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Mit Kamera und Schreibmaschine gegen Ungerechtigkeit

„Wo auch immer Ungerechtigkeit herrscht, sollten wir dagegen kämpfen – und was wäre ein besseres Werkzeug dafür als der Journalismus?“ Nach dieser Devise hat die Journalistin Ruth Gruber gearbeitet und sich vor allem für jüdische Flüchtlinge eingesetzt. Nun ist die US-amerikanische Publizistin mit 105 Jahren gestorben.
Ihre Kamera hatte Ruth Gruber immer dabei

NEW YORK (inn) – Ruth Gruber war für ihre Lebensaufgabe gewappnet: „Ich trug immer meine kleine Hermes-Schreibmaschine, die über 2 Pfund wog und meine zwei Fotoapparate mit mir herum.“ So ausgerüstet wollte die Journalistin und Buchautorin gegen Ungerechtigkeit in der Welt kämpfen, besonders gegen jene, die Juden erleiden mussten. Das hat sie Zeit ihres Lebens auch getan. Am Donnerstag ist die engagierte Frau im Alter von 105 Jahren in Manhattan gestorben, teilte ihr Verleger Philip Turner mit.
Im Jahr 1947 war Gruber eine der ersten, die die Ankunft des Schiffes „Exodus“ im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina in Wort und Bild dokumentierten. Ihre Bilder hatten Symbolcharakter. Außerdem war sie in eine Mission involviert, die 1944 eine Gruppe von 1.000 jüdischen Flüchtlingen von Europa in die USA brachte. Auch in späteren Jahren berichtete sie über die Rettung jüdischer Flüchtlinge im Jemen und in Äthiopien.

Jüngste Doktorandin der Welt

Die Tochter jüdischer Einwanderer aus Russland wurde am 30. September 1911 in Brooklyn geboren. Mit 15 Jahren begann sie ihr Studium an der New York University und promovierte mit 20 Jahren an der Universität Köln über die Schriftstellerin Virginia Woolf. Damit war sie damals die jüngste Doktorandin der Welt. Während ihrer Zeit in Deutschland erlebte sie Nazi-Kundgebungen und machte, zurück in den USA, auf die Gefahren des Nazismus aufmerksam. Gruber arbeitete fortan als Journalistin und wurde Auslandskorrespondentin. Im Rahmen dieser Arbeit besuchte sie die sowjetische Arktis und Sibirien.

Auf der Reise mit 1.000 jüdischen Flüchtlingen

Während des Zweiten Weltkriegs ernannte Innenminister Harold Ickes sie zu seiner Sonderberaterin. Im Jahr 1944 wurde sie auf eigene Anfrage einer geheimen Mission zugeteilt, die 1.000 jüdische Flüchtlinge und verwundete amerikanische Soldaten von Italien in die USA bringen sollte. „Jemand muss da rübergehen und ihnen die Hand halten; sie werden verängstigt sein“, erklärte Gruber dem Innenminister, als sie von dem Plan erfuhr. Sie hielt den Flüchtlingen die Hand, indem sie sie interviewte. Die Gespräche wurden die Grundlage für ihr Buch „Haven: The Dramatic Story of 1,000 Word War II Refugees and How They Came to America“, eins von 19 ihrer Bücher. Der Titel lautet übersetzt: „Hafen: Die dramatische Geschichte von 1.000 Flüchtlingen im Zweiten Weltkrieg, und wie sie nach Amerika kamen“. Im Film „Haven“ von 2001 wurde diese dramatische Episode ihres Lebens mit Natasha Richardson in der Hauptrolle verfilmt. Erbittert kämpfte Gruber darum, dass den Flüchtlingen die amerikanische Staatsbürgerschaft gegeben wurde, was schließlich auch geschah.

Zeugin der Ankunft der „Exodus“ 1947

Nach Ende des Krieges ging sie wieder in den Journalismus und berichtete weiter über das Leid jüdischer Flüchtlinge und über die Bestrebungen, sie nach Palästina auswandern zu lassen. So gehörte sie zu denjenigen, die die Ankunft der „Exodus“ im Hafen von Haifa 1947 hautnah miterlebten. Sie war die einzige Reporterin, der die Briten erlaubten, die Flüchtlinge zu begleiten, als sie sie nach Deutschland zurückschickten. Ein Moment, den sie mit der Kamera einfing, wurde zu einem historischen Ereignis: „Die Flüchtlinge, sie hissten eine riesige Flagge und sie hatten ein Hakenkreuz auf den britischen Union Jack gemalt. ‚Das ist Geschichte, diese Flagge ist Geschichte.‘ Und so schoss ich Rollen von Filmen“, erinnert sich Gruber in einer Dokumentation.

Traum von einer friedlichen Welt

Die Begleitung der Flüchtlinge von Europa in die USA habe sie am stärksten geprägt und von einer friedlicheren Welt ohne Zuflucht Suchende träumen lassen. Über ihre Arbeit schrieb sie selbst: „Mit dem Journalismus versuchte ich Menschen und Politik zu verstehen, neue Grenzen zu entdecken, zu sehen und zu fühlen und zu schmecken und zu tasten und einzufangen was ich gesehen habe, und das alles mit Aufrichtigkeit und Leidenschaft. Ich hoffe, ich habe es geschafft.“
Gruber erhielt verschiedene Ehrungen, darunter der Preis des Toleranzmuseums des Simon-Wiesenthal-Zentrums und der „National Jewish Book Award“ für ihr Buch „Raquela: A Woman of Israel“ (Raquela: Eine Frau von Israel) als „bestes Buch über Israel“. Sie war zweimal verheiratet – beide Ehemänner starben vor ihr – und hinterlässt eine Tochter und einen Sohn aus erster Ehe. (man)

Flagge der „Exodus“ verkauft (inn)
Scho‘ah-Überlebende in wirtschaftlicher Bedrängnis (inn)
Kapitän des Schiffes „Exodus“ gestorben (inn)

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