zu öffnen als sonst. Und so baut Dahlan auch seine Unterstützung im Gazastreifen aus. Im November traf er sich in Kairo mit 35 Geschäftsleuten und hochrangigen Vertretern der Hamas aus dem Gazastreifen. Dabei ging es um den Wiederaufbau in dem Küstengebiet. Die Hamas selbst genehmigte mehrere Anti- Abbas -Demonstrationen von Dahlan-Anhängern in Gaza.

Alles Gesten, die Abbas ärgern müssten. Wer treu zu Abbas steht, ist hingegen der Westen. Von dort ist keine Kritik daran zu hören, dass sich der 81-Jährige an seine Macht klammert, sich weigert, einen Nachfolger zu benennen und Wahlen immer wieder verschieben lässt. (dn)

Dana Nowak

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